Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.Philogines und Meretricia. ihr Leben daran gewaget, die Rebellen aus diesemschändlichen Lande zu vertreiben; Allein ein kluger Senat zog endlich in vernünfftige Betrachtung, was Meretricia für einen schlechten Dienst, für eine so ansehnliche Pension verwalte, und schnitte ihr solche biß auf 5000. Pfund jährlich ab, wel- ches noch Geld genug für eine solche gewissenhaffte Dame war, darvon Staat zu führen; Jedoch hatte sie ohne Zweiffel auch schon mehr als zu viel zu- sammen geschrapelt, weil Philogines noch lebte, daß sie sich galant halten kunnte, so lang ihr das Verhängniß, ihn zu überleben, vergönnete. Me- retricia war sonst von einem schnellen Verstande, manierlichen Sitten und aufgewecktem Naturell, aber von einer geitzigen Eigenschafft, wie aus dem folgenden abgenommen werden mag. Als sie nehmlich einstens, um frische Lufft zu schöpffen, in St. Jacobs-Park spatzieren glenge, begab sichs, daß ein gewisser Graf, der sich nur in einen bür- gerlichen Habit vermasquiret hatte, daß sie ihn nicht kannte, auf sie zu kam und mit ihr zu schertzen anfienge, indem er ihre Augen mit denen Sternen und ihr Antlitz mit dem Himmel vergliche, und sie anbey ersuchte, sie möchte ihn so glückselig ma- chen und die Ehre ihrer Conversation bey ei- nem Glaß Wein gönnen, so würde er folches höher als alles Vergnügen und Herrlichkeit der gantzen Welt schätzen; Sie versatzte aber auf solche hoch-
Philogines und Meretricia. ihr Leben daran gewaget, die Rebellen aus dieſemſchaͤndlichen Lande zu vertreiben; Allein ein kluger Senat zog endlich in vernuͤnfftige Betrachtung, was Meretricia fuͤr einen ſchlechten Dienſt, fuͤr eine ſo anſehnliche Penſion verwalte, und ſchnitte ihr ſolche biß auf 5000. Pfund jaͤhrlich ab, wel- ches noch Geld genug fuͤr eine ſolche gewiſſenhaffte Dame war, darvon Staat zu fuͤhren; Jedoch hatte ſie ohne Zweiffel auch ſchon mehr als zu viel zu- ſammen geſchrapelt, weil Philogines noch lebte, daß ſie ſich galant halten kunnte, ſo lang ihr das Verhaͤngniß, ihn zu uͤberleben, vergoͤnnete. Me- retricia war ſonſt von einem ſchnellen Verſtande, manierlichen Sitten uñ aufgewecktem Naturell, aber von einer geitzigen Eigenſchafft, wie aus dem folgenden abgenommen werden mag. Als ſie nehmlich einſtens, um friſche Lufft zu ſchoͤpffen, in St. Jacobs-Park ſpatzieren glenge, begab ſichs, daß ein gewiſſer Graf, der ſich nur in einen buͤr- gerlichen Habit vermaſquiret hatte, daß ſie ihn nicht kannte, auf ſie zu kam und mit ihr zu ſchertzen anfienge, indem er ihre Augen mit denen Sternen und ihr Antlitz mit dem Himmel vergliche, und ſie anbey erſuchte, ſie moͤchte ihn ſo gluͤckſelig ma- chen und die Ehre ihrer Converſation bey ei- nem Glaß Wein goͤnnen, ſo wuͤrde er folches hoͤher als alles Vergnuͤgen und Herrlichkeit der gantzen Welt ſchaͤtzen; Sie verſatzte aber auf ſolche hoch-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0340" n="320"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Philogines</hi> und <hi rendition="#aq">Meretricia.</hi></hi></fw><lb/> ihr Leben daran gewaget, die Rebellen aus dieſem<lb/> ſchaͤndlichen Lande zu vertreiben; Allein ein kluger<lb/><hi rendition="#aq">Senat</hi> zog endlich in vernuͤnfftige Betrachtung,<lb/> was <hi rendition="#aq">Meretricia</hi> fuͤr einen ſchlechten Dienſt, fuͤr<lb/> eine ſo anſehnliche <hi rendition="#aq">Penſion</hi> verwalte, und ſchnitte<lb/> ihr ſolche biß auf 5000. Pfund jaͤhrlich ab, wel-<lb/> ches noch Geld genug fuͤr eine ſolche gewiſſenhaffte<lb/><hi rendition="#aq">Dame</hi> war, darvon Staat zu fuͤhren; Jedoch hatte<lb/> ſie ohne Zweiffel auch ſchon mehr als zu viel zu-<lb/> ſammen geſchrapelt, weil <hi rendition="#aq">Philogines</hi> noch lebte,<lb/> daß ſie ſich <hi rendition="#aq">galant</hi> halten kunnte, ſo lang ihr das<lb/> Verhaͤngniß, ihn zu uͤberleben, vergoͤnnete. <hi rendition="#aq">Me-<lb/> retricia</hi> war ſonſt von einem ſchnellen Verſtande,<lb/><hi rendition="#aq">manier</hi>lichen Sitten uñ aufgewecktem <hi rendition="#aq">Naturell,</hi><lb/> aber von einer geitzigen Eigenſchafft, wie aus dem<lb/> folgenden abgenommen werden mag. Als ſie<lb/> nehmlich einſtens, um friſche Lufft zu ſchoͤpffen, in<lb/><hi rendition="#aq">St. Jacobs-Park</hi> ſpatzieren glenge, begab ſichs,<lb/> daß ein gewiſſer Graf, der ſich nur in einen buͤr-<lb/> gerlichen Habit ver<hi rendition="#aq">maſqui</hi>ret hatte, daß ſie ihn<lb/> nicht kannte, auf ſie zu kam und mit ihr zu ſchertzen<lb/> anfienge, indem er ihre Augen mit denen Sternen<lb/> und ihr Antlitz mit dem Himmel vergliche, und<lb/> ſie anbey erſuchte, ſie moͤchte ihn ſo gluͤckſelig ma-<lb/> chen und die Ehre ihrer <hi rendition="#aq">Converſation</hi> bey ei-<lb/> nem Glaß Wein goͤnnen, ſo wuͤrde er folches hoͤher<lb/> als alles Vergnuͤgen und Herrlichkeit der gantzen<lb/> Welt ſchaͤtzen; Sie verſatzte aber auf ſolche<lb/> <fw place="bottom" type="catch">hoch-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [320/0340]
Philogines und Meretricia.
ihr Leben daran gewaget, die Rebellen aus dieſem
ſchaͤndlichen Lande zu vertreiben; Allein ein kluger
Senat zog endlich in vernuͤnfftige Betrachtung,
was Meretricia fuͤr einen ſchlechten Dienſt, fuͤr
eine ſo anſehnliche Penſion verwalte, und ſchnitte
ihr ſolche biß auf 5000. Pfund jaͤhrlich ab, wel-
ches noch Geld genug fuͤr eine ſolche gewiſſenhaffte
Dame war, darvon Staat zu fuͤhren; Jedoch hatte
ſie ohne Zweiffel auch ſchon mehr als zu viel zu-
ſammen geſchrapelt, weil Philogines noch lebte,
daß ſie ſich galant halten kunnte, ſo lang ihr das
Verhaͤngniß, ihn zu uͤberleben, vergoͤnnete. Me-
retricia war ſonſt von einem ſchnellen Verſtande,
manierlichen Sitten uñ aufgewecktem Naturell,
aber von einer geitzigen Eigenſchafft, wie aus dem
folgenden abgenommen werden mag. Als ſie
nehmlich einſtens, um friſche Lufft zu ſchoͤpffen, in
St. Jacobs-Park ſpatzieren glenge, begab ſichs,
daß ein gewiſſer Graf, der ſich nur in einen buͤr-
gerlichen Habit vermaſquiret hatte, daß ſie ihn
nicht kannte, auf ſie zu kam und mit ihr zu ſchertzen
anfienge, indem er ihre Augen mit denen Sternen
und ihr Antlitz mit dem Himmel vergliche, und
ſie anbey erſuchte, ſie moͤchte ihn ſo gluͤckſelig ma-
chen und die Ehre ihrer Converſation bey ei-
nem Glaß Wein goͤnnen, ſo wuͤrde er folches hoͤher
als alles Vergnuͤgen und Herrlichkeit der gantzen
Welt ſchaͤtzen; Sie verſatzte aber auf ſolche
hoch-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDie Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |