[Rost, Johann Christoph]: Schäfererzälungen. [Berlin], 1742.Hiervon hat Naso längst in seiner Kunst zu lieben, Jm ersten Buche selbst geschrieben; Und welche sich in seinen Leren üben, Die haben mir vertraut, daß sie dieß oft getrieben, Und daß die Regel auch beständig war geblieben. Genug, daß dieß Mirtill verstund, Denn was uns Naso sagt, tat ihm die Liebe kund. Auch den gewissen Punkt nam er der Schäferinn, Und Amarillis gab dem Räuber alles hinn. Doch das Gewissen schläft nicht lange, Teils wurd ihr um Mirtillen bange, Der seinen Eid so schändlich brach; Teils um sie selbst, weil sie bedachte, Daß sie auch sich des Meineids schuldig machte. Dem allen sann sie nun mit warer Reue nach. Die Wolken durften kaum den Horizont bedecken, So meinte sie schon voller Schrecken, Jetzt würd ein Blitz die Lüfte teilen, Und jetzt ein Donnerschlag nach ihrem Herzen eilen. Sie furchte sich vornemlich für der Opferzeit, Die Götter möchten sie, bei der Gelegenheit, Viel-
Hiervon hat Naſo laͤngſt in ſeiner Kunſt zu lieben, Jm erſten Buche ſelbſt geſchrieben; Und welche ſich in ſeinen Leren uͤben, Die haben mir vertraut, daß ſie dieß oft getrieben, Und daß die Regel auch beſtaͤndig war geblieben. Genug, daß dieß Mirtill verſtund, Denn was uns Naſo ſagt, tat ihm die Liebe kund. Auch den gewiſſen Punkt nam er der Schaͤferinn, Und Amarillis gab dem Raͤuber alles hinn. Doch das Gewiſſen ſchlaͤft nicht lange, Teils wurd ihr um Mirtillen bange, Der ſeinen Eid ſo ſchaͤndlich brach; Teils um ſie ſelbſt, weil ſie bedachte, Daß ſie auch ſich des Meineids ſchuldig machte. Dem allen ſann ſie nun mit warer Reue nach. Die Wolken durften kaum den Horizont bedecken, So meinte ſie ſchon voller Schrecken, Jetzt wuͤrd ein Blitz die Luͤfte teilen, Und jetzt ein Donnerſchlag nach ihrem Herzen eilen. Sie furchte ſich vornemlich fuͤr der Opferzeit, Die Goͤtter moͤchten ſie, bei der Gelegenheit, Viel-
<TEI> <text> <body> <lg type="poem"> <pb facs="#f0062" n="58"/> <lg> <l>Hiervon hat Naſo laͤngſt in ſeiner Kunſt zu lieben,</l><lb/> <l>Jm erſten Buche ſelbſt geſchrieben;</l><lb/> <l>Und welche ſich in ſeinen Leren uͤben,</l><lb/> <l>Die haben mir vertraut, daß ſie dieß oft getrieben,</l><lb/> <l>Und daß die Regel auch beſtaͤndig war geblieben.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Genug, daß dieß Mirtill verſtund,</l><lb/> <l>Denn was uns Naſo ſagt, tat ihm die Liebe kund.</l><lb/> <l>Auch den gewiſſen Punkt nam er der Schaͤferinn,</l><lb/> <l>Und Amarillis gab dem Raͤuber alles hinn.</l><lb/> <l>Doch das Gewiſſen ſchlaͤft nicht lange,</l><lb/> <l>Teils wurd ihr um Mirtillen bange,</l><lb/> <l>Der ſeinen Eid ſo ſchaͤndlich brach;</l><lb/> <l>Teils um ſie ſelbſt, weil ſie bedachte,</l><lb/> <l>Daß ſie auch ſich des Meineids ſchuldig machte.</l><lb/> <l>Dem allen ſann ſie nun mit warer Reue nach.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Die Wolken durften kaum den Horizont bedecken,</l><lb/> <l>So meinte ſie ſchon voller Schrecken,</l><lb/> <l>Jetzt wuͤrd ein Blitz die Luͤfte teilen,</l><lb/> <l>Und jetzt ein Donnerſchlag nach ihrem Herzen<lb/><hi rendition="#et">eilen.</hi></l><lb/> <l>Sie furchte ſich vornemlich fuͤr der Opferzeit,</l><lb/> <l>Die Goͤtter moͤchten ſie, bei der Gelegenheit,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Viel-</fw><lb/></l> </lg> </lg> </body> </text> </TEI> [58/0062]
Hiervon hat Naſo laͤngſt in ſeiner Kunſt zu lieben,
Jm erſten Buche ſelbſt geſchrieben;
Und welche ſich in ſeinen Leren uͤben,
Die haben mir vertraut, daß ſie dieß oft getrieben,
Und daß die Regel auch beſtaͤndig war geblieben.
Genug, daß dieß Mirtill verſtund,
Denn was uns Naſo ſagt, tat ihm die Liebe kund.
Auch den gewiſſen Punkt nam er der Schaͤferinn,
Und Amarillis gab dem Raͤuber alles hinn.
Doch das Gewiſſen ſchlaͤft nicht lange,
Teils wurd ihr um Mirtillen bange,
Der ſeinen Eid ſo ſchaͤndlich brach;
Teils um ſie ſelbſt, weil ſie bedachte,
Daß ſie auch ſich des Meineids ſchuldig machte.
Dem allen ſann ſie nun mit warer Reue nach.
Die Wolken durften kaum den Horizont bedecken,
So meinte ſie ſchon voller Schrecken,
Jetzt wuͤrd ein Blitz die Luͤfte teilen,
Und jetzt ein Donnerſchlag nach ihrem Herzen
eilen.
Sie furchte ſich vornemlich fuͤr der Opferzeit,
Die Goͤtter moͤchten ſie, bei der Gelegenheit,
Viel-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |