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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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Das durchschnittlich erreichbare Lebensalter der Eiche wird oft über-
schätzt und es ist um so schwieriger durch Uebung eine Eiche nach dem
äußeren Ansehen schätzen zu lernen, da selten zwei neben einander er-
wachsene gleich alte Eichen gleiche Stärke zeigen. Auf fruchtbarem Auen-
boden, z. B. in der Niederung, die sich von Leipzig bis Merseburg er-
streckt, stehen oft imposante Eichen, welche wahrscheinlich kaum mehr als
400 Jahre alt sind, da die Bäume in der außerordentlich zusagenden
Lage ohne Zweifel ein sehr fördersames Wachsthum hatten. Da in
hohem Alter die Eichen leicht kernfaul werden, so ist es wahrscheinlich
nur der günstige Zufall eines geschützten Standortes, wodurch solche alte
Denkmäler vom Sturme nicht umgebrochen werden, während in der Regel
solchen alten innen ausgefaulten Veteranen, wenn sie nicht in frühern
Jahrhunderten gefällt worden sind, durch den Sturm ihr Lebensende
gesetzt werden mag. Es ist übrigens an stark ausgefaulten Stämmen
nicht mehr sicher die Zahl der Jahresringe zu ermitteln, und man muß
sich dann, unter Berücksichtigung des verschiedenen Zuwachsbetrages in den
verschiedenen Lebensperioden, damit begnügen, die Zahl der Jahresringe
des herausgefaulten Kernes zu schätzen.

Es sei hier hinsichtlich der Alterschätzung stehender Bäume auf Grund
des Stammdurchmessers ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß man
dabei leicht sehr irren kann, wenn man nicht genau die Bedingungen in
Anschlag bringt, unter denen ein zu schätzender Baum erwachsen ist. Bei
einem Durchmesser von 3 Ellen, also einem Halbmesser, vom Mark bis
zur Rinde, von 11/2 Elle, macht es für die zu schätzende Zahl der Jahres-
ringe einen gar sehr großen Unterschied, ob diese 2 oder 3 oder 4 Milli-
meter breit sind; und welche von diesen Breiten sie haben, das hängt eben
gar sehr von dem Standorte ab.

Von den zahlreichen Beispielen besonders starker Eichen, welche auf-
gezählt werden, ist das ungewöhnlichste eine Eiche bei Saintes im De-
partement Charente inferieure am Wege nach Cozes. Sie hat bei einer
Höhe von 60 par. Fuß einen unteren Durchmesser von 27 par. Fuß
8 Zoll, fünf Fuß höher 211/2 Fuß und am ersten Aste noch 6 Fuß.
Im dem Stamme befindet sich ein hohler Raum von 10--12 Fuß Weite
und 9 Fuß Höhe mit einer halbrunden in das lebendige Holz einge-
schnittenen Bank. Das Alter der Eiche wird auf 2000 Jahre geschätzt.

Das durchſchnittlich erreichbare Lebensalter der Eiche wird oft über-
ſchätzt und es iſt um ſo ſchwieriger durch Uebung eine Eiche nach dem
äußeren Anſehen ſchätzen zu lernen, da ſelten zwei neben einander er-
wachſene gleich alte Eichen gleiche Stärke zeigen. Auf fruchtbarem Auen-
boden, z. B. in der Niederung, die ſich von Leipzig bis Merſeburg er-
ſtreckt, ſtehen oft impoſante Eichen, welche wahrſcheinlich kaum mehr als
400 Jahre alt ſind, da die Bäume in der außerordentlich zuſagenden
Lage ohne Zweifel ein ſehr förderſames Wachsthum hatten. Da in
hohem Alter die Eichen leicht kernfaul werden, ſo iſt es wahrſcheinlich
nur der günſtige Zufall eines geſchützten Standortes, wodurch ſolche alte
Denkmäler vom Sturme nicht umgebrochen werden, während in der Regel
ſolchen alten innen ausgefaulten Veteranen, wenn ſie nicht in frühern
Jahrhunderten gefällt worden ſind, durch den Sturm ihr Lebensende
geſetzt werden mag. Es iſt übrigens an ſtark ausgefaulten Stämmen
nicht mehr ſicher die Zahl der Jahresringe zu ermitteln, und man muß
ſich dann, unter Berückſichtigung des verſchiedenen Zuwachsbetrages in den
verſchiedenen Lebensperioden, damit begnügen, die Zahl der Jahresringe
des herausgefaulten Kernes zu ſchätzen.

Es ſei hier hinſichtlich der Alterſchätzung ſtehender Bäume auf Grund
des Stammdurchmeſſers ausdrücklich darauf aufmerkſam gemacht, daß man
dabei leicht ſehr irren kann, wenn man nicht genau die Bedingungen in
Anſchlag bringt, unter denen ein zu ſchätzender Baum erwachſen iſt. Bei
einem Durchmeſſer von 3 Ellen, alſo einem Halbmeſſer, vom Mark bis
zur Rinde, von 1½ Elle, macht es für die zu ſchätzende Zahl der Jahres-
ringe einen gar ſehr großen Unterſchied, ob dieſe 2 oder 3 oder 4 Milli-
meter breit ſind; und welche von dieſen Breiten ſie haben, das hängt eben
gar ſehr von dem Standorte ab.

Von den zahlreichen Beiſpielen beſonders ſtarker Eichen, welche auf-
gezählt werden, iſt das ungewöhnlichſte eine Eiche bei Saintes im De-
partement Charente inferieure am Wege nach Cozes. Sie hat bei einer
Höhe von 60 par. Fuß einen unteren Durchmeſſer von 27 par. Fuß
8 Zoll, fünf Fuß höher 21½ Fuß und am erſten Aſte noch 6 Fuß.
Im dem Stamme befindet ſich ein hohler Raum von 10—12 Fuß Weite
und 9 Fuß Höhe mit einer halbrunden in das lebendige Holz einge-
ſchnittenen Bank. Das Alter der Eiche wird auf 2000 Jahre geſchätzt.

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[392/0430] Das durchſchnittlich erreichbare Lebensalter der Eiche wird oft über- ſchätzt und es iſt um ſo ſchwieriger durch Uebung eine Eiche nach dem äußeren Anſehen ſchätzen zu lernen, da ſelten zwei neben einander er- wachſene gleich alte Eichen gleiche Stärke zeigen. Auf fruchtbarem Auen- boden, z. B. in der Niederung, die ſich von Leipzig bis Merſeburg er- ſtreckt, ſtehen oft impoſante Eichen, welche wahrſcheinlich kaum mehr als 400 Jahre alt ſind, da die Bäume in der außerordentlich zuſagenden Lage ohne Zweifel ein ſehr förderſames Wachsthum hatten. Da in hohem Alter die Eichen leicht kernfaul werden, ſo iſt es wahrſcheinlich nur der günſtige Zufall eines geſchützten Standortes, wodurch ſolche alte Denkmäler vom Sturme nicht umgebrochen werden, während in der Regel ſolchen alten innen ausgefaulten Veteranen, wenn ſie nicht in frühern Jahrhunderten gefällt worden ſind, durch den Sturm ihr Lebensende geſetzt werden mag. Es iſt übrigens an ſtark ausgefaulten Stämmen nicht mehr ſicher die Zahl der Jahresringe zu ermitteln, und man muß ſich dann, unter Berückſichtigung des verſchiedenen Zuwachsbetrages in den verſchiedenen Lebensperioden, damit begnügen, die Zahl der Jahresringe des herausgefaulten Kernes zu ſchätzen. Es ſei hier hinſichtlich der Alterſchätzung ſtehender Bäume auf Grund des Stammdurchmeſſers ausdrücklich darauf aufmerkſam gemacht, daß man dabei leicht ſehr irren kann, wenn man nicht genau die Bedingungen in Anſchlag bringt, unter denen ein zu ſchätzender Baum erwachſen iſt. Bei einem Durchmeſſer von 3 Ellen, alſo einem Halbmeſſer, vom Mark bis zur Rinde, von 1½ Elle, macht es für die zu ſchätzende Zahl der Jahres- ringe einen gar ſehr großen Unterſchied, ob dieſe 2 oder 3 oder 4 Milli- meter breit ſind; und welche von dieſen Breiten ſie haben, das hängt eben gar ſehr von dem Standorte ab. Von den zahlreichen Beiſpielen beſonders ſtarker Eichen, welche auf- gezählt werden, iſt das ungewöhnlichſte eine Eiche bei Saintes im De- partement Charente inferieure am Wege nach Cozes. Sie hat bei einer Höhe von 60 par. Fuß einen unteren Durchmeſſer von 27 par. Fuß 8 Zoll, fünf Fuß höher 21½ Fuß und am erſten Aſte noch 6 Fuß. Im dem Stamme befindet ſich ein hohler Raum von 10—12 Fuß Weite und 9 Fuß Höhe mit einer halbrunden in das lebendige Holz einge- ſchnittenen Bank. Das Alter der Eiche wird auf 2000 Jahre geſchätzt.

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/430>, abgerufen am 28.11.2024.