einander gespielet, oder die sieben Buß-Psalmen ge- bethet, gleich als wenn sie ein altes 80jähriges Mütterlein gewesen, das man, wegen seines Cor- duanen-Gesichtes und wackelnden Kopffes, gar sicher, statt einer Klapper-Mühle oder Vogel- Scheu, ins Kraut stecken mögen. Dieses war, ih- res Erachtens, eine grosse Unbedachtsamkeit, wo nicht tadelhaffte Gleichgültigkeit, eines Mannes, der ein junges, schönes und liebreitzendes Weibgen hat, und sie Manns-Personen anvertrauet, die auch nicht heßlich und einfältig sind, noch sich allzuwohl in das Türckische Serail schicken dürfften.
Als dieses verlohrne Schaaf, nach vertändelter Wolle der ehlichen Keuschheit, seinen unachtsamen Schäfer wieder gefunden hatte, stellte es sich an, als ob es nie kein Wasser getrübet, sondern keuscher als eine Vestalische Jungfrau sey, damit es solcher gestalt die durch seine grobe Ausschweiffung seiner Ehre versetzte grosse Scharte wieder auswetzen, und sich bey denen Leuten in Credit setzen möchte. Nun hätte man meynen sollen, daß, wenn ihren Mann ja die vielen Beyspiele gecrönter Häupter von dem Verlangen nach deren Orden nicht würden ab- schrecken können, er doch wenigstens nunmehro, dem Sprichwort gemäß: Ein gebranntes Kind fürchtet das Feuer, seine Taube besser vor denen Stoß-Vögeln würde in acht genommen haben; Alleine, weil er seine vorigen Hahnen-Fe-
dern
und der Graf von Warwick.
einander geſpielet, oder die ſieben Buß-Pſalmen ge- bethet, gleich als wenn ſie ein altes 80jaͤhriges Muͤtterlein geweſen, das man, wegen ſeines Cor- duanen-Geſichtes und wackelnden Kopffes, gar ſicher, ſtatt einer Klapper-Muͤhle oder Vogel- Scheu, ins Kraut ſtecken moͤgen. Dieſes war, ih- res Erachtens, eine groſſe Unbedachtſamkeit, wo nicht tadelhaffte Gleichguͤltigkeit, eines Mannes, der ein junges, ſchoͤnes und liebreitzendes Weibgen hat, und ſie Manns-Perſonen anvertrauet, die auch nicht heßlich und einfaͤltig ſind, noch ſich allzuwohl in das Tuͤrckiſche Serail ſchicken duͤrfften.
Als dieſes verlohrne Schaaf, nach vertaͤndelter Wolle der ehlichen Keuſchheit, ſeinen unachtſamen Schaͤfer wieder gefunden hatte, ſtellte es ſich an, als ob es nie kein Waſſer getruͤbet, ſondern keuſcher als eine Veſtaliſche Jungfrau ſey, damit es ſolcher geſtalt die durch ſeine grobe Ausſchweiffung ſeiner Ehre verſetzte groſſe Scharte wieder auswetzen, und ſich bey denen Leuten in Credit ſetzen moͤchte. Nun haͤtte man meynen ſollen, daß, wenn ihren Mann ja die vielen Beyſpiele gecroͤnter Haͤupter von dem Verlangen nach deren Orden nicht wuͤrden ab- ſchrecken koͤnnen, er doch wenigſtens nunmehro, dem Sprichwort gemaͤß: Ein gebranntes Kind fuͤrchtet das Feuer, ſeine Taube beſſer vor denen Stoß-Voͤgeln wuͤrde in acht genommen haben; Alleine, weil er ſeine vorigen Hahnen-Fe-
dern
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0177"n="157"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">und der Graf von <hirendition="#aq">Warwick.</hi></hi></fw><lb/>
einander geſpielet, oder die ſieben Buß-Pſalmen ge-<lb/>
bethet, gleich als wenn ſie ein altes 80jaͤhriges<lb/>
Muͤtterlein geweſen, das man, wegen ſeines <hirendition="#aq">Cor-<lb/>
duan</hi>en-Geſichtes und wackelnden Kopffes, gar<lb/>ſicher, ſtatt einer Klapper-Muͤhle oder Vogel-<lb/>
Scheu, ins Kraut ſtecken moͤgen. Dieſes war, ih-<lb/>
res Erachtens, eine groſſe Unbedachtſamkeit, wo<lb/>
nicht tadelhaffte Gleichguͤltigkeit, eines Mannes, der<lb/>
ein junges, ſchoͤnes und liebreitzendes Weibgen hat,<lb/>
und ſie Manns-Perſonen anvertrauet, die auch<lb/>
nicht heßlich und einfaͤltig ſind, noch ſich allzuwohl<lb/>
in das Tuͤrckiſche <hirendition="#aq">Serail</hi>ſchicken duͤrfften.</p><lb/><p>Als dieſes verlohrne Schaaf, nach vertaͤndelter<lb/>
Wolle der ehlichen Keuſchheit, ſeinen unachtſamen<lb/>
Schaͤfer wieder gefunden hatte, ſtellte es ſich an,<lb/>
als ob es nie kein Waſſer getruͤbet, ſondern keuſcher<lb/>
als eine <hirendition="#aq">Veſtali</hi>ſche Jungfrau ſey, damit es ſolcher<lb/>
geſtalt die durch ſeine grobe Ausſchweiffung ſeiner<lb/>
Ehre verſetzte groſſe Scharte wieder auswetzen, und<lb/>ſich bey denen Leuten in <hirendition="#aq">Credit</hi>ſetzen moͤchte. Nun<lb/>
haͤtte man meynen ſollen, daß, wenn ihren Mann<lb/>
ja die vielen Beyſpiele gecroͤnter Haͤupter von dem<lb/>
Verlangen nach deren Orden nicht wuͤrden ab-<lb/>ſchrecken koͤnnen, er doch wenigſtens nunmehro,<lb/>
dem Sprichwort gemaͤß: <hirendition="#fr">Ein gebranntes<lb/>
Kind fuͤrchtet das Feuer,</hi>ſeine Taube beſſer<lb/>
vor denen Stoß-Voͤgeln wuͤrde in acht genommen<lb/>
haben; Alleine, weil er ſeine vorigen Hahnen-Fe-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">dern</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[157/0177]
und der Graf von Warwick.
einander geſpielet, oder die ſieben Buß-Pſalmen ge-
bethet, gleich als wenn ſie ein altes 80jaͤhriges
Muͤtterlein geweſen, das man, wegen ſeines Cor-
duanen-Geſichtes und wackelnden Kopffes, gar
ſicher, ſtatt einer Klapper-Muͤhle oder Vogel-
Scheu, ins Kraut ſtecken moͤgen. Dieſes war, ih-
res Erachtens, eine groſſe Unbedachtſamkeit, wo
nicht tadelhaffte Gleichguͤltigkeit, eines Mannes, der
ein junges, ſchoͤnes und liebreitzendes Weibgen hat,
und ſie Manns-Perſonen anvertrauet, die auch
nicht heßlich und einfaͤltig ſind, noch ſich allzuwohl
in das Tuͤrckiſche Serail ſchicken duͤrfften.
Als dieſes verlohrne Schaaf, nach vertaͤndelter
Wolle der ehlichen Keuſchheit, ſeinen unachtſamen
Schaͤfer wieder gefunden hatte, ſtellte es ſich an,
als ob es nie kein Waſſer getruͤbet, ſondern keuſcher
als eine Veſtaliſche Jungfrau ſey, damit es ſolcher
geſtalt die durch ſeine grobe Ausſchweiffung ſeiner
Ehre verſetzte groſſe Scharte wieder auswetzen, und
ſich bey denen Leuten in Credit ſetzen moͤchte. Nun
haͤtte man meynen ſollen, daß, wenn ihren Mann
ja die vielen Beyſpiele gecroͤnter Haͤupter von dem
Verlangen nach deren Orden nicht wuͤrden ab-
ſchrecken koͤnnen, er doch wenigſtens nunmehro,
dem Sprichwort gemaͤß: Ein gebranntes
Kind fuͤrchtet das Feuer, ſeine Taube beſſer
vor denen Stoß-Voͤgeln wuͤrde in acht genommen
haben; Alleine, weil er ſeine vorigen Hahnen-Fe-
dern
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers sind fingiert. Die Angaben basieren auf dem Katalogeintrag der Bayerische Staatsbibliothek München sowie Weller (Druckorte), Bd. 1, S. 70. - Bibliogr. Nachweis: BLC to 1975, Bd. 186, S. 449.
Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/177>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.