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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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größer werdenden Flüssen verbinden. Dann würde ich mit ihnen den
muntern Quellen aufwärts nachgehen, bis wir oben die kühlen Geburts-
stätten derselben fänden, bald auf einer moosigen Wiese, bald am Fuße
eines klüftigen Felsens. Dann würde ich den Jupiter Pluvius ersuchen,
einen Tag lang die ganze Fülle seiner Urne über uns auszuschütten, und
dann würde ich die Herren darauf aufmerksam machen, daß sich der ganze
Waldboden über und übervoll gesogen hat von dem strömenden Regen,
daß unten die Flüsse aber nur den Ueberschuß bekommen haben, der am
Gebirgsrande reichlich wohl, aber nicht mit zerstörender Hast hervortrat.
Dann aber schnell hinüber mit den Herren nach den trocknen quellen- und
waldlosen Höhen der südöstlichen Provinzen Frankreichs, wo derselbe Regen
furchtbare Verheerungen angerichtet hat. Von den nackten, felsenstarrenden
Flanken der Berge schoß das Regenwasser in ungehemmter Wuth thal-
abwärts, den von früheren Regengüssen noch verschonten Erdboden und
gewaltige Schutt- und Steinmassen mit sich fortreißend, um unten
blühende Fluren darunter zu begraben.

Ich vertraue zu dem Verstande der Herren, welche sonst, wahrlich
nicht im Interesse der Völker, mit einander in Hader und Notenstreit
liegen, daß sie einsehen würden, wie der deutsche Wald, ja wie für Deutsch-
land der Wald ganz Mitteleuropas von internationaler Bedeutung
ist, denn bis zu den Mündungen des Rheins, der Donau, der Weser, der
Elbe, Oder sind alle Anwohner dabei betheiligt, ob die Quellwaldungen
dieser Ströme, die fast sämmtlich auf Gebirgen liegen, pfleglich bewirth-
schaftet werden, oder ob man sie schonungslos verwüsten läßt. Ich ver-
traue, daß sie begreifen würden, daß nöthiger als ein allgemeines deutsches
Wechselrecht ein allgemeines deutsches Forstkulturgesetz ist.
Und wenn dies begriffen sein würde, dann wäre mein "internationaler
Congreß der Zukunft" gewiß bald kein zukünftiger mehr.

Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Waldfläche Deutschlands oder
besser Mitteleuropas, wenn nicht bereits unter, so doch gewiß gerade auf dem
Maaße steht, welches ständig erhalten werden muß, wenn nicht die klima-
tischen und Bewässerungsverhältnisse des bezeichneten Gebietes über lang
oder kurz gefährlich gestört werden sollen. Für diesen besorglichen oder
wenigstens fürsorglichen Gedanken kann nichts uns mehr empfänglich
machen, als der Besuch eines regelrecht bestandenen und bewirthschafteten

größer werdenden Flüſſen verbinden. Dann würde ich mit ihnen den
muntern Quellen aufwärts nachgehen, bis wir oben die kühlen Geburts-
ſtätten derſelben fänden, bald auf einer mooſigen Wieſe, bald am Fuße
eines klüftigen Felſens. Dann würde ich den Jupiter Pluvius erſuchen,
einen Tag lang die ganze Fülle ſeiner Urne über uns auszuſchütten, und
dann würde ich die Herren darauf aufmerkſam machen, daß ſich der ganze
Waldboden über und übervoll geſogen hat von dem ſtrömenden Regen,
daß unten die Flüſſe aber nur den Ueberſchuß bekommen haben, der am
Gebirgsrande reichlich wohl, aber nicht mit zerſtörender Haſt hervortrat.
Dann aber ſchnell hinüber mit den Herren nach den trocknen quellen- und
waldloſen Höhen der ſüdöſtlichen Provinzen Frankreichs, wo derſelbe Regen
furchtbare Verheerungen angerichtet hat. Von den nackten, felſenſtarrenden
Flanken der Berge ſchoß das Regenwaſſer in ungehemmter Wuth thal-
abwärts, den von früheren Regengüſſen noch verſchonten Erdboden und
gewaltige Schutt- und Steinmaſſen mit ſich fortreißend, um unten
blühende Fluren darunter zu begraben.

Ich vertraue zu dem Verſtande der Herren, welche ſonſt, wahrlich
nicht im Intereſſe der Völker, mit einander in Hader und Notenſtreit
liegen, daß ſie einſehen würden, wie der deutſche Wald, ja wie für Deutſch-
land der Wald ganz Mitteleuropas von internationaler Bedeutung
iſt, denn bis zu den Mündungen des Rheins, der Donau, der Weſer, der
Elbe, Oder ſind alle Anwohner dabei betheiligt, ob die Quellwaldungen
dieſer Ströme, die faſt ſämmtlich auf Gebirgen liegen, pfleglich bewirth-
ſchaftet werden, oder ob man ſie ſchonungslos verwüſten läßt. Ich ver-
traue, daß ſie begreifen würden, daß nöthiger als ein allgemeines deutſches
Wechſelrecht ein allgemeines deutſches Forſtkulturgeſetz iſt.
Und wenn dies begriffen ſein würde, dann wäre mein „internationaler
Congreß der Zukunft“ gewiß bald kein zukünftiger mehr.

Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Waldfläche Deutſchlands oder
beſſer Mitteleuropas, wenn nicht bereits unter, ſo doch gewiß gerade auf dem
Maaße ſteht, welches ſtändig erhalten werden muß, wenn nicht die klima-
tiſchen und Bewäſſerungsverhältniſſe des bezeichneten Gebietes über lang
oder kurz gefährlich geſtört werden ſollen. Für dieſen beſorglichen oder
wenigſtens fürſorglichen Gedanken kann nichts uns mehr empfänglich
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[567/0623] größer werdenden Flüſſen verbinden. Dann würde ich mit ihnen den muntern Quellen aufwärts nachgehen, bis wir oben die kühlen Geburts- ſtätten derſelben fänden, bald auf einer mooſigen Wieſe, bald am Fuße eines klüftigen Felſens. Dann würde ich den Jupiter Pluvius erſuchen, einen Tag lang die ganze Fülle ſeiner Urne über uns auszuſchütten, und dann würde ich die Herren darauf aufmerkſam machen, daß ſich der ganze Waldboden über und übervoll geſogen hat von dem ſtrömenden Regen, daß unten die Flüſſe aber nur den Ueberſchuß bekommen haben, der am Gebirgsrande reichlich wohl, aber nicht mit zerſtörender Haſt hervortrat. Dann aber ſchnell hinüber mit den Herren nach den trocknen quellen- und waldloſen Höhen der ſüdöſtlichen Provinzen Frankreichs, wo derſelbe Regen furchtbare Verheerungen angerichtet hat. Von den nackten, felſenſtarrenden Flanken der Berge ſchoß das Regenwaſſer in ungehemmter Wuth thal- abwärts, den von früheren Regengüſſen noch verſchonten Erdboden und gewaltige Schutt- und Steinmaſſen mit ſich fortreißend, um unten blühende Fluren darunter zu begraben. Ich vertraue zu dem Verſtande der Herren, welche ſonſt, wahrlich nicht im Intereſſe der Völker, mit einander in Hader und Notenſtreit liegen, daß ſie einſehen würden, wie der deutſche Wald, ja wie für Deutſch- land der Wald ganz Mitteleuropas von internationaler Bedeutung iſt, denn bis zu den Mündungen des Rheins, der Donau, der Weſer, der Elbe, Oder ſind alle Anwohner dabei betheiligt, ob die Quellwaldungen dieſer Ströme, die faſt ſämmtlich auf Gebirgen liegen, pfleglich bewirth- ſchaftet werden, oder ob man ſie ſchonungslos verwüſten läßt. Ich ver- traue, daß ſie begreifen würden, daß nöthiger als ein allgemeines deutſches Wechſelrecht ein allgemeines deutſches Forſtkulturgeſetz iſt. Und wenn dies begriffen ſein würde, dann wäre mein „internationaler Congreß der Zukunft“ gewiß bald kein zukünftiger mehr. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Waldfläche Deutſchlands oder beſſer Mitteleuropas, wenn nicht bereits unter, ſo doch gewiß gerade auf dem Maaße ſteht, welches ſtändig erhalten werden muß, wenn nicht die klima- tiſchen und Bewäſſerungsverhältniſſe des bezeichneten Gebietes über lang oder kurz gefährlich geſtört werden ſollen. Für dieſen beſorglichen oder wenigſtens fürſorglichen Gedanken kann nichts uns mehr empfänglich machen, als der Beſuch eines regelrecht beſtandenen und bewirthſchafteten

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 567. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/623>, abgerufen am 24.11.2024.