Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.Madame Farmer, andere Kinder mehr hätten, auch schwerlich nocheinige zeugen würden, kunnte nichts anders, als ei- nen Uberfluß an galanten Liebsten, die sich um sie bewarben, nach sich ziehen; Weil aber der alte Geitz-Halß seine Tochter auf keine andere Weise, als durch Reichthum, glückselig zu machen ver- meynte, hatte er sich einen, der ein stattliches Ver- mögen hatte, darnebst aber sehr ungestalt war, zum Eydam auserlesen, und verstattete, ungeachtet des grossen Widerwillens, den seine Tochter gegen ihn bezeugte, keinem eintzigen, als ihm, den geringsten Zutritt. Angesehen nun das Mägdgen mittler- weile mit einem Parlements-Capitain in ei- nem heimlichen Liebes-Verständnisse stunde, und denselben gantz wahnwitzig liebte, wollte sie in des Vaters Wahl durchaus nicht einwilligen; Als aber dieser, durch einen aufgefangenen Brieff, hin- ter seiner Tochter Neigung kam, rennete er in der grösten Raserey hinauf, wo sie war, und prügelte sie ärger als einen Tantz-Bären ab; Wenn der Abend herbey kam, sperrete er sie ein, und tractirte sie etliche Monate lang so unbarmhertzig, daß sie endlich darüber in eine Kranckheit verfiel. Da nun iedermann an ihrer Genesung zweiffelte, gereuete es dem Vater, daß er so scharff mit ihr verfahren, und bezeigte deßwegen keinen geringen Kummer; Alleine die Mutter, die ihr ohnedem iederzeit zu viel nachgesehen, resolvirte ein weit kräfftigers Re- medium
Madame Farmer, andere Kinder mehr haͤtten, auch ſchwerlich nocheinige zeugen wuͤrden, kunnte nichts anders, als ei- nen Uberfluß an galanten Liebſten, die ſich um ſie bewarben, nach ſich ziehen; Weil aber der alte Geitz-Halß ſeine Tochter auf keine andere Weiſe, als durch Reichthum, gluͤckſelig zu machen ver- meynte, hatte er ſich einen, der ein ſtattliches Ver- moͤgen hatte, darnebſt aber ſehr ungeſtalt war, zum Eydam auserleſen, und verſtattete, ungeachtet des groſſen Widerwillens, den ſeine Tochter gegen ihn bezeugte, keinem eintzigen, als ihm, den geringſten Zutritt. Angeſehen nun das Maͤgdgen mittler- weile mit einem Parlements-Capitain in ei- nem heimlichen Liebes-Verſtaͤndniſſe ſtunde, und denſelben gantz wahnwitzig liebte, wollte ſie in des Vaters Wahl durchaus nicht einwilligen; Als aber dieſer, durch einen aufgefangenen Brieff, hin- ter ſeiner Tochter Neigung kam, rennete er in der groͤſten Raſerey hinauf, wo ſie war, und pruͤgelte ſie aͤrger als einen Tantz-Baͤren ab; Wenn der Abend herbey kam, ſperrete er ſie ein, und tractirte ſie etliche Monate lang ſo unbarmhertzig, daß ſie endlich daruͤber in eine Kranckheit verfiel. Da nun iedermann an ihrer Geneſung zweiffelte, gereuete es dem Vater, daß er ſo ſcharff mit ihr verfahren, und bezeigte deßwegen keinen geringen Kummer; Alleine die Mutter, die ihr ohnedem iederzeit zu viel nachgeſehen, reſolvirte ein weit kraͤfftigers Re- medium
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0200" n="180"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Madame Farmer,</hi></hi></fw><lb/> andere Kinder mehr haͤtten, auch ſchwerlich noch<lb/> einige zeugen wuͤrden, kunnte nichts anders, als ei-<lb/> nen Uberfluß an <hi rendition="#aq">galant</hi>en Liebſten, die ſich um ſie<lb/> bewarben, nach ſich ziehen; Weil aber der alte<lb/> Geitz-Halß ſeine Tochter auf keine andere Weiſe,<lb/> als durch Reichthum, gluͤckſelig zu machen ver-<lb/> meynte, hatte er ſich einen, der ein ſtattliches Ver-<lb/> moͤgen hatte, darnebſt aber ſehr ungeſtalt war, zum<lb/> Eydam auserleſen, und verſtattete, ungeachtet des<lb/> groſſen Widerwillens, den ſeine Tochter gegen ihn<lb/> bezeugte, keinem eintzigen, als ihm, den geringſten<lb/> Zutritt. Angeſehen nun das Maͤgdgen mittler-<lb/> weile mit einem <hi rendition="#aq">Parlements-Capitain</hi> in ei-<lb/> nem heimlichen Liebes-Verſtaͤndniſſe ſtunde, und<lb/> denſelben gantz wahnwitzig liebte, wollte ſie in des<lb/> Vaters Wahl durchaus nicht einwilligen; Als<lb/> aber dieſer, durch einen aufgefangenen Brieff, hin-<lb/> ter ſeiner Tochter Neigung kam, rennete er in der<lb/> groͤſten Raſerey hinauf, wo ſie war, und pruͤgelte<lb/> ſie aͤrger als einen Tantz-Baͤren ab; Wenn der<lb/> Abend herbey kam, ſperrete er ſie ein, und <hi rendition="#aq">tracti</hi>rte<lb/> ſie etliche Monate lang ſo unbarmhertzig, daß ſie<lb/> endlich daruͤber in eine Kranckheit verfiel. Da nun<lb/> iedermann an ihrer Geneſung zweiffelte, gereuete<lb/> es dem Vater, daß er ſo ſcharff mit ihr verfahren,<lb/> und bezeigte deßwegen keinen geringen Kummer;<lb/> Alleine die Mutter, die ihr ohnedem iederzeit zu viel<lb/> nachgeſehen, <hi rendition="#aq">reſolvir</hi>te ein weit kraͤfftigers <hi rendition="#aq">Re-</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">medium</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [180/0200]
Madame Farmer,
andere Kinder mehr haͤtten, auch ſchwerlich noch
einige zeugen wuͤrden, kunnte nichts anders, als ei-
nen Uberfluß an galanten Liebſten, die ſich um ſie
bewarben, nach ſich ziehen; Weil aber der alte
Geitz-Halß ſeine Tochter auf keine andere Weiſe,
als durch Reichthum, gluͤckſelig zu machen ver-
meynte, hatte er ſich einen, der ein ſtattliches Ver-
moͤgen hatte, darnebſt aber ſehr ungeſtalt war, zum
Eydam auserleſen, und verſtattete, ungeachtet des
groſſen Widerwillens, den ſeine Tochter gegen ihn
bezeugte, keinem eintzigen, als ihm, den geringſten
Zutritt. Angeſehen nun das Maͤgdgen mittler-
weile mit einem Parlements-Capitain in ei-
nem heimlichen Liebes-Verſtaͤndniſſe ſtunde, und
denſelben gantz wahnwitzig liebte, wollte ſie in des
Vaters Wahl durchaus nicht einwilligen; Als
aber dieſer, durch einen aufgefangenen Brieff, hin-
ter ſeiner Tochter Neigung kam, rennete er in der
groͤſten Raſerey hinauf, wo ſie war, und pruͤgelte
ſie aͤrger als einen Tantz-Baͤren ab; Wenn der
Abend herbey kam, ſperrete er ſie ein, und tractirte
ſie etliche Monate lang ſo unbarmhertzig, daß ſie
endlich daruͤber in eine Kranckheit verfiel. Da nun
iedermann an ihrer Geneſung zweiffelte, gereuete
es dem Vater, daß er ſo ſcharff mit ihr verfahren,
und bezeigte deßwegen keinen geringen Kummer;
Alleine die Mutter, die ihr ohnedem iederzeit zu viel
nachgeſehen, reſolvirte ein weit kraͤfftigers Re-
medium
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDie Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |