[Rost, Johann Christoph]: Schäfererzälungen. [Berlin], 1742.Doch mußt er ihr zugleich bei der Diane schwö- ren, Was heut zu Tage noch den Mädchen wol gefällt, Wenn man es schwört, und doch nicht hält. Jedoch die Götter, die dergleichen Schwüre hören, Belachen sie, dem Jupiter zu eren; Verliebten ists erlaubt, bisweilen falsch zu schwö- ren. Kaum hatt er diesen Eid getan, So fing sich schon der Meineid an, Daß oft die Schäferinn die Götter bitten musste, Dem frechen Hirten zu verzeihn, Und ihrer Unschuld Mut und Kräfte zu ver- leihn. Doch da er selbst zu viel von seinen Göttern wusste, Und in der Flur schon etwas offenbar Von dem Endimion und der Diane war: So dacht er, was die Götter treiben, Wird auch an dir wol ungestrafet bleiben. Man
Doch mußt er ihr zugleich bei der Diane ſchwoͤ- ren, Was heut zu Tage noch den Maͤdchen wol gefaͤllt, Wenn man es ſchwoͤrt, und doch nicht haͤlt. Jedoch die Goͤtter, die dergleichen Schwuͤre hoͤren, Belachen ſie, dem Jupiter zu eren; Verliebten iſts erlaubt, bisweilen falſch zu ſchwoͤ- ren. Kaum hatt er dieſen Eid getan, So fing ſich ſchon der Meineid an, Daß oft die Schaͤferinn die Goͤtter bitten muſſte, Dem frechen Hirten zu verzeihn, Und ihrer Unſchuld Mut und Kraͤfte zu ver- leihn. Doch da er ſelbſt zu viel von ſeinen Goͤttern wuſſte, Und in der Flur ſchon etwas offenbar Von dem Endimion und der Diane war: So dacht er, was die Goͤtter treiben, Wird auch an dir wol ungeſtrafet bleiben. Man
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Doch mußt er ihr zugleich bei der Diane ſchwoͤ-
ren,
Was heut zu Tage noch den Maͤdchen wol
gefaͤllt,
Wenn man es ſchwoͤrt, und doch nicht haͤlt.
Jedoch die Goͤtter, die dergleichen Schwuͤre
hoͤren,
Belachen ſie, dem Jupiter zu eren;
Verliebten iſts erlaubt, bisweilen falſch zu ſchwoͤ-
ren.
Kaum hatt er dieſen Eid getan,
So fing ſich ſchon der Meineid an,
Daß oft die Schaͤferinn die Goͤtter bitten muſſte,
Dem frechen Hirten zu verzeihn,
Und ihrer Unſchuld Mut und Kraͤfte zu ver-
leihn.
Doch da er ſelbſt zu viel von ſeinen Goͤttern
wuſſte,
Und in der Flur ſchon etwas offenbar
Von dem Endimion und der Diane war:
So dacht er, was die Goͤtter treiben,
Wird auch an dir wol ungeſtrafet bleiben.
Man
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Zitationshilfe: | [Rost, Johann Christoph]: Schäfererzälungen. [Berlin], 1742, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_schaefererzaelungen_1742/60>, abgerufen am 16.02.2025. |