Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rost, Johann Christoph]: Schäfererzälungen. [Berlin], 1742.

Bild:
<< vorherige Seite
Hiervon hat Naso längst in seiner Kunst zu lieben,
Jm ersten Buche selbst geschrieben;
Und welche sich in seinen Leren üben,
Die haben mir vertraut, daß sie dieß oft getrieben,
Und daß die Regel auch beständig war geblieben.
Genug, daß dieß Mirtill verstund,
Denn was uns Naso sagt, tat ihm die Liebe kund.
Auch den gewissen Punkt nam er der Schäferinn,
Und Amarillis gab dem Räuber alles hinn.
Doch das Gewissen schläft nicht lange,
Teils wurd ihr um Mirtillen bange,
Der seinen Eid so schändlich brach;
Teils um sie selbst, weil sie bedachte,
Daß sie auch sich des Meineids schuldig machte.
Dem allen sann sie nun mit warer Reue nach.
Die Wolken durften kaum den Horizont bedecken,
So meinte sie schon voller Schrecken,
Jetzt würd ein Blitz die Lüfte teilen,
Und jetzt ein Donnerschlag nach ihrem Herzen
eilen.

Sie furchte sich vornemlich für der Opferzeit,
Die Götter möchten sie, bei der Gelegenheit,
Viel-
Hiervon hat Naſo laͤngſt in ſeiner Kunſt zu lieben,
Jm erſten Buche ſelbſt geſchrieben;
Und welche ſich in ſeinen Leren uͤben,
Die haben mir vertraut, daß ſie dieß oft getrieben,
Und daß die Regel auch beſtaͤndig war geblieben.
Genug, daß dieß Mirtill verſtund,
Denn was uns Naſo ſagt, tat ihm die Liebe kund.
Auch den gewiſſen Punkt nam er der Schaͤferinn,
Und Amarillis gab dem Raͤuber alles hinn.
Doch das Gewiſſen ſchlaͤft nicht lange,
Teils wurd ihr um Mirtillen bange,
Der ſeinen Eid ſo ſchaͤndlich brach;
Teils um ſie ſelbſt, weil ſie bedachte,
Daß ſie auch ſich des Meineids ſchuldig machte.
Dem allen ſann ſie nun mit warer Reue nach.
Die Wolken durften kaum den Horizont bedecken,
So meinte ſie ſchon voller Schrecken,
Jetzt wuͤrd ein Blitz die Luͤfte teilen,
Und jetzt ein Donnerſchlag nach ihrem Herzen
eilen.

Sie furchte ſich vornemlich fuͤr der Opferzeit,
Die Goͤtter moͤchten ſie, bei der Gelegenheit,
Viel-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <lg type="poem">
        <pb facs="#f0062" n="58"/>
        <lg>
          <l>Hiervon hat Na&#x017F;o la&#x0364;ng&#x017F;t in &#x017F;einer Kun&#x017F;t zu lieben,</l><lb/>
          <l>Jm er&#x017F;ten Buche &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;chrieben;</l><lb/>
          <l>Und welche &#x017F;ich in &#x017F;einen Leren u&#x0364;ben,</l><lb/>
          <l>Die haben mir vertraut, daß &#x017F;ie dieß oft getrieben,</l><lb/>
          <l>Und daß die Regel auch be&#x017F;ta&#x0364;ndig war geblieben.</l>
        </lg><lb/>
        <lg>
          <l>Genug, daß dieß Mirtill ver&#x017F;tund,</l><lb/>
          <l>Denn was uns Na&#x017F;o &#x017F;agt, tat ihm die Liebe kund.</l><lb/>
          <l>Auch den gewi&#x017F;&#x017F;en Punkt nam er der Scha&#x0364;ferinn,</l><lb/>
          <l>Und Amarillis gab dem Ra&#x0364;uber alles hinn.</l><lb/>
          <l>Doch das Gewi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chla&#x0364;ft nicht lange,</l><lb/>
          <l>Teils wurd ihr um Mirtillen bange,</l><lb/>
          <l>Der &#x017F;einen Eid &#x017F;o &#x017F;cha&#x0364;ndlich brach;</l><lb/>
          <l>Teils um &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t, weil &#x017F;ie bedachte,</l><lb/>
          <l>Daß &#x017F;ie auch &#x017F;ich des Meineids &#x017F;chuldig machte.</l><lb/>
          <l>Dem allen &#x017F;ann &#x017F;ie nun mit warer Reue nach.</l>
        </lg><lb/>
        <lg>
          <l>Die Wolken durften kaum den Horizont bedecken,</l><lb/>
          <l>So meinte &#x017F;ie &#x017F;chon voller Schrecken,</l><lb/>
          <l>Jetzt wu&#x0364;rd ein Blitz die Lu&#x0364;fte teilen,</l><lb/>
          <l>Und jetzt ein Donner&#x017F;chlag nach ihrem Herzen<lb/><hi rendition="#et">eilen.</hi></l><lb/>
          <l>Sie furchte &#x017F;ich vornemlich fu&#x0364;r der Opferzeit,</l><lb/>
          <l>Die Go&#x0364;tter mo&#x0364;chten &#x017F;ie, bei der Gelegenheit,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Viel-</fw><lb/></l>
        </lg>
      </lg>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0062] Hiervon hat Naſo laͤngſt in ſeiner Kunſt zu lieben, Jm erſten Buche ſelbſt geſchrieben; Und welche ſich in ſeinen Leren uͤben, Die haben mir vertraut, daß ſie dieß oft getrieben, Und daß die Regel auch beſtaͤndig war geblieben. Genug, daß dieß Mirtill verſtund, Denn was uns Naſo ſagt, tat ihm die Liebe kund. Auch den gewiſſen Punkt nam er der Schaͤferinn, Und Amarillis gab dem Raͤuber alles hinn. Doch das Gewiſſen ſchlaͤft nicht lange, Teils wurd ihr um Mirtillen bange, Der ſeinen Eid ſo ſchaͤndlich brach; Teils um ſie ſelbſt, weil ſie bedachte, Daß ſie auch ſich des Meineids ſchuldig machte. Dem allen ſann ſie nun mit warer Reue nach. Die Wolken durften kaum den Horizont bedecken, So meinte ſie ſchon voller Schrecken, Jetzt wuͤrd ein Blitz die Luͤfte teilen, Und jetzt ein Donnerſchlag nach ihrem Herzen eilen. Sie furchte ſich vornemlich fuͤr der Opferzeit, Die Goͤtter moͤchten ſie, bei der Gelegenheit, Viel-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_schaefererzaelungen_1742
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_schaefererzaelungen_1742/62
Zitationshilfe: [Rost, Johann Christoph]: Schäfererzälungen. [Berlin], 1742, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_schaefererzaelungen_1742/62>, abgerufen am 24.11.2024.