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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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Beschaffenheit und Organisation ihrer Blätter, Blüthen und Früchte auf
einer tieferen Stufe der Ausbildung stehen.

In den ältesten, Pflanzenversteinerungen führenden Erdschichten finden
wir den Beweis geliefert, daß die Nadelhölzer viel früher auf der Schau-
bühne des Lebens erschienen, als die Laubhölzer. Diese ihre frühere
Herrschaft hatten sie nicht blos in den früheren, bis zur Kreideformation
und den tertiären Schichten heraufreichenden Perioden des Erdlebens ver-
loren, sondern auch in unserer gegenwärtigen Periode und auf deutschem
Boden haben sie in früheren Jahrtausenden an Ausbreitung oft unter
den Laubhölzern gestanden. Viele Anzeigen sprechen dafür, daß Eichen-
und Buchenwaldungen in früheren Jahrhunderten in Deutschland vor-
herrschend, wenigstens viel ausgedehnter waren als gegenwärtig. Es ist
schon mehrmals vorgekommen, daß auf der Stelle, an der ein alter
Fichtenhochwaldbestand abgetrieben worden war, ein Buchenaufschlag er-
schien, der nur aus Bucheckern hervorgegangen sein konnte, welche so
lange im Boden geruht hatten, bis durch die Schlagräumung die Be-
dingungen des Keimens für sie gegeben waren. In solchen Fällen waren
offenbar Buchen von Fichten verdrängt worden. Gegenüber der Schwierig-
keit, die es ist, Bucheckern auch nur ein Jahr lang keimfähig zu erhalten,
ist diese Erscheinung doppelt interessant.

Dieses lange Zeiträume hindurch währende Zurückweichen der Nadel-
hölzer vor den Laubhölzern hat sich in neuerer Zeit in das Gegentheil
verkehrt, indem die Laubhölzer mehr und mehr an Terrain verlieren,
welches zum Theil vom Walde unbesetzt bleibt, zum großen Theil aber
von den Nadelhölzern erobert wird. Es ist daher nicht zu verkennen,
daß die Freunde der Laubhölzer in der Lage sind, ihre Lieblinge mehr
und mehr zu verlieren und an deren Stelle die Nadelbäume treten zu
sehen. Der Grund zu dieser wichtigen Erscheinung liegt in mehreren
sehr verschiedenen Umständen, unter denen selbst Folgeerscheinungen zu
neuen Ursachen werden. Die mehr und mehr steigende Bevölkerung
erheischt nicht nur mehr Bodenraum, sondern auch mehr Kulturfläche
für Feld- und Gartenbau. Diese Fläche kann man der Natur der Sache
nach nur in der Ebene suchen und im Gebirge nur bis zu einer be-
schränkten Höhe, über welche hinaus aus verschiedenen Gründen der
Feldbau gar nicht mehr oder nur mit großer Schwierigkeit zu betreiben

Beſchaffenheit und Organiſation ihrer Blätter, Blüthen und Früchte auf
einer tieferen Stufe der Ausbildung ſtehen.

In den älteſten, Pflanzenverſteinerungen führenden Erdſchichten finden
wir den Beweis geliefert, daß die Nadelhölzer viel früher auf der Schau-
bühne des Lebens erſchienen, als die Laubhölzer. Dieſe ihre frühere
Herrſchaft hatten ſie nicht blos in den früheren, bis zur Kreideformation
und den tertiären Schichten heraufreichenden Perioden des Erdlebens ver-
loren, ſondern auch in unſerer gegenwärtigen Periode und auf deutſchem
Boden haben ſie in früheren Jahrtauſenden an Ausbreitung oft unter
den Laubhölzern geſtanden. Viele Anzeigen ſprechen dafür, daß Eichen-
und Buchenwaldungen in früheren Jahrhunderten in Deutſchland vor-
herrſchend, wenigſtens viel ausgedehnter waren als gegenwärtig. Es iſt
ſchon mehrmals vorgekommen, daß auf der Stelle, an der ein alter
Fichtenhochwaldbeſtand abgetrieben worden war, ein Buchenaufſchlag er-
ſchien, der nur aus Bucheckern hervorgegangen ſein konnte, welche ſo
lange im Boden geruht hatten, bis durch die Schlagräumung die Be-
dingungen des Keimens für ſie gegeben waren. In ſolchen Fällen waren
offenbar Buchen von Fichten verdrängt worden. Gegenüber der Schwierig-
keit, die es iſt, Bucheckern auch nur ein Jahr lang keimfähig zu erhalten,
iſt dieſe Erſcheinung doppelt intereſſant.

Dieſes lange Zeiträume hindurch währende Zurückweichen der Nadel-
hölzer vor den Laubhölzern hat ſich in neuerer Zeit in das Gegentheil
verkehrt, indem die Laubhölzer mehr und mehr an Terrain verlieren,
welches zum Theil vom Walde unbeſetzt bleibt, zum großen Theil aber
von den Nadelhölzern erobert wird. Es iſt daher nicht zu verkennen,
daß die Freunde der Laubhölzer in der Lage ſind, ihre Lieblinge mehr
und mehr zu verlieren und an deren Stelle die Nadelbäume treten zu
ſehen. Der Grund zu dieſer wichtigen Erſcheinung liegt in mehreren
ſehr verſchiedenen Umſtänden, unter denen ſelbſt Folgeerſcheinungen zu
neuen Urſachen werden. Die mehr und mehr ſteigende Bevölkerung
erheiſcht nicht nur mehr Bodenraum, ſondern auch mehr Kulturfläche
für Feld- und Gartenbau. Dieſe Fläche kann man der Natur der Sache
nach nur in der Ebene ſuchen und im Gebirge nur bis zu einer be-
ſchränkten Höhe, über welche hinaus aus verſchiedenen Gründen der
Feldbau gar nicht mehr oder nur mit großer Schwierigkeit zu betreiben

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[242/0266] Beſchaffenheit und Organiſation ihrer Blätter, Blüthen und Früchte auf einer tieferen Stufe der Ausbildung ſtehen. In den älteſten, Pflanzenverſteinerungen führenden Erdſchichten finden wir den Beweis geliefert, daß die Nadelhölzer viel früher auf der Schau- bühne des Lebens erſchienen, als die Laubhölzer. Dieſe ihre frühere Herrſchaft hatten ſie nicht blos in den früheren, bis zur Kreideformation und den tertiären Schichten heraufreichenden Perioden des Erdlebens ver- loren, ſondern auch in unſerer gegenwärtigen Periode und auf deutſchem Boden haben ſie in früheren Jahrtauſenden an Ausbreitung oft unter den Laubhölzern geſtanden. Viele Anzeigen ſprechen dafür, daß Eichen- und Buchenwaldungen in früheren Jahrhunderten in Deutſchland vor- herrſchend, wenigſtens viel ausgedehnter waren als gegenwärtig. Es iſt ſchon mehrmals vorgekommen, daß auf der Stelle, an der ein alter Fichtenhochwaldbeſtand abgetrieben worden war, ein Buchenaufſchlag er- ſchien, der nur aus Bucheckern hervorgegangen ſein konnte, welche ſo lange im Boden geruht hatten, bis durch die Schlagräumung die Be- dingungen des Keimens für ſie gegeben waren. In ſolchen Fällen waren offenbar Buchen von Fichten verdrängt worden. Gegenüber der Schwierig- keit, die es iſt, Bucheckern auch nur ein Jahr lang keimfähig zu erhalten, iſt dieſe Erſcheinung doppelt intereſſant. Dieſes lange Zeiträume hindurch währende Zurückweichen der Nadel- hölzer vor den Laubhölzern hat ſich in neuerer Zeit in das Gegentheil verkehrt, indem die Laubhölzer mehr und mehr an Terrain verlieren, welches zum Theil vom Walde unbeſetzt bleibt, zum großen Theil aber von den Nadelhölzern erobert wird. Es iſt daher nicht zu verkennen, daß die Freunde der Laubhölzer in der Lage ſind, ihre Lieblinge mehr und mehr zu verlieren und an deren Stelle die Nadelbäume treten zu ſehen. Der Grund zu dieſer wichtigen Erſcheinung liegt in mehreren ſehr verſchiedenen Umſtänden, unter denen ſelbſt Folgeerſcheinungen zu neuen Urſachen werden. Die mehr und mehr ſteigende Bevölkerung erheiſcht nicht nur mehr Bodenraum, ſondern auch mehr Kulturfläche für Feld- und Gartenbau. Dieſe Fläche kann man der Natur der Sache nach nur in der Ebene ſuchen und im Gebirge nur bis zu einer be- ſchränkten Höhe, über welche hinaus aus verſchiedenen Gründen der Feldbau gar nicht mehr oder nur mit großer Schwierigkeit zu betreiben

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/266>, abgerufen am 23.12.2024.