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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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neuen Triebe, ein eigenthümliches Ansehen dadurch, daß diese senkrecht
aufgerichtet sind, und, weil die jungen Nadelpaare noch nicht weit aus der
silberglänzenden Scheide hervorgetreten sind, sich durch ihre helle Farbe
fast wie die Kerzen eines Christbäumchens von dem dunkeln Grün ab-
heben. Diese senkrechte Richtung und helle Farbe verschwindet aber in
wenigen Wochen, indem die Triebe eine mehr geneigte Richtung annehmen
und die grüne Farbe der lang hervorwachsenden Nadeln, die bald unschein-
bar werdende Scheidenfarbe verdrängt. Was die Benadelung der Kiefer
betrifft, so zeigt kein Baum hierin eine so große Verschiedenheit, indem
je nach der Güte des Standortes die Triebe mehr oder weniger zahlreich
und lang und die Nadeln bald sehr lang und kräftig, bald kurz und
dünn sind. Da die Nadellänge ansehnlich genug ist, bis 21/2 p. Z., um
daran erhebliche Unterschiede wahrnehmen zu können, so kann man aus
der Nadellänge, der dann auch die Trieblänge entspricht, an dem noch be-
nadelten Theile der Krone junger Kiefern den Grad der Fruchtbarkeit der
Jahrgänge erkennen, gerade so wie wir es auf S. 94 von den Jahres-
ringen lernten.

Einen eigenthümlichen Einfluß auf die Belaubung der Krone, also
auf die Ornamentik der Kiefer, üben in doppelter Weise die männlichen
Blüthenkätzchen aus. Ist auch, wie wir wissen, die Kiefer, wie alle
unsere echten Nadelholzarten ein monöcischer Baum, d. h. ein solcher,
welcher männliche Blüthen und weibliche Blüthen auf sich vereinigt, so
kommen doch sehr häufig solche Kiefern vor, die man fast vorzugsweise
männliche nennen möchte, weil sie, und zwar fast alljährlich, eine große
Fülle von männlichen Kätzchen und nur wenig weibliche Blüthenzäpfchen
tragen. Dies giebt solchen Bäumen während der Blüthezeit durch die
schwefelgelbe Farbe der männlichen Blüthenkätzchen ein eigenthümlich
freundliches Ansehen und eine ziemlich dichte Krone. Aber nach der
Blüthezeit haben gerade solche Bäume eine außerordentlich ärmliche und
durchsichtige Krone, weil die dicht und in großer Zahl zusammengedrängt
gewesenen Blüthenkätzchen nach ihrem bald erfolgenden Abfallen eine Menge
Lücken an den Trieben hinterlassen, was wir an dem Fig. XXX b. 2.
gezeichneten Triebe sehen.

Was die Wurzel der Kiefer betrifft, so dringt sie ziemlich tief
namentlich mit einer entschieden ausgebildeten Pfahlwurzel, in den

neuen Triebe, ein eigenthümliches Anſehen dadurch, daß dieſe ſenkrecht
aufgerichtet ſind, und, weil die jungen Nadelpaare noch nicht weit aus der
ſilberglänzenden Scheide hervorgetreten ſind, ſich durch ihre helle Farbe
faſt wie die Kerzen eines Chriſtbäumchens von dem dunkeln Grün ab-
heben. Dieſe ſenkrechte Richtung und helle Farbe verſchwindet aber in
wenigen Wochen, indem die Triebe eine mehr geneigte Richtung annehmen
und die grüne Farbe der lang hervorwachſenden Nadeln, die bald unſchein-
bar werdende Scheidenfarbe verdrängt. Was die Benadelung der Kiefer
betrifft, ſo zeigt kein Baum hierin eine ſo große Verſchiedenheit, indem
je nach der Güte des Standortes die Triebe mehr oder weniger zahlreich
und lang und die Nadeln bald ſehr lang und kräftig, bald kurz und
dünn ſind. Da die Nadellänge anſehnlich genug iſt, bis 2½ p. Z., um
daran erhebliche Unterſchiede wahrnehmen zu können, ſo kann man aus
der Nadellänge, der dann auch die Trieblänge entſpricht, an dem noch be-
nadelten Theile der Krone junger Kiefern den Grad der Fruchtbarkeit der
Jahrgänge erkennen, gerade ſo wie wir es auf S. 94 von den Jahres-
ringen lernten.

Einen eigenthümlichen Einfluß auf die Belaubung der Krone, alſo
auf die Ornamentik der Kiefer, üben in doppelter Weiſe die männlichen
Blüthenkätzchen aus. Iſt auch, wie wir wiſſen, die Kiefer, wie alle
unſere echten Nadelholzarten ein monöciſcher Baum, d. h. ein ſolcher,
welcher männliche Blüthen und weibliche Blüthen auf ſich vereinigt, ſo
kommen doch ſehr häufig ſolche Kiefern vor, die man faſt vorzugsweiſe
männliche nennen möchte, weil ſie, und zwar faſt alljährlich, eine große
Fülle von männlichen Kätzchen und nur wenig weibliche Blüthenzäpfchen
tragen. Dies giebt ſolchen Bäumen während der Blüthezeit durch die
ſchwefelgelbe Farbe der männlichen Blüthenkätzchen ein eigenthümlich
freundliches Anſehen und eine ziemlich dichte Krone. Aber nach der
Blüthezeit haben gerade ſolche Bäume eine außerordentlich ärmliche und
durchſichtige Krone, weil die dicht und in großer Zahl zuſammengedrängt
geweſenen Blüthenkätzchen nach ihrem bald erfolgenden Abfallen eine Menge
Lücken an den Trieben hinterlaſſen, was wir an dem Fig. XXX b. 2.
gezeichneten Triebe ſehen.

Was die Wurzel der Kiefer betrifft, ſo dringt ſie ziemlich tief
namentlich mit einer entſchieden ausgebildeten Pfahlwurzel, in den

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[262/0288] neuen Triebe, ein eigenthümliches Anſehen dadurch, daß dieſe ſenkrecht aufgerichtet ſind, und, weil die jungen Nadelpaare noch nicht weit aus der ſilberglänzenden Scheide hervorgetreten ſind, ſich durch ihre helle Farbe faſt wie die Kerzen eines Chriſtbäumchens von dem dunkeln Grün ab- heben. Dieſe ſenkrechte Richtung und helle Farbe verſchwindet aber in wenigen Wochen, indem die Triebe eine mehr geneigte Richtung annehmen und die grüne Farbe der lang hervorwachſenden Nadeln, die bald unſchein- bar werdende Scheidenfarbe verdrängt. Was die Benadelung der Kiefer betrifft, ſo zeigt kein Baum hierin eine ſo große Verſchiedenheit, indem je nach der Güte des Standortes die Triebe mehr oder weniger zahlreich und lang und die Nadeln bald ſehr lang und kräftig, bald kurz und dünn ſind. Da die Nadellänge anſehnlich genug iſt, bis 2½ p. Z., um daran erhebliche Unterſchiede wahrnehmen zu können, ſo kann man aus der Nadellänge, der dann auch die Trieblänge entſpricht, an dem noch be- nadelten Theile der Krone junger Kiefern den Grad der Fruchtbarkeit der Jahrgänge erkennen, gerade ſo wie wir es auf S. 94 von den Jahres- ringen lernten. Einen eigenthümlichen Einfluß auf die Belaubung der Krone, alſo auf die Ornamentik der Kiefer, üben in doppelter Weiſe die männlichen Blüthenkätzchen aus. Iſt auch, wie wir wiſſen, die Kiefer, wie alle unſere echten Nadelholzarten ein monöciſcher Baum, d. h. ein ſolcher, welcher männliche Blüthen und weibliche Blüthen auf ſich vereinigt, ſo kommen doch ſehr häufig ſolche Kiefern vor, die man faſt vorzugsweiſe männliche nennen möchte, weil ſie, und zwar faſt alljährlich, eine große Fülle von männlichen Kätzchen und nur wenig weibliche Blüthenzäpfchen tragen. Dies giebt ſolchen Bäumen während der Blüthezeit durch die ſchwefelgelbe Farbe der männlichen Blüthenkätzchen ein eigenthümlich freundliches Anſehen und eine ziemlich dichte Krone. Aber nach der Blüthezeit haben gerade ſolche Bäume eine außerordentlich ärmliche und durchſichtige Krone, weil die dicht und in großer Zahl zuſammengedrängt geweſenen Blüthenkätzchen nach ihrem bald erfolgenden Abfallen eine Menge Lücken an den Trieben hinterlaſſen, was wir an dem Fig. XXX b. 2. gezeichneten Triebe ſehen. Was die Wurzel der Kiefer betrifft, ſo dringt ſie ziemlich tief namentlich mit einer entſchieden ausgebildeten Pfahlwurzel, in den

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/288>, abgerufen am 23.12.2024.