Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

und Madame Ogle.
aufm Lande logirte, nicht weit davon lag, sie und
noch ein anderes Frauenzimmer, den Winter über,
den sie sich daselbst aufhielte, auf demselben so per-
fect
zschussern gelernet, weil sie kein Mensch beob-
achtete, daß sie darfür hielten, es fehle ihnen nichts,
als an Kleidung, so könnten sie von dem andern
Geschlechte nicht übertroffen werden. Als sie nun
eines Abends mit diesem Vorsatz auf dem Fluß
Seyne, der durch Paris fliesset und zu der Zeit
starck gefrohren war, spatzieren giengen, und nicht
vermeynten, von iemanden wahrgenommen, viel-
weniger behorchet zu werden, beschlossen sie mit ein-
ander, sich des nächsten Tages in Manns-Bilder
zu verkleiden und unter die Cavaliers zu machen,
ihre neu-erlernte Kunst sehen zu lassen; Es wurde
aber solches durch eine gewisse vornehme Person
weggeschnappet, welche, weil ihr diese Dames ei-
nigermassen bekannt waren, als welche in ihrer
Nachtbarschafft wohnte, sich solches ad Notam
dienen liesse, mithin den Schluß fassete, den Vor-
theil von dieser Intrigue wenigstens zu einem lu-
stigen Abendtheuer anzuwenden; Zu welchem Ende
er es einem von seinen guten Freunden vertraute,
mit welchem er beschlosse, ihnen des nächsten Ta-
ges durch Kundschafft nachstellen zu lassen, da denn,
im Fall jene besagte Resolution fortsetzen wür-
den, sie dergleichen thun und Frauenzimmer-Kleider
anlegen, und also verstellt eine Gelegenheit abpassen

woll-

und Madame Ogle.
aufm Lande logirte, nicht weit davon lag, ſie und
noch ein anderes Frauenzimmer, den Winter uͤber,
den ſie ſich daſelbſt aufhielte, auf demſelben ſo per-
fect
zſchuſſern gelernet, weil ſie kein Menſch beob-
achtete, daß ſie darfuͤr hielten, es fehle ihnen nichts,
als an Kleidung, ſo koͤnnten ſie von dem andern
Geſchlechte nicht uͤbertroffen werden. Als ſie nun
eines Abends mit dieſem Vorſatz auf dem Fluß
Seyne, der durch Paris flieſſet und zu der Zeit
ſtarck gefrohren war, ſpatzieren giengen, und nicht
vermeynten, von iemanden wahrgenommen, viel-
weniger behorchet zu werden, beſchloſſen ſie mit ein-
ander, ſich des naͤchſten Tages in Manns-Bilder
zu verkleiden und unter die Cavaliers zu machen,
ihre neu-erlernte Kunſt ſehen zu laſſen; Es wurde
aber ſolches durch eine gewiſſe vornehme Perſon
weggeſchnappet, welche, weil ihr dieſe Dames ei-
nigermaſſen bekannt waren, als welche in ihrer
Nachtbarſchafft wohnte, ſich ſolches ad Notam
dienen lieſſe, mithin den Schluß faſſete, den Vor-
theil von dieſer Intrigue wenigſtens zu einem lu-
ſtigen Abendtheuer anzuwenden; Zu welchem Ende
er es einem von ſeinen guten Freunden vertraute,
mit welchem er beſchloſſe, ihnen des naͤchſten Ta-
ges durch Kundſchafft nachſtellen zu laſſen, da denn,
im Fall jene beſagte Reſolution fortſetzen wuͤr-
den, ſie dergleichen thun und Frauenzimmer-Kleider
anlegen, und alſo verſtellt eine Gelegenheit abpaſſen

woll-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0387" n="367"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und <hi rendition="#aq">Madame Ogle.</hi></hi></fw><lb/>
aufm Lande <hi rendition="#aq">logir</hi>te, nicht weit davon lag, &#x017F;ie und<lb/>
noch ein anderes Frauenzimmer, den Winter u&#x0364;ber,<lb/>
den &#x017F;ie &#x017F;ich da&#x017F;elb&#x017F;t aufhielte, auf dem&#x017F;elben &#x017F;o <hi rendition="#aq">per-<lb/>
fect</hi> z&#x017F;chu&#x017F;&#x017F;ern gelernet, weil &#x017F;ie kein Men&#x017F;ch beob-<lb/>
achtete, daß &#x017F;ie darfu&#x0364;r hielten, es fehle ihnen nichts,<lb/>
als an Kleidung, &#x017F;o ko&#x0364;nnten &#x017F;ie von dem andern<lb/>
Ge&#x017F;chlechte nicht u&#x0364;bertroffen werden. Als &#x017F;ie nun<lb/>
eines Abends mit die&#x017F;em Vor&#x017F;atz auf dem Fluß<lb/><hi rendition="#aq">Seyne,</hi> der durch <hi rendition="#aq">Paris</hi> flie&#x017F;&#x017F;et und zu der Zeit<lb/>
&#x017F;tarck gefrohren war, &#x017F;patzieren giengen, und nicht<lb/>
vermeynten, von iemanden wahrgenommen, viel-<lb/>
weniger behorchet zu werden, be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie mit ein-<lb/>
ander, &#x017F;ich des na&#x0364;ch&#x017F;ten Tages in Manns-Bilder<lb/>
zu verkleiden und unter die <hi rendition="#aq">Cavaliers</hi> zu machen,<lb/>
ihre neu-erlernte Kun&#x017F;t &#x017F;ehen zu la&#x017F;&#x017F;en; Es wurde<lb/>
aber &#x017F;olches durch eine gewi&#x017F;&#x017F;e vornehme Per&#x017F;on<lb/>
wegge&#x017F;chnappet, welche, weil ihr die&#x017F;e <hi rendition="#aq">Dames</hi> ei-<lb/>
nigerma&#x017F;&#x017F;en bekannt waren, als welche in ihrer<lb/>
Nachtbar&#x017F;chafft wohnte, &#x017F;ich &#x017F;olches <hi rendition="#aq">ad Notam</hi><lb/>
dienen lie&#x017F;&#x017F;e, mithin den Schluß fa&#x017F;&#x017F;ete, den Vor-<lb/>
theil von die&#x017F;er <hi rendition="#aq">Intrigue</hi> wenig&#x017F;tens zu einem lu-<lb/>
&#x017F;tigen Abendtheuer anzuwenden; Zu welchem Ende<lb/>
er es einem von &#x017F;einen guten Freunden vertraute,<lb/>
mit welchem er be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;e, ihnen des na&#x0364;ch&#x017F;ten Ta-<lb/>
ges durch Kund&#x017F;chafft nach&#x017F;tellen zu la&#x017F;&#x017F;en, da denn,<lb/>
im Fall jene be&#x017F;agte <hi rendition="#aq">Re&#x017F;olution</hi> fort&#x017F;etzen wu&#x0364;r-<lb/>
den, &#x017F;ie dergleichen thun und Frauenzimmer-Kleider<lb/>
anlegen, und al&#x017F;o ver&#x017F;tellt eine Gelegenheit abpa&#x017F;&#x017F;en<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">woll-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[367/0387] und Madame Ogle. aufm Lande logirte, nicht weit davon lag, ſie und noch ein anderes Frauenzimmer, den Winter uͤber, den ſie ſich daſelbſt aufhielte, auf demſelben ſo per- fect zſchuſſern gelernet, weil ſie kein Menſch beob- achtete, daß ſie darfuͤr hielten, es fehle ihnen nichts, als an Kleidung, ſo koͤnnten ſie von dem andern Geſchlechte nicht uͤbertroffen werden. Als ſie nun eines Abends mit dieſem Vorſatz auf dem Fluß Seyne, der durch Paris flieſſet und zu der Zeit ſtarck gefrohren war, ſpatzieren giengen, und nicht vermeynten, von iemanden wahrgenommen, viel- weniger behorchet zu werden, beſchloſſen ſie mit ein- ander, ſich des naͤchſten Tages in Manns-Bilder zu verkleiden und unter die Cavaliers zu machen, ihre neu-erlernte Kunſt ſehen zu laſſen; Es wurde aber ſolches durch eine gewiſſe vornehme Perſon weggeſchnappet, welche, weil ihr dieſe Dames ei- nigermaſſen bekannt waren, als welche in ihrer Nachtbarſchafft wohnte, ſich ſolches ad Notam dienen lieſſe, mithin den Schluß faſſete, den Vor- theil von dieſer Intrigue wenigſtens zu einem lu- ſtigen Abendtheuer anzuwenden; Zu welchem Ende er es einem von ſeinen guten Freunden vertraute, mit welchem er beſchloſſe, ihnen des naͤchſten Ta- ges durch Kundſchafft nachſtellen zu laſſen, da denn, im Fall jene beſagte Reſolution fortſetzen wuͤr- den, ſie dergleichen thun und Frauenzimmer-Kleider anlegen, und alſo verſtellt eine Gelegenheit abpaſſen woll-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/387
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/387>, abgerufen am 25.11.2024.