schon in Deutschland eingewandert ist; sie verlangt einen guten nahrhaften Boden und sonnigen Standort, wenn die Früchte der veredelten Sorten ihre Vollkommenheit erreichen sollen. Wie die Vogelkirsche so ist auch sie aus unseren Gärten wieder hinaus in die Vorhölzer und gemischten Waldungen entwichen, wo sie namentlich in Süddeutschland häufig so voll- ständig verwildert vorkommt, daß sie längst als ein Glied der deutschen Flora aufgenommen ist. Dasselbe gilt beiläufig gesagt auch von der ge- meinen Pflaume oder Zwetsche, Pr. domestica L., welche im 17. Jahrh. aus dem südlichen Griechenland in den Neckargegenden eingeführt worden sein soll.
Da die Kriechenpflaume in einigen ihrer Spielarten namentlich in den Gärten des Landmanns heimisch geworden ist, so fehlt es ihr natür- lich auch nicht an den verschiedensten ortsüblichen Benennungen, die jedoch für unsere Betrachtung des "Waldes" keine Bedeutung haben.
Ueberhaupt bilden die zuletzt betrachteten 14 Holzpflanzen den schon auf S. 498 angedeuteten fremdartigen Zug in dem ernsten Charakter unseres deutschen Waldes, wodurch dieser fast allein einigen Blüthenschmuck gewinnt, der ihm sonst beinahe abgehen würde. Hierdurch macht sich ganz besonders der wilde Apfelbaum, mehr noch als die Vogelkirsche, geltend, der mit seinen rosenroth und weiß gefärbten Blüthensträußchen von der Ebene bis in die Vorberge den Waldbeständen oft einen so überraschenden Schmuck verleiht. Ist auch jeder Baum ein "Fruchtbaum" so denken wir bei Nennung dieses, nützliches Schaffen versinnbildlichenden, Wortes doch immer nur an den Obstbaum und es gewinnt die eben beendete Abtheilung der Waldbäume für unsere Betrachtung des Waldes noch eine besondere persönliche Bedeutung, persönliche, weil sie in Beziehung tritt zu demjenigen deutschen Forstmanne, welcher, wenn nicht der größte seiner Zeit, doch sicher derjenige war, welcher den größten Einfluß auf die wissenschaftliche Be- gründung der deutschen und somit der gesammten Forstwirthschaft gehabt hat und dessen Gedächtnisse unser Buch gewidmet ist. In der "kleinen Zillbach", einer kleinen weimarischen Enklave nahe dem meiningischen Wasungen, wo Heinrich Cotta am 30. Okt. 1763 geboren wurde (er starb am 25. Okt. 1844, also fast 81 Jahre alt in Tharand) ist von der Geburtsstätte des großen Forstmannes, einer einsam im Walde gelegenen Försterei, nichts weiter übrig geblieben, als ein alter Apfelbaum, der von
ſchon in Deutſchland eingewandert iſt; ſie verlangt einen guten nahrhaften Boden und ſonnigen Standort, wenn die Früchte der veredelten Sorten ihre Vollkommenheit erreichen ſollen. Wie die Vogelkirſche ſo iſt auch ſie aus unſeren Gärten wieder hinaus in die Vorhölzer und gemiſchten Waldungen entwichen, wo ſie namentlich in Süddeutſchland häufig ſo voll- ſtändig verwildert vorkommt, daß ſie längſt als ein Glied der deutſchen Flora aufgenommen iſt. Daſſelbe gilt beiläufig geſagt auch von der ge- meinen Pflaume oder Zwetſche, Pr. domestica L., welche im 17. Jahrh. aus dem ſüdlichen Griechenland in den Neckargegenden eingeführt worden ſein ſoll.
Da die Kriechenpflaume in einigen ihrer Spielarten namentlich in den Gärten des Landmanns heimiſch geworden iſt, ſo fehlt es ihr natür- lich auch nicht an den verſchiedenſten ortsüblichen Benennungen, die jedoch für unſere Betrachtung des „Waldes“ keine Bedeutung haben.
Ueberhaupt bilden die zuletzt betrachteten 14 Holzpflanzen den ſchon auf S. 498 angedeuteten fremdartigen Zug in dem ernſten Charakter unſeres deutſchen Waldes, wodurch dieſer faſt allein einigen Blüthenſchmuck gewinnt, der ihm ſonſt beinahe abgehen würde. Hierdurch macht ſich ganz beſonders der wilde Apfelbaum, mehr noch als die Vogelkirſche, geltend, der mit ſeinen roſenroth und weiß gefärbten Blüthenſträußchen von der Ebene bis in die Vorberge den Waldbeſtänden oft einen ſo überraſchenden Schmuck verleiht. Iſt auch jeder Baum ein „Fruchtbaum“ ſo denken wir bei Nennung dieſes, nützliches Schaffen verſinnbildlichenden, Wortes doch immer nur an den Obſtbaum und es gewinnt die eben beendete Abtheilung der Waldbäume für unſere Betrachtung des Waldes noch eine beſondere perſönliche Bedeutung, perſönliche, weil ſie in Beziehung tritt zu demjenigen deutſchen Forſtmanne, welcher, wenn nicht der größte ſeiner Zeit, doch ſicher derjenige war, welcher den größten Einfluß auf die wiſſenſchaftliche Be- gründung der deutſchen und ſomit der geſammten Forſtwirthſchaft gehabt hat und deſſen Gedächtniſſe unſer Buch gewidmet iſt. In der „kleinen Zillbach“, einer kleinen weimariſchen Enklave nahe dem meiningiſchen Waſungen, wo Heinrich Cotta am 30. Okt. 1763 geboren wurde (er ſtarb am 25. Okt. 1844, alſo faſt 81 Jahre alt in Tharand) iſt von der Geburtsſtätte des großen Forſtmannes, einer einſam im Walde gelegenen Förſterei, nichts weiter übrig geblieben, als ein alter Apfelbaum, der von
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aus unſeren Gärten wieder hinaus in die Vorhölzer und gemiſchten
Waldungen entwichen, wo ſie namentlich in Süddeutſchland häufig ſo voll-
ſtändig verwildert vorkommt, daß ſie längſt als ein Glied der deutſchen
Flora aufgenommen iſt. Daſſelbe gilt beiläufig geſagt auch von der ge-
meinen Pflaume oder Zwetſche, Pr. domestica L., welche im 17. Jahrh.
aus dem ſüdlichen Griechenland in den Neckargegenden eingeführt worden
ſein ſoll.
Da die Kriechenpflaume in einigen ihrer Spielarten namentlich in
den Gärten des Landmanns heimiſch geworden iſt, ſo fehlt es ihr natür-
lich auch nicht an den verſchiedenſten ortsüblichen Benennungen, die jedoch
für unſere Betrachtung des „Waldes“ keine Bedeutung haben.
Ueberhaupt bilden die zuletzt betrachteten 14 Holzpflanzen den ſchon
auf S. 498 angedeuteten fremdartigen Zug in dem ernſten Charakter
unſeres deutſchen Waldes, wodurch dieſer faſt allein einigen Blüthenſchmuck
gewinnt, der ihm ſonſt beinahe abgehen würde. Hierdurch macht ſich ganz
beſonders der wilde Apfelbaum, mehr noch als die Vogelkirſche, geltend,
der mit ſeinen roſenroth und weiß gefärbten Blüthenſträußchen von der
Ebene bis in die Vorberge den Waldbeſtänden oft einen ſo überraſchenden
Schmuck verleiht. Iſt auch jeder Baum ein „Fruchtbaum“ ſo denken wir
bei Nennung dieſes, nützliches Schaffen verſinnbildlichenden, Wortes doch
immer nur an den Obſtbaum und es gewinnt die eben beendete Abtheilung
der Waldbäume für unſere Betrachtung des Waldes noch eine beſondere
perſönliche Bedeutung, perſönliche, weil ſie in Beziehung tritt zu demjenigen
deutſchen Forſtmanne, welcher, wenn nicht der größte ſeiner Zeit, doch ſicher
derjenige war, welcher den größten Einfluß auf die wiſſenſchaftliche Be-
gründung der deutſchen und ſomit der geſammten Forſtwirthſchaft gehabt
hat und deſſen Gedächtniſſe unſer Buch gewidmet iſt. In der „kleinen
Zillbach“, einer kleinen weimariſchen Enklave nahe dem meiningiſchen
Waſungen, wo Heinrich Cotta am 30. Okt. 1763 geboren wurde (er
ſtarb am 25. Okt. 1844, alſo faſt 81 Jahre alt in Tharand) iſt von der
Geburtsſtätte des großen Forſtmannes, einer einſam im Walde gelegenen
Förſterei, nichts weiter übrig geblieben, als ein alter Apfelbaum, der von
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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/571>, abgerufen am 23.12.2024.
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