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[Rost, Johann Christoph]: Schäfererzälungen. [Berlin], 1742.

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Die eilfertige Schäferinn.

Der junge Schäfer Titirus
Empfand, was jeder fülen muß.
Er ward der Macht der schönen Schäferinnen,
An mancher unruhvollen Nacht,
Die er mit Wünschen zugebracht,
Und die ein Traum, sonst nichts, oft wargemacht,
Zu seiner schönsten Marter innen.
Er räumte Silvien allein
An Schönheit und an Witz den größten Vorzug ein.
Erst wünscht er, sie nur immer zu erblicken.
Doch dieser Wunsch ist viel zu leer:
Wer zärtlich liebt, der wünschet bald noch mer;
Die Liebe weiß ein Herz weit stärker zu berücken.
Er wünschte, sie zu sehn.
Und seine Zärtlichkeit, mit bitten und mit klagen,
Der jungen Silvie zu sagen.
Doch dieß war leichter noch gewünschet, als ge-
schehn:

Sie und Likoris trieben beide,
Als Schwestern, stets zugleich die Herden auf die
Weide.


Die eilfertige Schaͤferinn.

Der junge Schaͤfer Titirus
Empfand, was jeder fuͤlen muß.
Er ward der Macht der ſchoͤnen Schaͤferinnen,
An mancher unruhvollen Nacht,
Die er mit Wuͤnſchen zugebracht,
Und die ein Traum, ſonſt nichts, oft wargemacht,
Zu ſeiner ſchoͤnſten Marter innen.
Er raͤumte Silvien allein
An Schoͤnheit und an Witz den groͤßten Vorzug ein.
Erſt wuͤnſcht er, ſie nur immer zu erblicken.
Doch dieſer Wunſch iſt viel zu leer:
Wer zaͤrtlich liebt, der wuͤnſchet bald noch mer;
Die Liebe weiß ein Herz weit ſtaͤrker zu beruͤcken.
Er wuͤnſchte, ſie zu ſehn.
Und ſeine Zaͤrtlichkeit, mit bitten und mit klagen,
Der jungen Silvie zu ſagen.
Doch dieß war leichter noch gewuͤnſchet, als ge-
ſchehn:

Sie und Likoris trieben beide,
Als Schweſtern, ſtets zugleich die Herden auf die
Weide.
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[[6]/0010] Die eilfertige Schaͤferinn. Der junge Schaͤfer Titirus Empfand, was jeder fuͤlen muß. Er ward der Macht der ſchoͤnen Schaͤferinnen, An mancher unruhvollen Nacht, Die er mit Wuͤnſchen zugebracht, Und die ein Traum, ſonſt nichts, oft wargemacht, Zu ſeiner ſchoͤnſten Marter innen. Er raͤumte Silvien allein An Schoͤnheit und an Witz den groͤßten Vorzug ein. Erſt wuͤnſcht er, ſie nur immer zu erblicken. Doch dieſer Wunſch iſt viel zu leer: Wer zaͤrtlich liebt, der wuͤnſchet bald noch mer; Die Liebe weiß ein Herz weit ſtaͤrker zu beruͤcken. Er wuͤnſchte, ſie zu ſehn. Und ſeine Zaͤrtlichkeit, mit bitten und mit klagen, Der jungen Silvie zu ſagen. Doch dieß war leichter noch gewuͤnſchet, als ge- ſchehn: Sie und Likoris trieben beide, Als Schweſtern, ſtets zugleich die Herden auf die Weide.

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Zitationshilfe: [Rost, Johann Christoph]: Schäfererzälungen. [Berlin], 1742, S. [6]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_schaefererzaelungen_1742/10>, abgerufen am 21.11.2024.