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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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Gebirgswaldes. Ich habe es freilich schon erlebt, daß man im Anschauen
der ragenden Bestände in den behaglichen Ruf ausbrach: "da ist kein
Holzmangel zu befürchten!"

Als ob im Holze der Schwerpunkt vom Werthe des Waldes ruhete! Die
Zeit wird sicher in nicht mehr zu ferner Zukunft kommen, wo dieser Werth
abnehmen wird, weil das befreiete Wasserstoffgas das Brennholz, und
Eisen und Stein noch mehr als schon jetzt das Bauholz ersetzen werden.

Bis diese Zukunft zur Gegenwart geworden sein wird, muß Jeder,
dem auch die kommenden Geschlechter am Herzen liegen, dazu mitwirken,
daß der Grundgedanke dieses Buches "den Wald unter den Schutz
des Wissens Aller zu stellen
" eine Wahrheit werde. Dabei aber
ist es von höchster Wichtigkeit, die internationale Bedeutung des Waldes
im Volke zum Bewußtsein gebracht zu haben, welche zwar jetzt schon im
Sinne des Holzaustausches besteht, aber noch viel schwerer wiegt im Sinne
der Bewässerung eines Landes, so daß die rechts und links liegenden
Rheinuferstaaten bis hinunter nach Holland auf Tod und Leben, oder
wenigstens auf Gedeihen oder Verkommen ihres Ackerbaues und ihres
Verkehrs dabei betheiligt sind wie die Quellwaldungen des Rheines und
seiner Zuflüsse behandelt werden. Der Holländer muß zuletzt durch zu-
nehmende Versandung des Rheines dafür büßen, wenn oben die Schweizer
und Badener schlechte Waldwirthschaft treiben.

"Ein Eingriff in das Gebahren mit dem Eigenthum ist hinsichtlich
der Privat- und Gemeindewaldungen mehr als erlaubt, ist geboten;
ja der Waldbesitz des Einzelstaates wird in demselben Sinne verpflichteter
Privatbesitz gegenüber der angedeuteten klimatischen Union, ja Solidarität
Mitteleuropa's."

"Wohl möglich, daß manche, daß viele meiner Leser über "unzeitigen
Eifer" gelächelt haben werden. "Man merkt ja noch nichts!""

"Wenn man es merken wird, nicht nur die Verarmung der Flüsse,
denn die merkt man bereits, sondern auch die Veränderung des
Klimas, dann wird es zu einem Einschreiten wahrscheinlich zu spät sein.
Es wird leichter sein, den großen Waldbesitzer zu zwingen, seine Waldungen
zu erhalten, als die einstigen kleinen Besitzer seines urbar gemachten par-
cellirten Bodens zu bewegen, ihre Parcellen herzugeben oder wieder in
Wald umzuschaffen."

Gebirgswaldes. Ich habe es freilich ſchon erlebt, daß man im Anſchauen
der ragenden Beſtände in den behaglichen Ruf ausbrach: „da iſt kein
Holzmangel zu befürchten!“

Als ob im Holze der Schwerpunkt vom Werthe des Waldes ruhete! Die
Zeit wird ſicher in nicht mehr zu ferner Zukunft kommen, wo dieſer Werth
abnehmen wird, weil das befreiete Waſſerſtoffgas das Brennholz, und
Eiſen und Stein noch mehr als ſchon jetzt das Bauholz erſetzen werden.

Bis dieſe Zukunft zur Gegenwart geworden ſein wird, muß Jeder,
dem auch die kommenden Geſchlechter am Herzen liegen, dazu mitwirken,
daß der Grundgedanke dieſes Buches „den Wald unter den Schutz
des Wiſſens Aller zu ſtellen
“ eine Wahrheit werde. Dabei aber
iſt es von höchſter Wichtigkeit, die internationale Bedeutung des Waldes
im Volke zum Bewußtſein gebracht zu haben, welche zwar jetzt ſchon im
Sinne des Holzaustauſches beſteht, aber noch viel ſchwerer wiegt im Sinne
der Bewäſſerung eines Landes, ſo daß die rechts und links liegenden
Rheinuferſtaaten bis hinunter nach Holland auf Tod und Leben, oder
wenigſtens auf Gedeihen oder Verkommen ihres Ackerbaues und ihres
Verkehrs dabei betheiligt ſind wie die Quellwaldungen des Rheines und
ſeiner Zuflüſſe behandelt werden. Der Holländer muß zuletzt durch zu-
nehmende Verſandung des Rheines dafür büßen, wenn oben die Schweizer
und Badener ſchlechte Waldwirthſchaft treiben.

„Ein Eingriff in das Gebahren mit dem Eigenthum iſt hinſichtlich
der Privat- und Gemeindewaldungen mehr als erlaubt, iſt geboten;
ja der Waldbeſitz des Einzelſtaates wird in demſelben Sinne verpflichteter
Privatbeſitz gegenüber der angedeuteten klimatiſchen Union, ja Solidarität
Mitteleuropa’s.“

„Wohl möglich, daß manche, daß viele meiner Leſer über „unzeitigen
Eifer“ gelächelt haben werden. „Man merkt ja noch nichts!““

„Wenn man es merken wird, nicht nur die Verarmung der Flüſſe,
denn die merkt man bereits, ſondern auch die Veränderung des
Klimas, dann wird es zu einem Einſchreiten wahrſcheinlich zu ſpät ſein.
Es wird leichter ſein, den großen Waldbeſitzer zu zwingen, ſeine Waldungen
zu erhalten, als die einſtigen kleinen Beſitzer ſeines urbar gemachten par-
cellirten Bodens zu bewegen, ihre Parcellen herzugeben oder wieder in
Wald umzuſchaffen.“

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[568/0624] Gebirgswaldes. Ich habe es freilich ſchon erlebt, daß man im Anſchauen der ragenden Beſtände in den behaglichen Ruf ausbrach: „da iſt kein Holzmangel zu befürchten!“ Als ob im Holze der Schwerpunkt vom Werthe des Waldes ruhete! Die Zeit wird ſicher in nicht mehr zu ferner Zukunft kommen, wo dieſer Werth abnehmen wird, weil das befreiete Waſſerſtoffgas das Brennholz, und Eiſen und Stein noch mehr als ſchon jetzt das Bauholz erſetzen werden. Bis dieſe Zukunft zur Gegenwart geworden ſein wird, muß Jeder, dem auch die kommenden Geſchlechter am Herzen liegen, dazu mitwirken, daß der Grundgedanke dieſes Buches „den Wald unter den Schutz des Wiſſens Aller zu ſtellen“ eine Wahrheit werde. Dabei aber iſt es von höchſter Wichtigkeit, die internationale Bedeutung des Waldes im Volke zum Bewußtſein gebracht zu haben, welche zwar jetzt ſchon im Sinne des Holzaustauſches beſteht, aber noch viel ſchwerer wiegt im Sinne der Bewäſſerung eines Landes, ſo daß die rechts und links liegenden Rheinuferſtaaten bis hinunter nach Holland auf Tod und Leben, oder wenigſtens auf Gedeihen oder Verkommen ihres Ackerbaues und ihres Verkehrs dabei betheiligt ſind wie die Quellwaldungen des Rheines und ſeiner Zuflüſſe behandelt werden. Der Holländer muß zuletzt durch zu- nehmende Verſandung des Rheines dafür büßen, wenn oben die Schweizer und Badener ſchlechte Waldwirthſchaft treiben. „Ein Eingriff in das Gebahren mit dem Eigenthum iſt hinſichtlich der Privat- und Gemeindewaldungen mehr als erlaubt, iſt geboten; ja der Waldbeſitz des Einzelſtaates wird in demſelben Sinne verpflichteter Privatbeſitz gegenüber der angedeuteten klimatiſchen Union, ja Solidarität Mitteleuropa’s.“ „Wohl möglich, daß manche, daß viele meiner Leſer über „unzeitigen Eifer“ gelächelt haben werden. „Man merkt ja noch nichts!““ „Wenn man es merken wird, nicht nur die Verarmung der Flüſſe, denn die merkt man bereits, ſondern auch die Veränderung des Klimas, dann wird es zu einem Einſchreiten wahrſcheinlich zu ſpät ſein. Es wird leichter ſein, den großen Waldbeſitzer zu zwingen, ſeine Waldungen zu erhalten, als die einſtigen kleinen Beſitzer ſeines urbar gemachten par- cellirten Bodens zu bewegen, ihre Parcellen herzugeben oder wieder in Wald umzuſchaffen.“

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 568. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/624>, abgerufen am 24.11.2024.