Das eintzige, so ich, als lebend noch kan sagen, Jst, daß mit einem Fuß ich schon im Grabe bin.
Als der Hertzog darauf die nächste Visite bey der Madame Cosens abstattete, war ihm der Gott und die Göttin der Liebe so gnädig, daß sie, um sich an der Untreue ihres Mannes zu rächen, des Han- dels mit dem Hertzoge einig wurde; Weil aber ihr Ehe-Mann eben in derjenigen critischen Minute zur Kammer hinein trat, da dieser Mars mit seiner Venus in einer solchen verliebten Conjunction begriffen war, welche ihn überzeugete, daß er einer von des Actaeons seiner Gesellschafft sey; so kan man sich das Schrecken auf beyden Seiten gar füglich vorstellen. Nichts destoweniger bemeisterte der Esquire seine Affecten über diesen Affront, und stellte sich, als glaube er alles, was sein Weib zur Entschuldigung vorbrachte: Er sagte demnach nichts zu dem Hertzoge von Buckingham, der jedoch über diesen unglücklichen Zufall in solche Unordnung geriethe, daß er nicht länger im Ge- mach verweilen kunte, sondern alsbald nach Hause gehen muste. Die sonderbare Moderation ih- res Ehe-Mannes bey dergleichen Affaire satzte ihn in ungemeine Bestürtzung, weil ihm solche desto bedencklicher fiele und ihm mehrere Grillen verur- sachte, als wenn er sie auf die allergrimmigste Weise empfunden hätte: Seine angemaste Stille
im
Madame Coſens,
Das eintzige, ſo ich, als lebend noch kan ſagen, Jſt, daß mit einem Fuß ich ſchon im Grabe bin.
Als der Hertzog darauf die naͤchſte Viſite bey der Madame Coſens abſtattete, war ihm der Gott und die Goͤttin der Liebe ſo gnaͤdig, daß ſie, um ſich an der Untreue ihres Mannes zu raͤchen, des Han- dels mit dem Hertzoge einig wurde; Weil aber ihr Ehe-Mann eben in derjenigen critiſchen Minute zur Kammer hinein trat, da dieſer Mars mit ſeiner Venus in einer ſolchen verliebten Conjunction begriffen war, welche ihn uͤberzeugete, daß er einer von des Actæons ſeiner Geſellſchafft ſey; ſo kan man ſich das Schrecken auf beyden Seiten gar fuͤglich vorſtellen. Nichts deſtoweniger bemeiſterte der Eſquire ſeine Affecten uͤber dieſen Affront, und ſtellte ſich, als glaube er alles, was ſein Weib zur Entſchuldigung vorbrachte: Er ſagte demnach nichts zu dem Hertzoge von Buckingham, der jedoch uͤber dieſen ungluͤcklichen Zufall in ſolche Unordnung geriethe, daß er nicht laͤnger im Ge- mach verweilen kunte, ſondern alsbald nach Hauſe gehen muſte. Die ſonderbare Moderation ih- res Ehe-Mannes bey dergleichen Affaire ſatzte ihn in ungemeine Beſtuͤrtzung, weil ihm ſolche deſto bedencklicher fiele und ihm mehrere Grillen verur- ſachte, als wenn er ſie auf die allergrimmigſte Weiſe empfunden haͤtte: Seine angemaſte Stille
im
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Madame Coſens,
Das eintzige, ſo ich, als lebend noch kan ſagen,
Jſt, daß mit einem Fuß ich ſchon im Grabe
bin.
Als der Hertzog darauf die naͤchſte Viſite bey der
Madame Coſens abſtattete, war ihm der Gott
und die Goͤttin der Liebe ſo gnaͤdig, daß ſie, um ſich
an der Untreue ihres Mannes zu raͤchen, des Han-
dels mit dem Hertzoge einig wurde; Weil aber ihr
Ehe-Mann eben in derjenigen critiſchen Minute zur
Kammer hinein trat, da dieſer Mars mit ſeiner
Venus in einer ſolchen verliebten Conjunction
begriffen war, welche ihn uͤberzeugete, daß er einer
von des Actæons ſeiner Geſellſchafft ſey; ſo kan
man ſich das Schrecken auf beyden Seiten gar
fuͤglich vorſtellen. Nichts deſtoweniger bemeiſterte
der Eſquire ſeine Affecten uͤber dieſen Affront,
und ſtellte ſich, als glaube er alles, was ſein Weib
zur Entſchuldigung vorbrachte: Er ſagte demnach
nichts zu dem Hertzoge von Buckingham, der
jedoch uͤber dieſen ungluͤcklichen Zufall in ſolche
Unordnung geriethe, daß er nicht laͤnger im Ge-
mach verweilen kunte, ſondern alsbald nach Hauſe
gehen muſte. Die ſonderbare Moderation ih-
res Ehe-Mannes bey dergleichen Affaire ſatzte ihn
in ungemeine Beſtuͤrtzung, weil ihm ſolche deſto
bedencklicher fiele und ihm mehrere Grillen verur-
ſachte, als wenn er ſie auf die allergrimmigſte
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Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers sind fingiert. Die Angaben basieren auf dem Katalogeintrag der Bayerische Staatsbibliothek München sowie Weller (Druckorte), Bd. 1, S. 70. - Bibliogr. Nachweis: BLC to 1975, Bd. 186, S. 449.
Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/122>, abgerufen am 24.11.2024.
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