sind den Winter über in großen fast kugeligen spitzen, glänzend gelbbraunen Knospen eingeschlossen (S. 63. IV. 5.). Die männlichen Kätzchen sind 3--4 Zoll lang und wegen der fadendünnen weichen Spindel sehr beweglich und biegsam. Die Blüthchen bestehen aus einer trichterförmigen Blüthen- hülle und aus einer handförmig zerschlitzten, am Rande lang gewimperten Deckschuppe (2. 3.) und im Grunde der Blüthenhülle 8--10 festsitzenden scharlachrothen Staubbeuteln. Die weiblichen Kätzchen gleichen den männlichen mit der Ausnahme, daß an Stelle der Staubgefäße ein Stempel steht, welcher an seiner Spitze 2 tiefgespaltene Narben trägt (5. 6.). Die Frucht (7.) ist eine zweiklappig aufspringende Kapsel (9.), welche zahlreiche sehr kleine von einem silberweißen Haarschopf umhüllte Samen einschließt (10.). Dadurch sehen die reifen ihren Samen ausschüttenden Kätzchen wegen der Alles verhüllenden seidenartigen Haarschöpfe ganz weiß und wollig aus (8.).
Die Blätter der Espe haben je nach dem Alter der Pflanze, ja sogar nach ihrer Stellung am Zweige eine sehr verschiedene Gestalt. An erwachsenen Bäumen und am Grunde der Langtriebe jüngerer Bäumchen und Sträucher sind sie fast rund (11.) mit kurz zugespitzter oder quer abgestutzter Spitze; Rand unregelmäßig gezahnt, fast wie buchtig ausgenagt, unten heller grau-grün als oben, mit beiderseits nur wenig, gegen die sonstige Regel oben fast noch mehr als unten, hervortretendem Blattgeäder und ganz kahl. Der Blattstiel lang, oft noch länger als das Blatt und breit gedrückt; er hat oben am Eintritt in die Blattfläche wie die meisten Pappelarten oft 2 Drüsen. Diese Eigenschaft des Blattstieles verursacht bei dem gelindesten Lufthauch das flimmernde Erzittern der Espenbelaubung und hat das Espenlaub zum Sprichwort gemacht. An dem obern Theile der Langtriebe junger Pflanzen und Büsche und noch mehr an jungen Wurzelausschlägen sind die Blätter herzförmig, dem Lindenblatt ähnlich, (S. 446 LXVIII. 1. oft an der Basis noch tiefer herzförmig) und zu- weilen, namentlich an letzteren sehr groß und in die Länge gezogen und behaart. Die jungen Blättchen entfalten sich durch von der Mittelrippe aus beiderseitige Aufwicklung (siehe S. 60. III. 7.) und sind Anfangs behaart und davon grüngrau, doch die Behaarung schnell verlierend und dann bis zur völligen Ausbildung bronzeartig braungrün. Die Blätter stehen undeutlich spiral geordnet und ziemlich weitläufig.
ſind den Winter über in großen faſt kugeligen ſpitzen, glänzend gelbbraunen Knospen eingeſchloſſen (S. 63. IV. 5.). Die männlichen Kätzchen ſind 3—4 Zoll lang und wegen der fadendünnen weichen Spindel ſehr beweglich und biegſam. Die Blüthchen beſtehen aus einer trichterförmigen Blüthen- hülle und aus einer handförmig zerſchlitzten, am Rande lang gewimperten Deckſchuppe (2. 3.) und im Grunde der Blüthenhülle 8—10 feſtſitzenden ſcharlachrothen Staubbeuteln. Die weiblichen Kätzchen gleichen den männlichen mit der Ausnahme, daß an Stelle der Staubgefäße ein Stempel ſteht, welcher an ſeiner Spitze 2 tiefgeſpaltene Narben trägt (5. 6.). Die Frucht (7.) iſt eine zweiklappig aufſpringende Kapſel (9.), welche zahlreiche ſehr kleine von einem ſilberweißen Haarſchopf umhüllte Samen einſchließt (10.). Dadurch ſehen die reifen ihren Samen ausſchüttenden Kätzchen wegen der Alles verhüllenden ſeidenartigen Haarſchöpfe ganz weiß und wollig aus (8.).
Die Blätter der Espe haben je nach dem Alter der Pflanze, ja ſogar nach ihrer Stellung am Zweige eine ſehr verſchiedene Geſtalt. An erwachſenen Bäumen und am Grunde der Langtriebe jüngerer Bäumchen und Sträucher ſind ſie faſt rund (11.) mit kurz zugeſpitzter oder quer abgeſtutzter Spitze; Rand unregelmäßig gezahnt, faſt wie buchtig ausgenagt, unten heller grau-grün als oben, mit beiderſeits nur wenig, gegen die ſonſtige Regel oben faſt noch mehr als unten, hervortretendem Blattgeäder und ganz kahl. Der Blattſtiel lang, oft noch länger als das Blatt und breit gedrückt; er hat oben am Eintritt in die Blattfläche wie die meiſten Pappelarten oft 2 Drüſen. Dieſe Eigenſchaft des Blattſtieles verurſacht bei dem gelindeſten Lufthauch das flimmernde Erzittern der Espenbelaubung und hat das Espenlaub zum Sprichwort gemacht. An dem obern Theile der Langtriebe junger Pflanzen und Büſche und noch mehr an jungen Wurzelausſchlägen ſind die Blätter herzförmig, dem Lindenblatt ähnlich, (S. 446 LXVIII. 1. oft an der Baſis noch tiefer herzförmig) und zu- weilen, namentlich an letzteren ſehr groß und in die Länge gezogen und behaart. Die jungen Blättchen entfalten ſich durch von der Mittelrippe aus beiderſeitige Aufwicklung (ſiehe S. 60. III. 7.) und ſind Anfangs behaart und davon grüngrau, doch die Behaarung ſchnell verlierend und dann bis zur völligen Ausbildung bronzeartig braungrün. Die Blätter ſtehen undeutlich ſpiral geordnet und ziemlich weitläufig.
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ſind den Winter über in großen faſt kugeligen ſpitzen, glänzend gelbbraunen
Knospen eingeſchloſſen (S. 63. IV. 5.). Die männlichen Kätzchen ſind
3—4 Zoll lang und wegen der fadendünnen weichen Spindel ſehr beweglich
und biegſam. Die Blüthchen beſtehen aus einer trichterförmigen Blüthen-
hülle und aus einer handförmig zerſchlitzten, am Rande lang gewimperten
Deckſchuppe (2. 3.) und im Grunde der Blüthenhülle 8—10 feſtſitzenden
ſcharlachrothen Staubbeuteln. Die weiblichen Kätzchen gleichen den
männlichen mit der Ausnahme, daß an Stelle der Staubgefäße ein
Stempel ſteht, welcher an ſeiner Spitze 2 tiefgeſpaltene Narben trägt (5.
6.). Die Frucht (7.) iſt eine zweiklappig aufſpringende Kapſel (9.), welche
zahlreiche ſehr kleine von einem ſilberweißen Haarſchopf umhüllte Samen
einſchließt (10.). Dadurch ſehen die reifen ihren Samen ausſchüttenden
Kätzchen wegen der Alles verhüllenden ſeidenartigen Haarſchöpfe ganz weiß
und wollig aus (8.).
Die Blätter der Espe haben je nach dem Alter der Pflanze, ja
ſogar nach ihrer Stellung am Zweige eine ſehr verſchiedene Geſtalt. An
erwachſenen Bäumen und am Grunde der Langtriebe jüngerer Bäumchen
und Sträucher ſind ſie faſt rund (11.) mit kurz zugeſpitzter oder quer
abgeſtutzter Spitze; Rand unregelmäßig gezahnt, faſt wie buchtig ausgenagt,
unten heller grau-grün als oben, mit beiderſeits nur wenig, gegen die
ſonſtige Regel oben faſt noch mehr als unten, hervortretendem Blattgeäder
und ganz kahl. Der Blattſtiel lang, oft noch länger als das Blatt und
breit gedrückt; er hat oben am Eintritt in die Blattfläche wie die meiſten
Pappelarten oft 2 Drüſen. Dieſe Eigenſchaft des Blattſtieles verurſacht bei
dem gelindeſten Lufthauch das flimmernde Erzittern der Espenbelaubung
und hat das Espenlaub zum Sprichwort gemacht. An dem obern Theile
der Langtriebe junger Pflanzen und Büſche und noch mehr an jungen
Wurzelausſchlägen ſind die Blätter herzförmig, dem Lindenblatt ähnlich,
(S. 446 LXVIII. 1. oft an der Baſis noch tiefer herzförmig) und zu-
weilen, namentlich an letzteren ſehr groß und in die Länge gezogen und
behaart. Die jungen Blättchen entfalten ſich durch von der Mittelrippe
aus beiderſeitige Aufwicklung (ſiehe S. 60. III. 7.) und ſind Anfangs
behaart und davon grüngrau, doch die Behaarung ſchnell verlierend und
dann bis zur völligen Ausbildung bronzeartig braungrün. Die Blätter
ſtehen undeutlich ſpiral geordnet und ziemlich weitläufig.
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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/484>, abgerufen am 23.12.2024.
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