demnach auf die Liebe und Vorsorge des aufrich- tigsten und zärtlichsten Menschen in der Welt ein- tzig und allein verlassen.
Nun hatte sie eine Muhme, die lebte 6. Meilen von Worcester, und unter dem Vorwand einer Lust-Reise, einige Tage bey derselben zuzubringen, begab sie sich von Hause hinweg, mit ihrem Vater verlassende, daß er sie nach Verfliessung einer Wo- che wiederholen sollte; Mit ihrem Liebhaber hin- gegen hatte sie abgeredet, daß er, ohngefehr 3. Tage nach ihrer Abreise, vorgeben möchte, als wolle er eine Reise in sein Vaterland nach Glocester- shire thun. Weil er nun den Ort, wohin sie sich begeben hatte, gar wohl wuste, und der zu ihrer Zu- sammenkunfft bestimmte Tag erschiene, verfügte sie sich in einen kleinen hinter ihrer Muhme Hauß ge- legenen Lust-Wald, woselbst sie ihren Liebhaber mit Kutsche und Pferde in Bereitschafft antraff, sie nach London und von dar nach Dover, von Dover nach Calais und von dannen folgends nach Pa- ris zu bringen; allwo sie auch binnen wenig Ta- gen mit einander anlangeten. Da sie sich nun solcher gestalt aus dem Staube gemachet, daß sie ihre Freunde nirgends ausforschen noch habhafft werden kunnten, gieng ihr Liebhaber eines Morgens aus seinem Logis, so in der Vorstadt von St. Germain war, hinweg: Sie wartete biß des Nachts um 1. Uhr mit unaussprechlicher Furcht
auf
Der Hertzog von York,
demnach auf die Liebe und Vorſorge des aufrich- tigſten und zaͤrtlichſten Menſchen in der Welt ein- tzig und allein verlaſſen.
Nun hatte ſie eine Muhme, die lebte 6. Meilen von Worceſter, und unter dem Vorwand einer Luſt-Reiſe, einige Tage bey derſelben zuzubringen, begab ſie ſich von Hauſe hinweg, mit ihrem Vater verlaſſende, daß er ſie nach Verflieſſung einer Wo- che wiederholen ſollte; Mit ihrem Liebhaber hin- gegen hatte ſie abgeredet, daß er, ohngefehr 3. Tage nach ihrer Abreiſe, vorgeben moͤchte, als wolle er eine Reiſe in ſein Vaterland nach Gloceſter- shire thun. Weil er nun den Ort, wohin ſie ſich begeben hatte, gar wohl wuſte, und der zu ihrer Zu- ſammenkunfft beſtimmte Tag erſchiene, verfuͤgte ſie ſich in einen kleinen hinter ihrer Muhme Hauß ge- legenen Luſt-Wald, woſelbſt ſie ihren Liebhaber mit Kutſche und Pferde in Bereitſchafft antraff, ſie nach London und von dar nach Dover, von Dover nach Calais und von dannen folgends nach Pa- ris zu bringen; allwo ſie auch binnen wenig Ta- gen mit einander anlangeten. Da ſie ſich nun ſolcher geſtalt aus dem Staube gemachet, daß ſie ihre Freunde nirgends ausforſchen noch habhafft werden kunnten, gieng ihr Liebhaber eines Morgens aus ſeinem Logis, ſo in der Vorſtadt von St. Germain war, hinweg: Sie wartete biß des Nachts um 1. Uhr mit unausſprechlicher Furcht
auf
<TEI><text><body><divn="1"><divn="3"><p><pbfacs="#f0384"n="364"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Der Hertzog von <hirendition="#aq">York,</hi></hi></fw><lb/>
demnach auf die Liebe und Vorſorge des aufrich-<lb/>
tigſten und zaͤrtlichſten Menſchen in der Welt ein-<lb/>
tzig und allein verlaſſen.</p><lb/><p>Nun hatte ſie eine Muhme, die lebte 6. Meilen<lb/>
von <hirendition="#aq">Worceſter,</hi> und unter dem Vorwand einer<lb/>
Luſt-Reiſe, einige Tage bey derſelben zuzubringen,<lb/>
begab ſie ſich von Hauſe hinweg, mit ihrem Vater<lb/>
verlaſſende, daß er ſie nach Verflieſſung einer Wo-<lb/>
che wiederholen ſollte; Mit ihrem Liebhaber hin-<lb/>
gegen hatte ſie abgeredet, daß er, ohngefehr 3. Tage<lb/>
nach ihrer Abreiſe, vorgeben moͤchte, als wolle er<lb/>
eine Reiſe in ſein Vaterland nach <hirendition="#aq">Gloceſter-<lb/>
shire</hi> thun. Weil er nun den Ort, wohin ſie ſich<lb/>
begeben hatte, gar wohl wuſte, und der zu ihrer Zu-<lb/>ſammenkunfft beſtimmte Tag erſchiene, verfuͤgte ſie<lb/>ſich in einen kleinen hinter ihrer Muhme Hauß ge-<lb/>
legenen Luſt-Wald, woſelbſt ſie ihren Liebhaber mit<lb/>
Kutſche und Pferde in Bereitſchafft antraff, ſie nach<lb/><hirendition="#aq">London</hi> und von dar nach <hirendition="#aq">Dover,</hi> von <hirendition="#aq">Dover</hi><lb/>
nach <hirendition="#aq">Calais</hi> und von dannen folgends nach <hirendition="#aq">Pa-<lb/>
ris</hi> zu bringen; allwo ſie auch binnen wenig Ta-<lb/>
gen mit einander anlangeten. Da ſie ſich nun<lb/>ſolcher geſtalt aus dem Staube gemachet, daß ſie<lb/>
ihre Freunde nirgends ausforſchen noch habhafft<lb/>
werden kunnten, gieng ihr Liebhaber eines Morgens<lb/>
aus ſeinem <hirendition="#aq">Logis,</hi>ſo in der Vorſtadt von <hirendition="#aq">St.<lb/>
Germain</hi> war, hinweg: Sie wartete biß des<lb/>
Nachts um 1. Uhr mit unausſprechlicher Furcht<lb/><fwplace="bottom"type="catch">auf</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[364/0384]
Der Hertzog von York,
demnach auf die Liebe und Vorſorge des aufrich-
tigſten und zaͤrtlichſten Menſchen in der Welt ein-
tzig und allein verlaſſen.
Nun hatte ſie eine Muhme, die lebte 6. Meilen
von Worceſter, und unter dem Vorwand einer
Luſt-Reiſe, einige Tage bey derſelben zuzubringen,
begab ſie ſich von Hauſe hinweg, mit ihrem Vater
verlaſſende, daß er ſie nach Verflieſſung einer Wo-
che wiederholen ſollte; Mit ihrem Liebhaber hin-
gegen hatte ſie abgeredet, daß er, ohngefehr 3. Tage
nach ihrer Abreiſe, vorgeben moͤchte, als wolle er
eine Reiſe in ſein Vaterland nach Gloceſter-
shire thun. Weil er nun den Ort, wohin ſie ſich
begeben hatte, gar wohl wuſte, und der zu ihrer Zu-
ſammenkunfft beſtimmte Tag erſchiene, verfuͤgte ſie
ſich in einen kleinen hinter ihrer Muhme Hauß ge-
legenen Luſt-Wald, woſelbſt ſie ihren Liebhaber mit
Kutſche und Pferde in Bereitſchafft antraff, ſie nach
London und von dar nach Dover, von Dover
nach Calais und von dannen folgends nach Pa-
ris zu bringen; allwo ſie auch binnen wenig Ta-
gen mit einander anlangeten. Da ſie ſich nun
ſolcher geſtalt aus dem Staube gemachet, daß ſie
ihre Freunde nirgends ausforſchen noch habhafft
werden kunnten, gieng ihr Liebhaber eines Morgens
aus ſeinem Logis, ſo in der Vorſtadt von St.
Germain war, hinweg: Sie wartete biß des
Nachts um 1. Uhr mit unausſprechlicher Furcht
auf
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers sind fingiert. Die Angaben basieren auf dem Katalogeintrag der Bayerische Staatsbibliothek München sowie Weller (Druckorte), Bd. 1, S. 70. - Bibliogr. Nachweis: BLC to 1975, Bd. 186, S. 449.
Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/384>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.