Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.und Doctor Oats. schuldigen, weil sie diejenige fliehen, diesie so hertzinniglich liebet. Muß Daphne dem Phoebo nachfolgen? Pfuy, schämen sie sich, Monsieur! Können sie so unbarm- hertzig an sich selbsten handeln, und an so heissen Sommers-Tagen Frost leiden? Gewißlich, es ist dero Mißverständniß, so diese Verachtung verursachet. Bin ich gleich nicht die Schönste, so besitze ich doch noch Jugend, darnebst ist mein Spiegel zerbrechlich, und alle, die mich tadeln, sind blosse Verleumder. Jch ge- stehe es, daß ich allzugütig bin, und gar zu viel Weibliches an mir habe; Doch kan ich auch sauer sehen, und die Neigun- gen anderer in der Knospe vernichten: Jch kan andern unter die Augen sagen, daß sie unser Geschlecht nur bedienen, biß sie ihre gegenwärtige Hitze gekühlet, als- denn ist es ihr Vergnügen, uns zu verlas- sen: Jch weiß an mich zu halten, und durch die chymische Gewalt meiner An- nehmlichkeit gantze Rieße voll Sonnetten und Madrigale aus dem Gehirne eines weinenden Liebhabers zu extrahiren. Nichts desto weniger setze ich bey ihnen, mein Werthester, mein ander Jch, und mein Vergnügen! dergleichen sprö- P 5
und Doctor Oats. ſchuldigen, weil ſie diejenige fliehen, dieſie ſo hertzinniglich liebet. Muß Daphne dem Phœbo nachfolgen? Pfuy, ſchaͤmen ſie ſich, Monſieur! Koͤnnen ſie ſo unbarm- hertzig an ſich ſelbſten handeln, und an ſo heiſſen Sommers-Tagen Froſt leiden? Gewißlich, es iſt dero Mißverſtaͤndniß, ſo dieſe Verachtung verurſachet. Bin ich gleich nicht die Schoͤnſte, ſo beſitze ich doch noch Jugend, darnebſt iſt mein Spiegel zerbrechlich, und alle, die mich tadeln, ſind bloſſe Verleumder. Jch ge- ſtehe es, daß ich allzuguͤtig bin, und gar zu viel Weibliches an mir habe; Doch kan ich auch ſauer ſehen, und die Neigun- gen anderer in der Knoſpe vernichten: Jch kan andern unter die Augen ſagen, daß ſie unſer Geſchlecht nur bedienen, biß ſie ihre gegenwaͤrtige Hitze gekuͤhlet, als- denn iſt es ihr Vergnuͤgen, uns zu verlaſ- ſen: Jch weiß an mich zu halten, und durch die chymiſche Gewalt meiner An- nehmlichkeit gantze Rieße voll Sonnetten und Madrigale aus dem Gehirne eines weinenden Liebhabers zu extrahiren. Nichts deſto weniger ſetze ich bey ihnen, mein Wertheſter, mein ander Jch, und mein Vergnuͤgen! dergleichen ſproͤ- P 5
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und Doctor Oats.
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ſie ſo hertzinniglich liebet. Muß Daphne
dem Phœbo nachfolgen? Pfuy, ſchaͤmen
ſie ſich, Monſieur! Koͤnnen ſie ſo unbarm-
hertzig an ſich ſelbſten handeln, und an ſo
heiſſen Sommers-Tagen Froſt leiden?
Gewißlich, es iſt dero Mißverſtaͤndniß,
ſo dieſe Verachtung verurſachet. Bin
ich gleich nicht die Schoͤnſte, ſo beſitze ich
doch noch Jugend, darnebſt iſt mein
Spiegel zerbrechlich, und alle, die mich
tadeln, ſind bloſſe Verleumder. Jch ge-
ſtehe es, daß ich allzuguͤtig bin, und gar
zu viel Weibliches an mir habe; Doch
kan ich auch ſauer ſehen, und die Neigun-
gen anderer in der Knoſpe vernichten:
Jch kan andern unter die Augen ſagen,
daß ſie unſer Geſchlecht nur bedienen, biß
ſie ihre gegenwaͤrtige Hitze gekuͤhlet, als-
denn iſt es ihr Vergnuͤgen, uns zu verlaſ-
ſen: Jch weiß an mich zu halten, und
durch die chymiſche Gewalt meiner An-
nehmlichkeit gantze Rieße voll Sonnetten
und Madrigale aus dem Gehirne eines
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Nichts deſto weniger ſetze ich bey ihnen,
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