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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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gehen kann. Ersteres (am Abhiebe) nicht, weil an einem vielleicht 2 Ellen
dicken Buchenstock am letzten, vielleicht zweihundertsten, Jahrringe keine
Blätter gestanden haben können und hier doch die Adventivknospen oft in
dichter Reihe nebeneinander zwischen diesem und der Rinde aus der jungen
Ueberwallungswulst hervorkommen; Letzteres (aus der Wurzel) deshalb nicht,
weil die Wurzel niemals Blätter hat, also auch keine Achsel-, mithin auch
keine schlafenden Knospen haben kann.

Am Stamme und älteren Aesten und Zweigen stehen die Ausschläge,
wenn man sie auch nicht auf eine noch nachweisbare schlafende Knospe --
die sozusagen vielleicht mehrere Jahrzehnte lang vergessen worden ist --
zurückführen kann, doch sehr ersichtlich in der Nähe solcher Stellen, wo
ein früherer Zweig abgeworfen worden ist, was sich bekanntlich in der
Regel durch Ringwarzen zu erkennen giebt, oder sie stehen am Grunde
stehen gebliebener Aststummel. Die geringste Wirkung der Erweckung
schlafender Knospen ist die, daß an erfrorenen Langtrieben die untersten
Knospen im nächsten Jahre zur Entwicklung kommen, die außerdem unent-
wickelt geblieben, eben schlafende Knospen geworden sein würden. An
einem in dem harten Winter 1860 erfrorenem, über 3 Fuß langen Mas-
holdertriebe ist von den 12 Knospenpaaren nur das unterste, wo das
Holz des Triebes am ausgereiftesten und deshalb nicht erfroren war, zur
Entwicklung gekommen, was im gewöhnlichen Verlaufe sicher nicht der
Fall gewesen sein würde.

Wie viel man von der nachträglichen Erweckung schlafender Knospen
erwarten darf, das sehen wir an der Kühnheit der Gärtner beim Be-
schneiden der Kugel-Akazien, wobei man oft kaum begreift, wie aus den
allein belassenen kurzen dicken Aststummeln neuer Ausschlag soll hervor-
kommen können. Jedoch in solchen Fällen geht derselbe gewiß wenigstens
zum Theil aus wirklichen, d. h. aus metamorphosirten Markstrahlen
kommenden Adventivknospen hervor.

Daß unsere meisten Laubhölzer aus dem Stocke, dem Fuße des
Stammes, reichlich ausschlagen, ist allgemein bekannt, obgleich auch hierin
die eine Art die andere übertrifft. Hier sind die Knospen wahrscheinlich
meist als echte Adventivknospen zu betrachten. Der Stockausschlag bedingt
die sonderbare Erscheinung, daß man von einer Pflanze im Verlaufe vieler
Jahrzehnte eine mehrmalige Holznutzung erzielt, indem man nach einer

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gehen kann. Erſteres (am Abhiebe) nicht, weil an einem vielleicht 2 Ellen
dicken Buchenſtock am letzten, vielleicht zweihundertſten, Jahrringe keine
Blätter geſtanden haben können und hier doch die Adventivknospen oft in
dichter Reihe nebeneinander zwiſchen dieſem und der Rinde aus der jungen
Ueberwallungswulſt hervorkommen; Letzteres (aus der Wurzel) deshalb nicht,
weil die Wurzel niemals Blätter hat, alſo auch keine Achſel-, mithin auch
keine ſchlafenden Knospen haben kann.

Am Stamme und älteren Aeſten und Zweigen ſtehen die Ausſchläge,
wenn man ſie auch nicht auf eine noch nachweisbare ſchlafende Knospe —
die ſozuſagen vielleicht mehrere Jahrzehnte lang vergeſſen worden iſt —
zurückführen kann, doch ſehr erſichtlich in der Nähe ſolcher Stellen, wo
ein früherer Zweig abgeworfen worden iſt, was ſich bekanntlich in der
Regel durch Ringwarzen zu erkennen giebt, oder ſie ſtehen am Grunde
ſtehen gebliebener Aſtſtummel. Die geringſte Wirkung der Erweckung
ſchlafender Knospen iſt die, daß an erfrorenen Langtrieben die unterſten
Knospen im nächſten Jahre zur Entwicklung kommen, die außerdem unent-
wickelt geblieben, eben ſchlafende Knospen geworden ſein würden. An
einem in dem harten Winter 1860 erfrorenem, über 3 Fuß langen Mas-
holdertriebe iſt von den 12 Knospenpaaren nur das unterſte, wo das
Holz des Triebes am ausgereifteſten und deshalb nicht erfroren war, zur
Entwicklung gekommen, was im gewöhnlichen Verlaufe ſicher nicht der
Fall geweſen ſein würde.

Wie viel man von der nachträglichen Erweckung ſchlafender Knospen
erwarten darf, das ſehen wir an der Kühnheit der Gärtner beim Be-
ſchneiden der Kugel-Akazien, wobei man oft kaum begreift, wie aus den
allein belaſſenen kurzen dicken Aſtſtummeln neuer Ausſchlag ſoll hervor-
kommen können. Jedoch in ſolchen Fällen geht derſelbe gewiß wenigſtens
zum Theil aus wirklichen, d. h. aus metamorphoſirten Markſtrahlen
kommenden Adventivknospen hervor.

Daß unſere meiſten Laubhölzer aus dem Stocke, dem Fuße des
Stammes, reichlich ausſchlagen, iſt allgemein bekannt, obgleich auch hierin
die eine Art die andere übertrifft. Hier ſind die Knospen wahrſcheinlich
meiſt als echte Adventivknospen zu betrachten. Der Stockausſchlag bedingt
die ſonderbare Erſcheinung, daß man von einer Pflanze im Verlaufe vieler
Jahrzehnte eine mehrmalige Holznutzung erzielt, indem man nach einer

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[195/0219] gehen kann. Erſteres (am Abhiebe) nicht, weil an einem vielleicht 2 Ellen dicken Buchenſtock am letzten, vielleicht zweihundertſten, Jahrringe keine Blätter geſtanden haben können und hier doch die Adventivknospen oft in dichter Reihe nebeneinander zwiſchen dieſem und der Rinde aus der jungen Ueberwallungswulſt hervorkommen; Letzteres (aus der Wurzel) deshalb nicht, weil die Wurzel niemals Blätter hat, alſo auch keine Achſel-, mithin auch keine ſchlafenden Knospen haben kann. Am Stamme und älteren Aeſten und Zweigen ſtehen die Ausſchläge, wenn man ſie auch nicht auf eine noch nachweisbare ſchlafende Knospe — die ſozuſagen vielleicht mehrere Jahrzehnte lang vergeſſen worden iſt — zurückführen kann, doch ſehr erſichtlich in der Nähe ſolcher Stellen, wo ein früherer Zweig abgeworfen worden iſt, was ſich bekanntlich in der Regel durch Ringwarzen zu erkennen giebt, oder ſie ſtehen am Grunde ſtehen gebliebener Aſtſtummel. Die geringſte Wirkung der Erweckung ſchlafender Knospen iſt die, daß an erfrorenen Langtrieben die unterſten Knospen im nächſten Jahre zur Entwicklung kommen, die außerdem unent- wickelt geblieben, eben ſchlafende Knospen geworden ſein würden. An einem in dem harten Winter 1860 erfrorenem, über 3 Fuß langen Mas- holdertriebe iſt von den 12 Knospenpaaren nur das unterſte, wo das Holz des Triebes am ausgereifteſten und deshalb nicht erfroren war, zur Entwicklung gekommen, was im gewöhnlichen Verlaufe ſicher nicht der Fall geweſen ſein würde. Wie viel man von der nachträglichen Erweckung ſchlafender Knospen erwarten darf, das ſehen wir an der Kühnheit der Gärtner beim Be- ſchneiden der Kugel-Akazien, wobei man oft kaum begreift, wie aus den allein belaſſenen kurzen dicken Aſtſtummeln neuer Ausſchlag ſoll hervor- kommen können. Jedoch in ſolchen Fällen geht derſelbe gewiß wenigſtens zum Theil aus wirklichen, d. h. aus metamorphoſirten Markſtrahlen kommenden Adventivknospen hervor. Daß unſere meiſten Laubhölzer aus dem Stocke, dem Fuße des Stammes, reichlich ausſchlagen, iſt allgemein bekannt, obgleich auch hierin die eine Art die andere übertrifft. Hier ſind die Knospen wahrſcheinlich meiſt als echte Adventivknospen zu betrachten. Der Stockausſchlag bedingt die ſonderbare Erſcheinung, daß man von einer Pflanze im Verlaufe vieler Jahrzehnte eine mehrmalige Holznutzung erzielt, indem man nach einer 13*

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/219>, abgerufen am 22.12.2024.