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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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Gebirgsorten, macht sich die Vermischung von selbst, und man findet mit
der Fichte die Buche, Kiefer, Tanne, den Bergahorn, Hornbaum, Birke,
selbst Eiche und andere Laubholzarten vermischt und solche Orte bieten
dann, namentlich im färbenden Herbst, oft die schönsten Waldbilder.

Die Nachzucht der Fichte geschieht in sehr umfangreichen Revieren,
denen es an kultivirenden Kräften fehlt, oder in ganz besonders dazu
geeigneten Lagen wohl zuweilen durch natürliche Besamung (Holz-
zucht), meist aber durch künstliche Mittel, Saat oder Pflanzung
(Holzanbau) in manchfaltigen Abänderungen, von denen oben die Büschel-
pflanzung
schon genannt wurde. Je nach den Bodenverhältnissen
werden namentlich bei der Fichte -- jedoch auch bei andern Holzarten --
verschiedene Pflanzmethoden angewendet: Ballenpflanzung, wenn man
mehrere Schuh hohe Pflanzen mit dem Ballen aushebt und verpflanzt;
Hügelpflanzung, wobei die herausgenommene Pflanze nicht in ein
Pflanzloch, sondern auf die neue Pflanzstelle gesetzt und deren Wurzelstock
mit Erde umschüttet und auf diese Rasenstücke schräg angelegt werden,
jedoch so, daß um das Stämmchen herum noch eine kleine trichterförmige
Vertiefung bleibt.

Die Saat wird dadurch ungemein erleichtert, daß die Fichte ziemlich
häufige Samenjahre und auch eine mehrere Jahre aushaltende Keimkraft
des Samens hat, indem drei- und vierjähriger gut aufbewahrter Same
noch vollkommen keimfähig zu sein pflegt.

Daß die Benutzung der Fichte eine außerordentlich manchfaltige
und umfangreiche ist, braucht nicht erst hervorgehoben zu werden und
im Bauwesen übertrifft sie die Kiefer, welche nicht so lange Stämme
giebt, und die viel seltnere Tanne weit.

Einige Nebennutzungen, die die Fichte noch gewährt, und in denen
zum Theil die andern Nadelbäume mit ihr im gleichen Falle sind,
sind hier noch hervorzuheben. Die eine ist die Schneidelstreu. So
nennt man die von den gefällten Stämmen und von Durchforstungsreisig
und Stangen abgeschnittenen (geschneidelten) benadelten Zweigspitzen, um
sie als Streu für das Rindvieh und so zur Düngerbereitung zu ver-
wenden. Diese Benutzung der Fichte verdient um so mehr Beförderung,
als sie die andere nun noch zu erwähnende ersetzen kann. Sie ist uns
schon bekannt -- das heillose Streurechen, der "Zankapfel zwischen

Gebirgsorten, macht ſich die Vermiſchung von ſelbſt, und man findet mit
der Fichte die Buche, Kiefer, Tanne, den Bergahorn, Hornbaum, Birke,
ſelbſt Eiche und andere Laubholzarten vermiſcht und ſolche Orte bieten
dann, namentlich im färbenden Herbſt, oft die ſchönſten Waldbilder.

Die Nachzucht der Fichte geſchieht in ſehr umfangreichen Revieren,
denen es an kultivirenden Kräften fehlt, oder in ganz beſonders dazu
geeigneten Lagen wohl zuweilen durch natürliche Beſamung (Holz-
zucht), meiſt aber durch künſtliche Mittel, Saat oder Pflanzung
(Holzanbau) in manchfaltigen Abänderungen, von denen oben die Büſchel-
pflanzung
ſchon genannt wurde. Je nach den Bodenverhältniſſen
werden namentlich bei der Fichte — jedoch auch bei andern Holzarten —
verſchiedene Pflanzmethoden angewendet: Ballenpflanzung, wenn man
mehrere Schuh hohe Pflanzen mit dem Ballen aushebt und verpflanzt;
Hügelpflanzung, wobei die herausgenommene Pflanze nicht in ein
Pflanzloch, ſondern auf die neue Pflanzſtelle geſetzt und deren Wurzelſtock
mit Erde umſchüttet und auf dieſe Raſenſtücke ſchräg angelegt werden,
jedoch ſo, daß um das Stämmchen herum noch eine kleine trichterförmige
Vertiefung bleibt.

Die Saat wird dadurch ungemein erleichtert, daß die Fichte ziemlich
häufige Samenjahre und auch eine mehrere Jahre aushaltende Keimkraft
des Samens hat, indem drei- und vierjähriger gut aufbewahrter Same
noch vollkommen keimfähig zu ſein pflegt.

Daß die Benutzung der Fichte eine außerordentlich manchfaltige
und umfangreiche iſt, braucht nicht erſt hervorgehoben zu werden und
im Bauweſen übertrifft ſie die Kiefer, welche nicht ſo lange Stämme
giebt, und die viel ſeltnere Tanne weit.

Einige Nebennutzungen, die die Fichte noch gewährt, und in denen
zum Theil die andern Nadelbäume mit ihr im gleichen Falle ſind,
ſind hier noch hervorzuheben. Die eine iſt die Schneidelſtreu. So
nennt man die von den gefällten Stämmen und von Durchforſtungsreiſig
und Stangen abgeſchnittenen (geſchneidelten) benadelten Zweigſpitzen, um
ſie als Streu für das Rindvieh und ſo zur Düngerbereitung zu ver-
wenden. Dieſe Benutzung der Fichte verdient um ſo mehr Beförderung,
als ſie die andere nun noch zu erwähnende erſetzen kann. Sie iſt uns
ſchon bekannt — das heilloſe Streurechen, der „Zankapfel zwiſchen

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[322/0352] Gebirgsorten, macht ſich die Vermiſchung von ſelbſt, und man findet mit der Fichte die Buche, Kiefer, Tanne, den Bergahorn, Hornbaum, Birke, ſelbſt Eiche und andere Laubholzarten vermiſcht und ſolche Orte bieten dann, namentlich im färbenden Herbſt, oft die ſchönſten Waldbilder. Die Nachzucht der Fichte geſchieht in ſehr umfangreichen Revieren, denen es an kultivirenden Kräften fehlt, oder in ganz beſonders dazu geeigneten Lagen wohl zuweilen durch natürliche Beſamung (Holz- zucht), meiſt aber durch künſtliche Mittel, Saat oder Pflanzung (Holzanbau) in manchfaltigen Abänderungen, von denen oben die Büſchel- pflanzung ſchon genannt wurde. Je nach den Bodenverhältniſſen werden namentlich bei der Fichte — jedoch auch bei andern Holzarten — verſchiedene Pflanzmethoden angewendet: Ballenpflanzung, wenn man mehrere Schuh hohe Pflanzen mit dem Ballen aushebt und verpflanzt; Hügelpflanzung, wobei die herausgenommene Pflanze nicht in ein Pflanzloch, ſondern auf die neue Pflanzſtelle geſetzt und deren Wurzelſtock mit Erde umſchüttet und auf dieſe Raſenſtücke ſchräg angelegt werden, jedoch ſo, daß um das Stämmchen herum noch eine kleine trichterförmige Vertiefung bleibt. Die Saat wird dadurch ungemein erleichtert, daß die Fichte ziemlich häufige Samenjahre und auch eine mehrere Jahre aushaltende Keimkraft des Samens hat, indem drei- und vierjähriger gut aufbewahrter Same noch vollkommen keimfähig zu ſein pflegt. Daß die Benutzung der Fichte eine außerordentlich manchfaltige und umfangreiche iſt, braucht nicht erſt hervorgehoben zu werden und im Bauweſen übertrifft ſie die Kiefer, welche nicht ſo lange Stämme giebt, und die viel ſeltnere Tanne weit. Einige Nebennutzungen, die die Fichte noch gewährt, und in denen zum Theil die andern Nadelbäume mit ihr im gleichen Falle ſind, ſind hier noch hervorzuheben. Die eine iſt die Schneidelſtreu. So nennt man die von den gefällten Stämmen und von Durchforſtungsreiſig und Stangen abgeſchnittenen (geſchneidelten) benadelten Zweigſpitzen, um ſie als Streu für das Rindvieh und ſo zur Düngerbereitung zu ver- wenden. Dieſe Benutzung der Fichte verdient um ſo mehr Beförderung, als ſie die andere nun noch zu erwähnende erſetzen kann. Sie iſt uns ſchon bekannt — das heilloſe Streurechen, der „Zankapfel zwiſchen

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/352>, abgerufen am 22.12.2024.