Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.Der Graf von Rothester, eines Tages in dem Speise-Zimmer, so zum Co-moedien-Hauß in Drury-Lane gehörte, mit ihr redete, bedrohete er Madame Barry auf eine erbitterte Weise, ein Pasquill auf sie zu machen, das Hände und Füsse haben sollte. Sintemal nun eine so grosse Vertraulichkeit unter ihnen gewesen war, daß sie dem Grafen unterschiedliche Brieffe gesendet hatte; Als bathe sie ihn, er möchte es doch nicht thun, noch sie prostituiren und ins Verder- ben bringen, sondern nur ein klein wenig Gedult haben und ihre Brieffe verbrennen, so wollte sie sein Verlangen erfüllen. Seine Antwort fiel: Es müste aus ihrer eigenen Schuld geschehen, wenn ihre Brieffe der Welt vor Augen kämen, und lebte er der Hoffnung, sie würde solche in desjenigen Händen für sicher genug halten, deme sie einstens ihr Hertz anzuvertrauen geschienen: Denn, unge- achtet der neulichen Kaltsinnigkeit, wollte er von Hertzen gerne alle Vorurtheile bey Seite setzen, und so grössen Respect und Hochachtung, als iemals, vor sie haben; Jmmassen aber die Liebe einmal den Krebsgang gewonnen, und sie so viele Verän- derungen in ihrem Gemüthe hätte, so hielte er für rathsam, daß sie ihr Versprechen mit einem theuern Eyd erneuerte. Diesemnach gab sie ihm fernere Versicherungen ihrer Beständigkeit und Treue ge- gen ihn; ob sie wohl eben zu der Zeit (wie der Lord erfuhre) eine andere Intrigue mit dem Grafen von
Der Graf von Rotheſter, eines Tages in dem Speiſe-Zimmer, ſo zum Co-mœdien-Hauß in Drury-Lane gehoͤrte, mit ihr redete, bedrohete er Madame Barry auf eine erbitterte Weiſe, ein Pasquill auf ſie zu machen, das Haͤnde und Fuͤſſe haben ſollte. Sintemal nun eine ſo groſſe Vertraulichkeit unter ihnen geweſen war, daß ſie dem Grafen unterſchiedliche Brieffe geſendet hatte; Als bathe ſie ihn, er moͤchte es doch nicht thun, noch ſie proſtituiren und ins Verder- ben bringen, ſondern nur ein klein wenig Gedult haben und ihre Brieffe verbrennen, ſo wollte ſie ſein Verlangen erfuͤllen. Seine Antwort fiel: Es muͤſte aus ihrer eigenen Schuld geſchehen, wenn ihre Brieffe der Welt vor Augen kaͤmen, und lebte er der Hoffnung, ſie wuͤrde ſolche in desjenigen Haͤnden fuͤr ſicher genug halten, deme ſie einſtens ihr Hertz anzuvertrauen geſchienen: Denn, unge- achtet der neulichen Kaltſinnigkeit, wollte er von Hertzen gerne alle Vorurtheile bey Seite ſetzen, und ſo groͤſſen Reſpect und Hochachtung, als iemals, vor ſie haben; Jmmaſſen aber die Liebe einmal den Krebsgang gewonnen, und ſie ſo viele Veraͤn- derungen in ihrem Gemuͤthe haͤtte, ſo hielte er fuͤr rathſam, daß ſie ihr Verſprechen mit einem theuern Eyd erneuerte. Dieſemnach gab ſie ihm fernere Verſicherungen ihrer Beſtaͤndigkeit und Treue ge- gen ihn; ob ſie wohl eben zu der Zeit (wie der Lord erfuhre) eine andere Intrigue mit dem Grafen von
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0446" n="426"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Graf von <hi rendition="#aq">Rotheſter,</hi></hi></fw><lb/> eines Tages in dem Speiſe-Zimmer, ſo zum <hi rendition="#aq">Co-<lb/> mœdi</hi>en-Hauß in <hi rendition="#aq">Drury-Lane</hi> gehoͤrte, mit<lb/> ihr redete, bedrohete er <hi rendition="#aq">Madame Barry</hi> auf eine<lb/> erbitterte Weiſe, ein <hi rendition="#aq">Pasquill</hi> auf ſie zu machen,<lb/> das Haͤnde und Fuͤſſe haben ſollte. Sintemal nun<lb/> eine ſo groſſe Vertraulichkeit unter ihnen geweſen<lb/> war, daß ſie dem Grafen unterſchiedliche Brieffe<lb/> geſendet hatte; Als bathe ſie ihn, er moͤchte es doch<lb/> nicht thun, noch ſie <hi rendition="#aq">proſtitui</hi>ren und ins Verder-<lb/> ben bringen, ſondern nur ein klein wenig Gedult<lb/> haben und ihre Brieffe verbrennen, ſo wollte ſie ſein<lb/> Verlangen erfuͤllen. Seine Antwort fiel: Es<lb/> muͤſte aus ihrer eigenen Schuld geſchehen, wenn<lb/> ihre Brieffe der Welt vor Augen kaͤmen, und lebte<lb/> er der Hoffnung, ſie wuͤrde ſolche in desjenigen<lb/> Haͤnden fuͤr ſicher genug halten, deme ſie einſtens<lb/> ihr Hertz anzuvertrauen geſchienen: Denn, unge-<lb/> achtet der neulichen Kaltſinnigkeit, wollte er von<lb/> Hertzen gerne alle Vorurtheile bey Seite ſetzen, und<lb/> ſo groͤſſen <hi rendition="#aq">Reſpect</hi> und Hochachtung, als iemals,<lb/> vor ſie haben; Jmmaſſen aber die Liebe einmal<lb/> den Krebsgang gewonnen, und ſie ſo viele Veraͤn-<lb/> derungen in ihrem Gemuͤthe haͤtte, ſo hielte er fuͤr<lb/> rathſam, daß ſie ihr Verſprechen mit einem theuern<lb/> Eyd erneuerte. Dieſemnach gab ſie ihm fernere<lb/> Verſicherungen ihrer Beſtaͤndigkeit und Treue ge-<lb/> gen ihn; ob ſie wohl eben zu der Zeit (wie der <hi rendition="#aq">Lord</hi><lb/> erfuhre) eine andere <hi rendition="#aq">Intrigue</hi> mit dem Grafen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [426/0446]
Der Graf von Rotheſter,
eines Tages in dem Speiſe-Zimmer, ſo zum Co-
mœdien-Hauß in Drury-Lane gehoͤrte, mit
ihr redete, bedrohete er Madame Barry auf eine
erbitterte Weiſe, ein Pasquill auf ſie zu machen,
das Haͤnde und Fuͤſſe haben ſollte. Sintemal nun
eine ſo groſſe Vertraulichkeit unter ihnen geweſen
war, daß ſie dem Grafen unterſchiedliche Brieffe
geſendet hatte; Als bathe ſie ihn, er moͤchte es doch
nicht thun, noch ſie proſtituiren und ins Verder-
ben bringen, ſondern nur ein klein wenig Gedult
haben und ihre Brieffe verbrennen, ſo wollte ſie ſein
Verlangen erfuͤllen. Seine Antwort fiel: Es
muͤſte aus ihrer eigenen Schuld geſchehen, wenn
ihre Brieffe der Welt vor Augen kaͤmen, und lebte
er der Hoffnung, ſie wuͤrde ſolche in desjenigen
Haͤnden fuͤr ſicher genug halten, deme ſie einſtens
ihr Hertz anzuvertrauen geſchienen: Denn, unge-
achtet der neulichen Kaltſinnigkeit, wollte er von
Hertzen gerne alle Vorurtheile bey Seite ſetzen, und
ſo groͤſſen Reſpect und Hochachtung, als iemals,
vor ſie haben; Jmmaſſen aber die Liebe einmal
den Krebsgang gewonnen, und ſie ſo viele Veraͤn-
derungen in ihrem Gemuͤthe haͤtte, ſo hielte er fuͤr
rathſam, daß ſie ihr Verſprechen mit einem theuern
Eyd erneuerte. Dieſemnach gab ſie ihm fernere
Verſicherungen ihrer Beſtaͤndigkeit und Treue ge-
gen ihn; ob ſie wohl eben zu der Zeit (wie der Lord
erfuhre) eine andere Intrigue mit dem Grafen
von
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDie Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |