Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.Philogines und Meretricia. einem Knaben entbunden wurde, welcher aber nachder Geburth bald wieder verstarb, und auch ihre Mutter, ehe sie noch aus den Wochen war, nach- holete. Diese neue Zeitung rührte den Ritter aufs empfindlichste: Er gieng deßwegen hin, sie zu be- suchen; und indem er sich der Bettseite näherte, sagte er mit Zittern und Beben: Meine wer- theste Meretricia! fassen sie sich doch, und nehmen ihren Verlust nicht so sehr zu Hertzen! Es gehet mir derselbe so nahe, als ihnen, und demnach lieget uns ob, daß wir einander aufrichten! Getrost! vielleicht sind wir ins künfftige glückli- cher. Vorietzo müssen wir nur Sorge tragen, daß sie wieder gesund werden mögen; Denn ihr Wohlseyn ist das grös- seste Kleinod, das ich in der Welt habe. So bald auch, als die charmante Meretricia völlig restituiret war, brachte er sie nach Lon- don, allwo er ihr in der St. Jacobs-Strasse eine Wohnung verschaffte; und vergieng schwerlich ein Tag, da er sie durch seinen Zuspruch nicht tröstete. Als aber sein rechtmäßiges Eheweib, welches glei- chergestalt eine sehr schöne Frau war, hiervon Nach- richt erhielte, kostete ihr solches zwar manchen Seufftzer und Thränen; Alleine das Blätgen wandte sich nachgehends auch, und die süsse Ver- gnüglichkeit seiner Wollust wurde in Gallen-bittere Em-
Philogines und Meretricia. einem Knaben entbunden wurde, welcher aber nachder Geburth bald wieder verſtarb, und auch ihre Mutter, ehe ſie noch aus den Wochen war, nach- holete. Dieſe neue Zeitung ruͤhrte den Ritter aufs empfindlichſte: Er gieng deßwegen hin, ſie zu be- ſuchen; und indem er ſich der Bettſeite naͤherte, ſagte er mit Zittern und Beben: Meine wer- theſte Meretricia! faſſen ſie ſich doch, und nehmen ihren Verluſt nicht ſo ſehr zu Hertzen! Es gehet mir derſelbe ſo nahe, als ihnen, und demnach lieget uns ob, daß wir einander aufrichten! Getroſt! vielleicht ſind wir ins kuͤnfftige gluͤckli- cher. Vorietzo muͤſſen wir nur Sorge tragen, daß ſie wieder geſund werden moͤgen; Denn ihr Wohlſeyn iſt das groͤſ- ſeſte Kleinod, das ich in der Welt habe. So bald auch, als die charmante Meretricia voͤllig reſtituiret war, brachte er ſie nach Lon- don, allwo er ihr in der St. Jacobs-Straſſe eine Wohnung verſchaffte; und vergieng ſchwerlich ein Tag, da er ſie durch ſeinen Zuſpruch nicht troͤſtete. Als aber ſein rechtmaͤßiges Eheweib, welches glei- chergeſtalt eine ſehr ſchoͤne Frau war, hiervon Nach- richt erhielte, koſtete ihr ſolches zwar manchen Seufftzer und Thraͤnen; Alleine das Blaͤtgen wandte ſich nachgehends auch, und die ſuͤſſe Ver- gnuͤglichkeit ſeiner Wolluſt wurde in Gallen-bittere Em-
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Philogines und Meretricia.
einem Knaben entbunden wurde, welcher aber nach
der Geburth bald wieder verſtarb, und auch ihre
Mutter, ehe ſie noch aus den Wochen war, nach-
holete. Dieſe neue Zeitung ruͤhrte den Ritter aufs
empfindlichſte: Er gieng deßwegen hin, ſie zu be-
ſuchen; und indem er ſich der Bettſeite naͤherte,
ſagte er mit Zittern und Beben: Meine wer-
theſte Meretricia! faſſen ſie ſich doch, und
nehmen ihren Verluſt nicht ſo ſehr zu
Hertzen! Es gehet mir derſelbe ſo nahe,
als ihnen, und demnach lieget uns ob,
daß wir einander aufrichten! Getroſt!
vielleicht ſind wir ins kuͤnfftige gluͤckli-
cher. Vorietzo muͤſſen wir nur Sorge
tragen, daß ſie wieder geſund werden
moͤgen; Denn ihr Wohlſeyn iſt das groͤſ-
ſeſte Kleinod, das ich in der Welt habe.
So bald auch, als die charmante Meretricia
voͤllig reſtituiret war, brachte er ſie nach Lon-
don, allwo er ihr in der St. Jacobs-Straſſe eine
Wohnung verſchaffte; und vergieng ſchwerlich ein
Tag, da er ſie durch ſeinen Zuſpruch nicht troͤſtete.
Als aber ſein rechtmaͤßiges Eheweib, welches glei-
chergeſtalt eine ſehr ſchoͤne Frau war, hiervon Nach-
richt erhielte, koſtete ihr ſolches zwar manchen
Seufftzer und Thraͤnen; Alleine das Blaͤtgen
wandte ſich nachgehends auch, und die ſuͤſſe Ver-
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