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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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und, wenigstens im Trocknen, sehr dauerhaft ist. Das Mark besteht wie
bei der Buche nur aus Kreisschichtzellen (S. 87), ist sehr dünn und auf
dem Querschnitt eckig. Splint und Kern sind am Hornbaumstamme nicht
zu unterscheiden und der Hornbaum ist daher nach Nördlingers Be-
zeichnung ein "Splintbaum."

Die Krone des Hornbaums wölbt sich nie so vollkommen wolken-
oder domartig ab wie die der Buche. Im Schlusse nimmt sie eine eirunde
Gestalt an und behält fast immer einen erkennbar bleibenden Wipfel bei.
Freistehend zeigt sich die Krone sehr in die Breite gezogen, zerrissen und
durchsichtig locker. Keiner unserer Laubbäume zeigt überhaupt eine so
große Manchfaltigkeit und in der Astbildung und Stellung so abenteuerliche
Verhältnisse als der Hornbaum.

Die Wurzel verläuft wie bei der Fichte flach im Boden, bildet
keine Pfahlwurzel sondern nur schwache ziemlich weitreichende Aeste, deren
Ansatz am Stocke oft knorrige Buckel bildet.

Vergleicht man den Hornbaum mit der Buche in ästhetischer, gewisser-
maßen in einer Auffassung seiner als Person, so unterscheidet er sich von
der munteren eleganten Buche mit ihrem schönen glatten walzenrunden
Stamme durch eine gewisse Trockenheit, etwas dürr Knochiges, man möchte
sagen Abgemagertes, was hauptsächlich durch seinen spannrückigen Stamm-
wuchs hervorgebracht wird. Selbst das Blatt unterscheidet sich von den
Buchenblatte durch seine dünne, trockne, fast saftlose Beschaffenheit. Dieser
Charakter des Hornbaumes ist auf unserem Kupferstiche sehr gut wieder-
gegeben.

Fig. LXI. 3. zeigt uns das am Rande tiefer eingeschnittene Blatt einer
Spielart, welche wohl nur durch künstliche Veredlung fortzupflanzen sein
wird. Im Leipziger botanischen Garten steht ein alter Hornbaum an
welchem nur einige Aeste solche Blätter tragen. Fig. 1. und 2. stellen das
Buchen- und das Hornbaumblatt zu genauerer Vergleichung nebeneinander.

Den Standort verlangt der Hornbaum ungefähr eben so wie die
Buche, mit welcher er sich daher auch in den Vorbergen sehr häufig in
Vermischung findet. Er ist jedoch etwas genügsamer und nimmt auch mit
trockenem Boden fürlieb.

Die Verbreitung des Hornbaums beschränkt sich in der Hauptsache
auf Deutschland und dessen westliche und östliche Nachbargebiete und ist

und, wenigſtens im Trocknen, ſehr dauerhaft iſt. Das Mark beſteht wie
bei der Buche nur aus Kreisſchichtzellen (S. 87), iſt ſehr dünn und auf
dem Querſchnitt eckig. Splint und Kern ſind am Hornbaumſtamme nicht
zu unterſcheiden und der Hornbaum iſt daher nach Nördlingers Be-
zeichnung ein „Splintbaum.“

Die Krone des Hornbaums wölbt ſich nie ſo vollkommen wolken-
oder domartig ab wie die der Buche. Im Schluſſe nimmt ſie eine eirunde
Geſtalt an und behält faſt immer einen erkennbar bleibenden Wipfel bei.
Freiſtehend zeigt ſich die Krone ſehr in die Breite gezogen, zerriſſen und
durchſichtig locker. Keiner unſerer Laubbäume zeigt überhaupt eine ſo
große Manchfaltigkeit und in der Aſtbildung und Stellung ſo abenteuerliche
Verhältniſſe als der Hornbaum.

Die Wurzel verläuft wie bei der Fichte flach im Boden, bildet
keine Pfahlwurzel ſondern nur ſchwache ziemlich weitreichende Aeſte, deren
Anſatz am Stocke oft knorrige Buckel bildet.

Vergleicht man den Hornbaum mit der Buche in äſthetiſcher, gewiſſer-
maßen in einer Auffaſſung ſeiner als Perſon, ſo unterſcheidet er ſich von
der munteren eleganten Buche mit ihrem ſchönen glatten walzenrunden
Stamme durch eine gewiſſe Trockenheit, etwas dürr Knochiges, man möchte
ſagen Abgemagertes, was hauptſächlich durch ſeinen ſpannrückigen Stamm-
wuchs hervorgebracht wird. Selbſt das Blatt unterſcheidet ſich von den
Buchenblatte durch ſeine dünne, trockne, faſt ſaftloſe Beſchaffenheit. Dieſer
Charakter des Hornbaumes iſt auf unſerem Kupferſtiche ſehr gut wieder-
gegeben.

Fig. LXI. 3. zeigt uns das am Rande tiefer eingeſchnittene Blatt einer
Spielart, welche wohl nur durch künſtliche Veredlung fortzupflanzen ſein
wird. Im Leipziger botaniſchen Garten ſteht ein alter Hornbaum an
welchem nur einige Aeſte ſolche Blätter tragen. Fig. 1. und 2. ſtellen das
Buchen- und das Hornbaumblatt zu genauerer Vergleichung nebeneinander.

Den Standort verlangt der Hornbaum ungefähr eben ſo wie die
Buche, mit welcher er ſich daher auch in den Vorbergen ſehr häufig in
Vermiſchung findet. Er iſt jedoch etwas genügſamer und nimmt auch mit
trockenem Boden fürlieb.

Die Verbreitung des Hornbaums beſchränkt ſich in der Hauptſache
auf Deutſchland und deſſen weſtliche und öſtliche Nachbargebiete und iſt

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[410/0448] und, wenigſtens im Trocknen, ſehr dauerhaft iſt. Das Mark beſteht wie bei der Buche nur aus Kreisſchichtzellen (S. 87), iſt ſehr dünn und auf dem Querſchnitt eckig. Splint und Kern ſind am Hornbaumſtamme nicht zu unterſcheiden und der Hornbaum iſt daher nach Nördlingers Be- zeichnung ein „Splintbaum.“ Die Krone des Hornbaums wölbt ſich nie ſo vollkommen wolken- oder domartig ab wie die der Buche. Im Schluſſe nimmt ſie eine eirunde Geſtalt an und behält faſt immer einen erkennbar bleibenden Wipfel bei. Freiſtehend zeigt ſich die Krone ſehr in die Breite gezogen, zerriſſen und durchſichtig locker. Keiner unſerer Laubbäume zeigt überhaupt eine ſo große Manchfaltigkeit und in der Aſtbildung und Stellung ſo abenteuerliche Verhältniſſe als der Hornbaum. Die Wurzel verläuft wie bei der Fichte flach im Boden, bildet keine Pfahlwurzel ſondern nur ſchwache ziemlich weitreichende Aeſte, deren Anſatz am Stocke oft knorrige Buckel bildet. Vergleicht man den Hornbaum mit der Buche in äſthetiſcher, gewiſſer- maßen in einer Auffaſſung ſeiner als Perſon, ſo unterſcheidet er ſich von der munteren eleganten Buche mit ihrem ſchönen glatten walzenrunden Stamme durch eine gewiſſe Trockenheit, etwas dürr Knochiges, man möchte ſagen Abgemagertes, was hauptſächlich durch ſeinen ſpannrückigen Stamm- wuchs hervorgebracht wird. Selbſt das Blatt unterſcheidet ſich von den Buchenblatte durch ſeine dünne, trockne, faſt ſaftloſe Beſchaffenheit. Dieſer Charakter des Hornbaumes iſt auf unſerem Kupferſtiche ſehr gut wieder- gegeben. Fig. LXI. 3. zeigt uns das am Rande tiefer eingeſchnittene Blatt einer Spielart, welche wohl nur durch künſtliche Veredlung fortzupflanzen ſein wird. Im Leipziger botaniſchen Garten ſteht ein alter Hornbaum an welchem nur einige Aeſte ſolche Blätter tragen. Fig. 1. und 2. ſtellen das Buchen- und das Hornbaumblatt zu genauerer Vergleichung nebeneinander. Den Standort verlangt der Hornbaum ungefähr eben ſo wie die Buche, mit welcher er ſich daher auch in den Vorbergen ſehr häufig in Vermiſchung findet. Er iſt jedoch etwas genügſamer und nimmt auch mit trockenem Boden fürlieb. Die Verbreitung des Hornbaums beſchränkt ſich in der Hauptſache auf Deutſchland und deſſen weſtliche und öſtliche Nachbargebiete und iſt

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 410. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/448>, abgerufen am 26.11.2024.