Sie hielte sich ehmals so niedlich und knapp, Als wie ein Zucker-Püppgen; Nun geht sie wie ein beklunckerter Drapp, Und krieget wohl gar Schnippgen.
2.
Nun dringet der Mangel das artige Ding Sich höchlich zu beklagen; Du aber, o Strephon, sey lustig und sing! Denn dieß curirt den Magen: Gewißlich du thätest die grösseste Sünd, Wenn du sie wolltst betauern, Die faule Metz, die weder nehet noch spinnt, Mag sich zu tode lauern.
Weil aber gleichwohl ihre bezaubernde Gestalt zu mächtig war, als daß ihr der Graf widerstehen können, und, wie man im Sprichwort saget, alte Liebe nicht rostet; So liesse sich die Heff- tigkeit seiner Neigung nicht lange verbergen, son- dern er muste seine vorige Liebe nur erneuern, und sie, wie eine Dame, die einem aus der Noth hilfft, verpflegen. Alleine kurtz darauf kam Herr B - - in der Stadt an, der sich nur deßwegen so lange auf dem Lande aufgehalten, damit er ihre
Be-
Madame Raymond,
Sie hielte ſich ehmals ſo niedlich und knapp, Als wie ein Zucker-Puͤppgen; Nun geht ſie wie ein beklunckerter Drapp, Und krieget wohl gar Schnippgen.
2.
Nun dringet der Mangel das artige Ding Sich hoͤchlich zu beklagen; Du aber, o Strephon, ſey luſtig und ſing! Denn dieß curirt den Magen: Gewißlich du thaͤteſt die groͤſſeſte Suͤnd, Wenn du ſie wolltſt betauern, Die faule Metz, die weder nehet noch ſpinnt, Mag ſich zu tode lauern.
Weil aber gleichwohl ihre bezaubernde Geſtalt zu maͤchtig war, als daß ihr der Graf widerſtehen koͤnnen, und, wie man im Sprichwort ſaget, alte Liebe nicht roſtet; So lieſſe ſich die Heff- tigkeit ſeiner Neigung nicht lange verbergen, ſon- dern er muſte ſeine vorige Liebe nur erneuern, und ſie, wie eine Dame, die einem aus der Noth hilfft, verpflegen. Alleine kurtz darauf kam Herr B ‒ ‒ in der Stadt an, der ſich nur deßwegen ſo lange auf dem Lande aufgehalten, damit er ihre
Be-
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Madame Raymond,
Sie hielte ſich ehmals ſo niedlich und
knapp,
Als wie ein Zucker-Puͤppgen;
Nun geht ſie wie ein beklunckerter Drapp,
Und krieget wohl gar Schnippgen.
2.
Nun dringet der Mangel das artige
Ding
Sich hoͤchlich zu beklagen;
Du aber, o Strephon, ſey luſtig und ſing!
Denn dieß curirt den Magen:
Gewißlich du thaͤteſt die groͤſſeſte Suͤnd,
Wenn du ſie wolltſt betauern,
Die faule Metz, die weder nehet noch
ſpinnt,
Mag ſich zu tode lauern.
Weil aber gleichwohl ihre bezaubernde Geſtalt zu
maͤchtig war, als daß ihr der Graf widerſtehen
koͤnnen, und, wie man im Sprichwort ſaget,
alte Liebe nicht roſtet; So lieſſe ſich die Heff-
tigkeit ſeiner Neigung nicht lange verbergen, ſon-
dern er muſte ſeine vorige Liebe nur erneuern, und
ſie, wie eine Dame, die einem aus der Noth
hilfft, verpflegen. Alleine kurtz darauf kam Herr
B ‒ ‒ in der Stadt an, der ſich nur deßwegen ſo
lange auf dem Lande aufgehalten, damit er ihre
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Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers sind fingiert. Die Angaben basieren auf dem Katalogeintrag der Bayerische Staatsbibliothek München sowie Weller (Druckorte), Bd. 1, S. 70. - Bibliogr. Nachweis: BLC to 1975, Bd. 186, S. 449.
Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/136>, abgerufen am 24.11.2024.
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