4 Organenkreise in einer Blüthe beisammen, wie es bei den höheren Gewächsen der Fall ist. Neben den Staubgefäßen und Stempeln, den fruchtbildenden Haupttheilen einer Blüthe, sind Krone und Kelch meist nur auf einfache Schuppen beschränkt. Dadurch ermangeln die Kätzchen- bäume, wenn wir die leuchtend gelben männlichen Blüthenkätzchen der Weiden abrechnen, alles in die Augen fallenden Blüthenschmuckes.
An den Früchten zeigen sich sehr erhebliche Verschiedenheiten und geben Veranlassung zu einer Gliederung der Familie in Unterabtheilungen von denen drei für uns maßgebend sind: 1) die Weidenartigen, Sa- licineen: Weiden und Pappeln; 2) die Birkenartigen, Betulineen: Birken und Erlen, und 3) die Eichelfrüchtigen, Cupuliferen: Buche, Eichen, Hornbaum, Hasel. Wir werden später finden, daß die Früchte dieser Unterfamilien, von denen die Eicheln, Haselnüsse und Bucheckern allgemein bekannt sind, in hohem Grade von einander abweichen, indem z. B. die der Weiden und Pappeln auch zu den winzigsten gehören, die es giebt.
Der Laubcharakter der Kätzchenbäume charakterisirt sich am ver- schiedensten durch das Weiden-, Pappel-, Buchen-, Birken- und Eichen- blatt; die übrigen Blattformen schließen sich näher oder entfernter dem Buchenblatte an. Bei allen aber ist das Blatt einfach und nur bei den Eichen tief gelappt. Neben dem Blattstiele stehen immer zwei After- oder Nebenblättchen, welche aber meist hinfällig sind und also nur kurz nach der Entfaltung des Laubes vorhanden sind. Viele Weiden haben aber bleibende und sehr ansehnliche Nebenblättchen.
Die Verzweigung und der Kronenbau zeigt große Verschieden- heiten. Weiden und Birken haben große Neigung zur Langtrieb-Bildung, was bei den übrigen meist nur im jugendlichen Alter der Fall ist. Mit Ausnahme der Eichen zeigen die Kätzchenbäume auffallend dünne Triebe, am meisten Birke und Hornbaum.
In landschaftlicher Hinsicht sind es vorzüglich die Kätzchenbäume, welche den Charakter unseres Laubwaldes bilden, woran von den übrigen Laub- bäumen in diesem Grade nur noch die Rüstern Theil nehmen. Die Ahornarten und die Esche prägen dem Walde einen ganz abweichenden Laubcharakter auf, worin die ersteren den Eichen sehr nahe kommen würden, wenn sie den mächtigen Astbau hätten.
4 Organenkreiſe in einer Blüthe beiſammen, wie es bei den höheren Gewächſen der Fall iſt. Neben den Staubgefäßen und Stempeln, den fruchtbildenden Haupttheilen einer Blüthe, ſind Krone und Kelch meiſt nur auf einfache Schuppen beſchränkt. Dadurch ermangeln die Kätzchen- bäume, wenn wir die leuchtend gelben männlichen Blüthenkätzchen der Weiden abrechnen, alles in die Augen fallenden Blüthenſchmuckes.
An den Früchten zeigen ſich ſehr erhebliche Verſchiedenheiten und geben Veranlaſſung zu einer Gliederung der Familie in Unterabtheilungen von denen drei für uns maßgebend ſind: 1) die Weidenartigen, Sa- licineen: Weiden und Pappeln; 2) die Birkenartigen, Betulineen: Birken und Erlen, und 3) die Eichelfrüchtigen, Cupuliferen: Buche, Eichen, Hornbaum, Haſel. Wir werden ſpäter finden, daß die Früchte dieſer Unterfamilien, von denen die Eicheln, Haſelnüſſe und Bucheckern allgemein bekannt ſind, in hohem Grade von einander abweichen, indem z. B. die der Weiden und Pappeln auch zu den winzigſten gehören, die es giebt.
Der Laubcharakter der Kätzchenbäume charakteriſirt ſich am ver- ſchiedenſten durch das Weiden-, Pappel-, Buchen-, Birken- und Eichen- blatt; die übrigen Blattformen ſchließen ſich näher oder entfernter dem Buchenblatte an. Bei allen aber iſt das Blatt einfach und nur bei den Eichen tief gelappt. Neben dem Blattſtiele ſtehen immer zwei After- oder Nebenblättchen, welche aber meiſt hinfällig ſind und alſo nur kurz nach der Entfaltung des Laubes vorhanden ſind. Viele Weiden haben aber bleibende und ſehr anſehnliche Nebenblättchen.
Die Verzweigung und der Kronenbau zeigt große Verſchieden- heiten. Weiden und Birken haben große Neigung zur Langtrieb-Bildung, was bei den übrigen meiſt nur im jugendlichen Alter der Fall iſt. Mit Ausnahme der Eichen zeigen die Kätzchenbäume auffallend dünne Triebe, am meiſten Birke und Hornbaum.
In landſchaftlicher Hinſicht ſind es vorzüglich die Kätzchenbäume, welche den Charakter unſeres Laubwaldes bilden, woran von den übrigen Laub- bäumen in dieſem Grade nur noch die Rüſtern Theil nehmen. Die Ahornarten und die Eſche prägen dem Walde einen ganz abweichenden Laubcharakter auf, worin die erſteren den Eichen ſehr nahe kommen würden, wenn ſie den mächtigen Aſtbau hätten.
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4 Organenkreiſe in einer Blüthe beiſammen, wie es bei den höheren
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nur auf einfache Schuppen beſchränkt. Dadurch ermangeln die Kätzchen-
bäume, wenn wir die leuchtend gelben männlichen Blüthenkätzchen der
Weiden abrechnen, alles in die Augen fallenden Blüthenſchmuckes.
An den Früchten zeigen ſich ſehr erhebliche Verſchiedenheiten und
geben Veranlaſſung zu einer Gliederung der Familie in Unterabtheilungen
von denen drei für uns maßgebend ſind: 1) die Weidenartigen, Sa-
licineen: Weiden und Pappeln; 2) die Birkenartigen, Betulineen:
Birken und Erlen, und 3) die Eichelfrüchtigen, Cupuliferen: Buche,
Eichen, Hornbaum, Haſel. Wir werden ſpäter finden, daß die Früchte
dieſer Unterfamilien, von denen die Eicheln, Haſelnüſſe und Bucheckern
allgemein bekannt ſind, in hohem Grade von einander abweichen, indem
z. B. die der Weiden und Pappeln auch zu den winzigſten gehören,
die es giebt.
Der Laubcharakter der Kätzchenbäume charakteriſirt ſich am ver-
ſchiedenſten durch das Weiden-, Pappel-, Buchen-, Birken- und Eichen-
blatt; die übrigen Blattformen ſchließen ſich näher oder entfernter dem
Buchenblatte an. Bei allen aber iſt das Blatt einfach und nur bei den
Eichen tief gelappt. Neben dem Blattſtiele ſtehen immer zwei After- oder
Nebenblättchen, welche aber meiſt hinfällig ſind und alſo nur kurz nach
der Entfaltung des Laubes vorhanden ſind. Viele Weiden haben aber
bleibende und ſehr anſehnliche Nebenblättchen.
Die Verzweigung und der Kronenbau zeigt große Verſchieden-
heiten. Weiden und Birken haben große Neigung zur Langtrieb-Bildung,
was bei den übrigen meiſt nur im jugendlichen Alter der Fall iſt. Mit
Ausnahme der Eichen zeigen die Kätzchenbäume auffallend dünne Triebe,
am meiſten Birke und Hornbaum.
In landſchaftlicher Hinſicht ſind es vorzüglich die Kätzchenbäume, welche
den Charakter unſeres Laubwaldes bilden, woran von den übrigen Laub-
bäumen in dieſem Grade nur noch die Rüſtern Theil nehmen. Die
Ahornarten und die Eſche prägen dem Walde einen ganz abweichenden
Laubcharakter auf, worin die erſteren den Eichen ſehr nahe kommen würden,
wenn ſie den mächtigen Aſtbau hätten.
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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/400>, abgerufen am 21.11.2024.
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