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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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Am wenigsten bekannt ist der verwüstende Einfluß, den Schneedruck
und Duftdruck oder Eisanhang auf Nadelwaldungen ausübt, und
welcher um so weniger nachtheilig, obgleich nicht ganz einflußlos, auf
Laubhölzer ist, weil diese zur Winterszeit ebenfalls keine große Fläche dar-
bieten, auf welchen sich große Schneemassen anhäufen können, um Aeste
und Zweige oder ganze Bäume nieder zu ziehen und umzubrechen; es
ist daher eigentlich nur der Duftdruck oder Eisanhang eben an den Laub-
hölzern von erheblichem Nachtheil. In den Nadelwaldungen hingegen
ist der Einfluß großer Schneemassen, namentlich wenn sie bei abwechselndem
Thau- und Frostwetter fallen, außerordentlich bedeutend und man kann
sich kein traurigeres Bild vorstellen, als ein junges, kräftiges Fichten-
oder Kiefernstangenholz auf dessen Zweigen und Wipfeln festgefrorne
Schneemassen lasten. Während man, so lange der Schnee noch auf den
Bäumchen lastet, zuweilen die Verwüstung nicht sehr augenfällig findet,
weil der Schnee diese verhüllt, so entfaltet sich ein höchst betrübendes
Bild, nachdem der Schnee hinweggeschmolzen ist. Der Unkundige fragt
sich dann nach dem Grund, wodurch die doch sonst gesunde und kräftige
junge Baumwelt vor ihm in einem Zustande steht, als habe ein furcht-
barer Wirbelwind in ihr gehaust, welchem er auch ohne Bedenken diese
Wirkung zuschreiben wird. Man sieht nach allen Richtungen die Bäumchen
gekrümmt und verdrückt, niedergezogene Wipfel förmlich gegenseitig ver-
schlungen, andere abgebrochen oder geknickt, so daß es eine Unmöglichkeit
ist, in diesem Chaos hindurch zu kommen. Diejenigen Stämmchen,
welche durch den Schneedruck nur wenig aus ihrer geraden Richtung
gedrückt worden sind, richten sich zwar zum Theil allmälig wieder auf,
der abgebrochene Herztrieb anderer wird durch einen Seitentrieb, der sich
aufrichtet, jedoch nicht ohne Nachtheil für die Regelmäßigkeit des Stammes,
ersetzt; aber deren sind sehr häufig doch nur so wenig, daß man sich
dadurch nicht bestimmen lassen kann, auf eine Ausheilung des Bestandes
zu hoffen, sondern sich genöthigt sieht, denselben abzutreiben und dadurch
der so lachenden Hoffnung auf den Bestand für die Zukunft verlustig
zu werden.

Daß Waldbrände in Nadelwaldungen leichter verheerend werden
können als in Laubwaldungen, ergiebt sich leicht von selbst aus der
harzigen Beschaffenheit der Nadeln und Triebe der Nadelbäume.

Am wenigſten bekannt iſt der verwüſtende Einfluß, den Schneedruck
und Duftdruck oder Eisanhang auf Nadelwaldungen ausübt, und
welcher um ſo weniger nachtheilig, obgleich nicht ganz einflußlos, auf
Laubhölzer iſt, weil dieſe zur Winterszeit ebenfalls keine große Fläche dar-
bieten, auf welchen ſich große Schneemaſſen anhäufen können, um Aeſte
und Zweige oder ganze Bäume nieder zu ziehen und umzubrechen; es
iſt daher eigentlich nur der Duftdruck oder Eisanhang eben an den Laub-
hölzern von erheblichem Nachtheil. In den Nadelwaldungen hingegen
iſt der Einfluß großer Schneemaſſen, namentlich wenn ſie bei abwechſelndem
Thau- und Froſtwetter fallen, außerordentlich bedeutend und man kann
ſich kein traurigeres Bild vorſtellen, als ein junges, kräftiges Fichten-
oder Kiefernſtangenholz auf deſſen Zweigen und Wipfeln feſtgefrorne
Schneemaſſen laſten. Während man, ſo lange der Schnee noch auf den
Bäumchen laſtet, zuweilen die Verwüſtung nicht ſehr augenfällig findet,
weil der Schnee dieſe verhüllt, ſo entfaltet ſich ein höchſt betrübendes
Bild, nachdem der Schnee hinweggeſchmolzen iſt. Der Unkundige fragt
ſich dann nach dem Grund, wodurch die doch ſonſt geſunde und kräftige
junge Baumwelt vor ihm in einem Zuſtande ſteht, als habe ein furcht-
barer Wirbelwind in ihr gehauſt, welchem er auch ohne Bedenken dieſe
Wirkung zuſchreiben wird. Man ſieht nach allen Richtungen die Bäumchen
gekrümmt und verdrückt, niedergezogene Wipfel förmlich gegenſeitig ver-
ſchlungen, andere abgebrochen oder geknickt, ſo daß es eine Unmöglichkeit
iſt, in dieſem Chaos hindurch zu kommen. Diejenigen Stämmchen,
welche durch den Schneedruck nur wenig aus ihrer geraden Richtung
gedrückt worden ſind, richten ſich zwar zum Theil allmälig wieder auf,
der abgebrochene Herztrieb anderer wird durch einen Seitentrieb, der ſich
aufrichtet, jedoch nicht ohne Nachtheil für die Regelmäßigkeit des Stammes,
erſetzt; aber deren ſind ſehr häufig doch nur ſo wenig, daß man ſich
dadurch nicht beſtimmen laſſen kann, auf eine Ausheilung des Beſtandes
zu hoffen, ſondern ſich genöthigt ſieht, denſelben abzutreiben und dadurch
der ſo lachenden Hoffnung auf den Beſtand für die Zukunft verluſtig
zu werden.

Daß Waldbrände in Nadelwaldungen leichter verheerend werden
können als in Laubwaldungen, ergiebt ſich leicht von ſelbſt aus der
harzigen Beſchaffenheit der Nadeln und Triebe der Nadelbäume.

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[248/0272] Am wenigſten bekannt iſt der verwüſtende Einfluß, den Schneedruck und Duftdruck oder Eisanhang auf Nadelwaldungen ausübt, und welcher um ſo weniger nachtheilig, obgleich nicht ganz einflußlos, auf Laubhölzer iſt, weil dieſe zur Winterszeit ebenfalls keine große Fläche dar- bieten, auf welchen ſich große Schneemaſſen anhäufen können, um Aeſte und Zweige oder ganze Bäume nieder zu ziehen und umzubrechen; es iſt daher eigentlich nur der Duftdruck oder Eisanhang eben an den Laub- hölzern von erheblichem Nachtheil. In den Nadelwaldungen hingegen iſt der Einfluß großer Schneemaſſen, namentlich wenn ſie bei abwechſelndem Thau- und Froſtwetter fallen, außerordentlich bedeutend und man kann ſich kein traurigeres Bild vorſtellen, als ein junges, kräftiges Fichten- oder Kiefernſtangenholz auf deſſen Zweigen und Wipfeln feſtgefrorne Schneemaſſen laſten. Während man, ſo lange der Schnee noch auf den Bäumchen laſtet, zuweilen die Verwüſtung nicht ſehr augenfällig findet, weil der Schnee dieſe verhüllt, ſo entfaltet ſich ein höchſt betrübendes Bild, nachdem der Schnee hinweggeſchmolzen iſt. Der Unkundige fragt ſich dann nach dem Grund, wodurch die doch ſonſt geſunde und kräftige junge Baumwelt vor ihm in einem Zuſtande ſteht, als habe ein furcht- barer Wirbelwind in ihr gehauſt, welchem er auch ohne Bedenken dieſe Wirkung zuſchreiben wird. Man ſieht nach allen Richtungen die Bäumchen gekrümmt und verdrückt, niedergezogene Wipfel förmlich gegenſeitig ver- ſchlungen, andere abgebrochen oder geknickt, ſo daß es eine Unmöglichkeit iſt, in dieſem Chaos hindurch zu kommen. Diejenigen Stämmchen, welche durch den Schneedruck nur wenig aus ihrer geraden Richtung gedrückt worden ſind, richten ſich zwar zum Theil allmälig wieder auf, der abgebrochene Herztrieb anderer wird durch einen Seitentrieb, der ſich aufrichtet, jedoch nicht ohne Nachtheil für die Regelmäßigkeit des Stammes, erſetzt; aber deren ſind ſehr häufig doch nur ſo wenig, daß man ſich dadurch nicht beſtimmen laſſen kann, auf eine Ausheilung des Beſtandes zu hoffen, ſondern ſich genöthigt ſieht, denſelben abzutreiben und dadurch der ſo lachenden Hoffnung auf den Beſtand für die Zukunft verluſtig zu werden. Daß Waldbrände in Nadelwaldungen leichter verheerend werden können als in Laubwaldungen, ergiebt ſich leicht von ſelbſt aus der harzigen Beſchaffenheit der Nadeln und Triebe der Nadelbäume.

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/272>, abgerufen am 23.12.2024.