Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite
uud der Graf von D - -.

Sich demnach gefällig gegen ihr Verlangen zu
erweisen, verliesse sie der Graf; Als sie aber gleich
darauf einen Brief von Herrn B - - erhielte, worin-
nen er ihr seine Resolution, sie nimmermehr
wieder zu sehen, wissend machte, kam sie über dieser
unangenehmen Post fast von Sinnen: Bald
wollte sie die Hände an sich selbsten legen, sagende:
Ach! ich kan die üblen Meynungen, die ich meiner
Freundschafft durch die Schande, so ich ihr über
den Halß gezogen, von mir beygebracht habe, un-
möglich lebendig ertragen! Ach! ich muß meine
unglückselige Schönheit verfluchen, welche die Ur-
sache seiner Eifersucht ist, und bin entschlossen, mein
unglückseliges Leben folgends zu enden! Alleine
dieses waren Expressiones, welche nur von ei-
ner jähen Leidenschafft und flüchtigen Hitze heraus
gestossen wurden; in der That aber besaß sie mit-
ten in ihrem Zorn weit mehr Vernunfft, als daß
sie sich, vermittelst eines Dolchs, Strickes oder
Gifftes, dem Verhängniß in die Hände werffen
sollen. Nachdem nun zwey Monate und mehr
verlauffen, seit dem sie keine Nachricht von Herrn
B - - erhalten, entstunden grausame Bewegungen
in dem Gemüthe dieser Dame, weil sie sehen und
erfahren muste, daß derjenige, für den sie die grös-
seste Zärtlichkeit auf der Welt geheget, ihr einen
solchen Possen spielete: Und da ihr auch überdem
von einem seiner Bekannten erzehlet wurde, wel-

cher
H
uud der Graf von D ‒ ‒.

Sich demnach gefaͤllig gegen ihr Verlangen zu
erweiſen, verlieſſe ſie der Graf; Als ſie aber gleich
darauf einen Brief von Herrn B ‒ ‒ erhielte, worin-
nen er ihr ſeine Reſolution, ſie nimmermehr
wieder zu ſehen, wiſſend machte, kam ſie uͤber dieſer
unangenehmen Poſt faſt von Sinnen: Bald
wollte ſie die Haͤnde an ſich ſelbſten legen, ſagende:
Ach! ich kan die uͤblen Meynungen, die ich meiner
Freundſchafft durch die Schande, ſo ich ihr uͤber
den Halß gezogen, von mir beygebracht habe, un-
moͤglich lebendig ertragen! Ach! ich muß meine
ungluͤckſelige Schoͤnheit verfluchen, welche die Ur-
ſache ſeiner Eiferſucht iſt, und bin entſchloſſen, mein
ungluͤckſeliges Leben folgends zu enden! Alleine
dieſes waren Expreſſiones, welche nur von ei-
ner jaͤhen Leidenſchafft und fluͤchtigen Hitze heraus
geſtoſſen wurden; in der That aber beſaß ſie mit-
ten in ihrem Zorn weit mehr Vernunfft, als daß
ſie ſich, vermittelſt eines Dolchs, Strickes oder
Gifftes, dem Verhaͤngniß in die Haͤnde werffen
ſollen. Nachdem nun zwey Monate und mehr
verlauffen, ſeit dem ſie keine Nachricht von Herrn
B ‒ ‒ erhalten, entſtunden grauſame Bewegungen
in dem Gemuͤthe dieſer Dame, weil ſie ſehen und
erfahren muſte, daß derjenige, fuͤr den ſie die groͤſ-
ſeſte Zaͤrtlichkeit auf der Welt geheget, ihr einen
ſolchen Poſſen ſpielete: Und da ihr auch uͤberdem
von einem ſeiner Bekannten erzehlet wurde, wel-

cher
H
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0133" n="113"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">uud der Graf von <hi rendition="#aq">D</hi> &#x2012; &#x2012;.</hi> </fw><lb/>
          <p>Sich demnach gefa&#x0364;llig gegen ihr Verlangen zu<lb/>
erwei&#x017F;en, verlie&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ie der Graf; Als &#x017F;ie aber gleich<lb/>
darauf einen Brief von Herrn <hi rendition="#aq">B</hi> &#x2012; &#x2012; erhielte, worin-<lb/>
nen er ihr &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Re&#x017F;olution,</hi> &#x017F;ie nimmermehr<lb/>
wieder zu &#x017F;ehen, wi&#x017F;&#x017F;end machte, kam &#x017F;ie u&#x0364;ber die&#x017F;er<lb/>
unangenehmen Po&#x017F;t fa&#x017F;t von Sinnen: Bald<lb/>
wollte &#x017F;ie die Ha&#x0364;nde an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;ten legen, &#x017F;agende:<lb/>
Ach! ich kan die u&#x0364;blen Meynungen, die ich meiner<lb/>
Freund&#x017F;chafft durch die Schande, &#x017F;o ich ihr u&#x0364;ber<lb/>
den Halß gezogen, von mir beygebracht habe, un-<lb/>
mo&#x0364;glich lebendig ertragen! Ach! ich muß meine<lb/>
unglu&#x0364;ck&#x017F;elige Scho&#x0364;nheit verfluchen, welche die Ur-<lb/>
&#x017F;ache &#x017F;einer Eifer&#x017F;ucht i&#x017F;t, und bin ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, mein<lb/>
unglu&#x0364;ck&#x017F;eliges Leben folgends zu enden! Alleine<lb/>
die&#x017F;es waren <hi rendition="#aq">Expre&#x017F;&#x017F;iones,</hi> welche nur von ei-<lb/>
ner ja&#x0364;hen Leiden&#x017F;chafft und flu&#x0364;chtigen Hitze heraus<lb/>
ge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en wurden; in der That aber be&#x017F;&#x017F;ie mit-<lb/>
ten in ihrem Zorn weit mehr Vernunfft, als daß<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich, vermittel&#x017F;t eines Dolchs, Strickes oder<lb/>
Gifftes, dem Verha&#x0364;ngniß in die Ha&#x0364;nde werffen<lb/>
&#x017F;ollen. Nachdem nun zwey Monate und mehr<lb/>
verlauffen, &#x017F;eit dem &#x017F;ie keine Nachricht von Herrn<lb/><hi rendition="#aq">B</hi> &#x2012; &#x2012; erhalten, ent&#x017F;tunden grau&#x017F;ame Bewegungen<lb/>
in dem Gemu&#x0364;the die&#x017F;er <hi rendition="#aq">Dame,</hi> weil &#x017F;ie &#x017F;ehen und<lb/>
erfahren mu&#x017F;te, daß derjenige, fu&#x0364;r den &#x017F;ie die gro&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e&#x017F;te Za&#x0364;rtlichkeit auf der Welt geheget, ihr einen<lb/>
&#x017F;olchen Po&#x017F;&#x017F;en &#x017F;pielete: Und da ihr auch u&#x0364;berdem<lb/>
von einem &#x017F;einer Bekannten erzehlet wurde, wel-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H</fw><fw place="bottom" type="catch">cher</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[113/0133] uud der Graf von D ‒ ‒. Sich demnach gefaͤllig gegen ihr Verlangen zu erweiſen, verlieſſe ſie der Graf; Als ſie aber gleich darauf einen Brief von Herrn B ‒ ‒ erhielte, worin- nen er ihr ſeine Reſolution, ſie nimmermehr wieder zu ſehen, wiſſend machte, kam ſie uͤber dieſer unangenehmen Poſt faſt von Sinnen: Bald wollte ſie die Haͤnde an ſich ſelbſten legen, ſagende: Ach! ich kan die uͤblen Meynungen, die ich meiner Freundſchafft durch die Schande, ſo ich ihr uͤber den Halß gezogen, von mir beygebracht habe, un- moͤglich lebendig ertragen! Ach! ich muß meine ungluͤckſelige Schoͤnheit verfluchen, welche die Ur- ſache ſeiner Eiferſucht iſt, und bin entſchloſſen, mein ungluͤckſeliges Leben folgends zu enden! Alleine dieſes waren Expreſſiones, welche nur von ei- ner jaͤhen Leidenſchafft und fluͤchtigen Hitze heraus geſtoſſen wurden; in der That aber beſaß ſie mit- ten in ihrem Zorn weit mehr Vernunfft, als daß ſie ſich, vermittelſt eines Dolchs, Strickes oder Gifftes, dem Verhaͤngniß in die Haͤnde werffen ſollen. Nachdem nun zwey Monate und mehr verlauffen, ſeit dem ſie keine Nachricht von Herrn B ‒ ‒ erhalten, entſtunden grauſame Bewegungen in dem Gemuͤthe dieſer Dame, weil ſie ſehen und erfahren muſte, daß derjenige, fuͤr den ſie die groͤſ- ſeſte Zaͤrtlichkeit auf der Welt geheget, ihr einen ſolchen Poſſen ſpielete: Und da ihr auch uͤberdem von einem ſeiner Bekannten erzehlet wurde, wel- cher H

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/133
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/133>, abgerufen am 24.11.2024.