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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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Werfen wir jetzt schon einen ersten Blick auf sie und erkennen wir
in der "Bestandskarte" ein Bild der Wirklichkeit, in dem "Hauungs-
plane" ein Bild des Ideals. Jenes ist nur einen kurzen Moment eine
Wahrheit gewesen und dieses wird nie eine Wahrheit werden. Diese
Ungereimtheit werden wir im Verfolg reimen lernen. Reimen helfen wird
uns Mancherlei, z. B. der schlechte Finanzminister Graf Bostrichus und
der Herr Holzhändler Sturm.

Wir denken uns den Fall, daß der Staatsverwaltung ein umfäng-
licher Gemeindewald zum Kauf angetragen wird, jene ihn ankauft und
ihn nun zum Staatswald erhebt, also damit und darin alle bleibenden
und wiederkehrenden Maßregeln vornimmt und vornehmen läßt, wie es
in der Staatsforstverwaltung im umfassendsten Sinne geschieht.

Wenn auch als selbstverständlich anzunehmen ist, daß der Handel auf
Grund einer Taxation und Vermessung abgeschlossen wurde, so ist doch,
nachdem das Revier Staatseigenthum und entschieden worden ist, daß
dasselbe als selbstständiges Staatsrevier von einem eigenen Forstbeamten
verwaltet werden soll, der nächste Schritt, dasselbe zu taxiren, zu vermessen
und eine Bestandskarte davon aufnehmen zu lassen.

Möglicherweise ist das Revier sehr heruntergebracht und darin herum-
gepläntert worden (S. 579), so daß es sich nun sehr ungleich und un-
regelmäßig bestanden zeigt. Altes haubares Holz ist nur hie und dort in
kleinen unregelmäßig gestalteten Beständen vorhanden; andere eben solche
Flächen sind mit Holz der 2. oder 3. oder 4. oder 5. Altersklasse bestanden,
viele namentlich mit ganz jungen Hölzern. Dazwischen liegen Blößen
d. h. Flächen von Holzboden, auf denen gar kein Holz steht oder Räumden

Lithographie in der dabei nicht gut zu umgehenden Strichmanier nicht so klar in ihrer
Stufenfolge wiedergeben ließen. Allerdings scheint die Crayonmanier sehr nahe zu liegen;
aber wir hätten dann entweder anstatt 5 Altersklassen vielleicht ein wahres Chaos von
einander abweichender Töne erhalten, oder es wäre eine Riesenarbeit gewesen, z. B. die
auf der Bestandskarte vielfach wiederkehrende Klasse 4 in so vollkommen gleichem Tone
auszuführen, daß Verwechselungen mit Klasse 3 oder 5 nicht zu befürchten gewesen
wären. Es ist mir zu spät bekannt geworden, daß in Bayern sämmtliche Karten der
Staatsreviere lithographirt werden, ich weiß also nicht, wie die Klassenunterschiede darauf
dargestellt werden, oder ob sich die Lithographien nicht auf sogenannte Netzkarten be-
schränken, auf denen blos das Schneißennetz dargestellt ist, in welches dann die Flächen-
eintheilung mit der Hand eingetragen wird.

Werfen wir jetzt ſchon einen erſten Blick auf ſie und erkennen wir
in der „Beſtandskarte“ ein Bild der Wirklichkeit, in dem „Hauungs-
plane“ ein Bild des Ideals. Jenes iſt nur einen kurzen Moment eine
Wahrheit geweſen und dieſes wird nie eine Wahrheit werden. Dieſe
Ungereimtheit werden wir im Verfolg reimen lernen. Reimen helfen wird
uns Mancherlei, z. B. der ſchlechte Finanzminiſter Graf Boſtrichus und
der Herr Holzhändler Sturm.

Wir denken uns den Fall, daß der Staatsverwaltung ein umfäng-
licher Gemeindewald zum Kauf angetragen wird, jene ihn ankauft und
ihn nun zum Staatswald erhebt, alſo damit und darin alle bleibenden
und wiederkehrenden Maßregeln vornimmt und vornehmen läßt, wie es
in der Staatsforſtverwaltung im umfaſſendſten Sinne geſchieht.

Wenn auch als ſelbſtverſtändlich anzunehmen iſt, daß der Handel auf
Grund einer Taxation und Vermeſſung abgeſchloſſen wurde, ſo iſt doch,
nachdem das Revier Staatseigenthum und entſchieden worden iſt, daß
daſſelbe als ſelbſtſtändiges Staatsrevier von einem eigenen Forſtbeamten
verwaltet werden ſoll, der nächſte Schritt, daſſelbe zu taxiren, zu vermeſſen
und eine Beſtandskarte davon aufnehmen zu laſſen.

Möglicherweiſe iſt das Revier ſehr heruntergebracht und darin herum-
gepläntert worden (S. 579), ſo daß es ſich nun ſehr ungleich und un-
regelmäßig beſtanden zeigt. Altes haubares Holz iſt nur hie und dort in
kleinen unregelmäßig geſtalteten Beſtänden vorhanden; andere eben ſolche
Flächen ſind mit Holz der 2. oder 3. oder 4. oder 5. Altersklaſſe beſtanden,
viele namentlich mit ganz jungen Hölzern. Dazwiſchen liegen Blößen
d. h. Flächen von Holzboden, auf denen gar kein Holz ſteht oder Räumden

Lithographie in der dabei nicht gut zu umgehenden Strichmanier nicht ſo klar in ihrer
Stufenfolge wiedergeben ließen. Allerdings ſcheint die Crayonmanier ſehr nahe zu liegen;
aber wir hätten dann entweder anſtatt 5 Altersklaſſen vielleicht ein wahres Chaos von
einander abweichender Töne erhalten, oder es wäre eine Rieſenarbeit geweſen, z. B. die
auf der Beſtandskarte vielfach wiederkehrende Klaſſe 4 in ſo vollkommen gleichem Tone
auszuführen, daß Verwechſelungen mit Klaſſe 3 oder 5 nicht zu befürchten geweſen
wären. Es iſt mir zu ſpät bekannt geworden, daß in Bayern ſämmtliche Karten der
Staatsreviere lithographirt werden, ich weiß alſo nicht, wie die Klaſſenunterſchiede darauf
dargeſtellt werden, oder ob ſich die Lithographien nicht auf ſogenannte Netzkarten be-
ſchränken, auf denen blos das Schneißennetz dargeſtellt iſt, in welches dann die Flächen-
eintheilung mit der Hand eingetragen wird.
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[584/0640] Werfen wir jetzt ſchon einen erſten Blick auf ſie und erkennen wir in der „Beſtandskarte“ ein Bild der Wirklichkeit, in dem „Hauungs- plane“ ein Bild des Ideals. Jenes iſt nur einen kurzen Moment eine Wahrheit geweſen und dieſes wird nie eine Wahrheit werden. Dieſe Ungereimtheit werden wir im Verfolg reimen lernen. Reimen helfen wird uns Mancherlei, z. B. der ſchlechte Finanzminiſter Graf Boſtrichus und der Herr Holzhändler Sturm. Wir denken uns den Fall, daß der Staatsverwaltung ein umfäng- licher Gemeindewald zum Kauf angetragen wird, jene ihn ankauft und ihn nun zum Staatswald erhebt, alſo damit und darin alle bleibenden und wiederkehrenden Maßregeln vornimmt und vornehmen läßt, wie es in der Staatsforſtverwaltung im umfaſſendſten Sinne geſchieht. Wenn auch als ſelbſtverſtändlich anzunehmen iſt, daß der Handel auf Grund einer Taxation und Vermeſſung abgeſchloſſen wurde, ſo iſt doch, nachdem das Revier Staatseigenthum und entſchieden worden iſt, daß daſſelbe als ſelbſtſtändiges Staatsrevier von einem eigenen Forſtbeamten verwaltet werden ſoll, der nächſte Schritt, daſſelbe zu taxiren, zu vermeſſen und eine Beſtandskarte davon aufnehmen zu laſſen. Möglicherweiſe iſt das Revier ſehr heruntergebracht und darin herum- gepläntert worden (S. 579), ſo daß es ſich nun ſehr ungleich und un- regelmäßig beſtanden zeigt. Altes haubares Holz iſt nur hie und dort in kleinen unregelmäßig geſtalteten Beſtänden vorhanden; andere eben ſolche Flächen ſind mit Holz der 2. oder 3. oder 4. oder 5. Altersklaſſe beſtanden, viele namentlich mit ganz jungen Hölzern. Dazwiſchen liegen Blößen d. h. Flächen von Holzboden, auf denen gar kein Holz ſteht oder Räumden *) *) Lithographie in der dabei nicht gut zu umgehenden Strichmanier nicht ſo klar in ihrer Stufenfolge wiedergeben ließen. Allerdings ſcheint die Crayonmanier ſehr nahe zu liegen; aber wir hätten dann entweder anſtatt 5 Altersklaſſen vielleicht ein wahres Chaos von einander abweichender Töne erhalten, oder es wäre eine Rieſenarbeit geweſen, z. B. die auf der Beſtandskarte vielfach wiederkehrende Klaſſe 4 in ſo vollkommen gleichem Tone auszuführen, daß Verwechſelungen mit Klaſſe 3 oder 5 nicht zu befürchten geweſen wären. Es iſt mir zu ſpät bekannt geworden, daß in Bayern ſämmtliche Karten der Staatsreviere lithographirt werden, ich weiß alſo nicht, wie die Klaſſenunterſchiede darauf dargeſtellt werden, oder ob ſich die Lithographien nicht auf ſogenannte Netzkarten be- ſchränken, auf denen blos das Schneißennetz dargeſtellt iſt, in welches dann die Flächen- eintheilung mit der Hand eingetragen wird.

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 584. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/640>, abgerufen am 23.12.2024.