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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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Gesetz die Macht der äußeren Einflüsse ein entscheidendes Wort mit zu
reden, ebenso wie es bekannt ist, daß bei den Obstbäumen die kundige
Uebung des Beschneidens es vermag, einen Baum früher als gewöhnlich
tragbar zu machen.

Die Tragbarkeit tritt wie leicht begreiflich bei denjenigen Holzarten
früher ein, welchen im allgemeinen eine kürzere Lebensdauer eigen ist, bei
den sehr alt werdenden später. Am frühesten wird wohl die Lärche trag-
bar oder vielmehr wie der Gärtner sagt blühbar, denn die Blüthen, die
man zuweilen schon an 10--12 jährigen Lärchenbäumchen findet, ent-
wickeln in der Regel keinen keimfähigen Samen. Wenn die Buche im
Schluß erwachsen ist, so trägt sie selten vor 70 Jahren Samen und in
höheren rauheren Lagen noch später. Da es der Nachzucht wegen wichtig
ist, das durchschnittliche Tragbarkeitsalter zu kennen, so muß für jedes
Waldrevier ermittelt werden, wann nach Maßgabe des Klimas, der Lage
und des Bodens bei den herrschenden Holzarten das Alter der Fruchtbar-
keit eintritt, welches alsdann zugleich die unterste Grenze des Haubarkeits-
alters ist.

Warmer und mehr trockner Boden ist dem früheren Eintritt und der
häufigern Wiederkehr des Samentragens mehr günstig als kalter und
nasser. Diese Wiederkehr anlangend so ist es zwar schon vom Obstbaue
her eine allbekannte aber deshalb nicht minder bemerkenswerthe Thatsache,
daß die Bäume nicht nur nicht alljährlich gleich reichlich, sondern in
manchen Jahren gar nicht blühen, so daß der Forstmann geradezu Samen-
jahre
unterscheidet, auf deren Eintritt er manchmal längere Zeit ver-
geblich hofft.

Aus allen das Baumleben ausmachenden Erscheinungen scheint her-
vorzugehen, daß der Baum erst eine gewisse Sicherstellung seiner selbst
hergestellt haben muß, ehe er daran denkt, auch den Fortbestand seiner
Art durch Samenerzeugung zu sichern. Da in der Mehrheit die Blüthen
mehr an den Kurztrieben (S. 74) als an den Langtrieben auftreten und
alte Bäume in der Krone viel mehr Kurz- als Langtriebe machen, so steht
hiermit das späte Fruchtbarwerden der Bäume in organischem Zu-
sammenhang.

Hinsichtlich der Stellung der Blüthen am Baume besteht auch noch
die bemerkbare Verschiedenheit, daß bei den einen dieselben am alten,

Geſetz die Macht der äußeren Einflüſſe ein entſcheidendes Wort mit zu
reden, ebenſo wie es bekannt iſt, daß bei den Obſtbäumen die kundige
Uebung des Beſchneidens es vermag, einen Baum früher als gewöhnlich
tragbar zu machen.

Die Tragbarkeit tritt wie leicht begreiflich bei denjenigen Holzarten
früher ein, welchen im allgemeinen eine kürzere Lebensdauer eigen iſt, bei
den ſehr alt werdenden ſpäter. Am früheſten wird wohl die Lärche trag-
bar oder vielmehr wie der Gärtner ſagt blühbar, denn die Blüthen, die
man zuweilen ſchon an 10—12 jährigen Lärchenbäumchen findet, ent-
wickeln in der Regel keinen keimfähigen Samen. Wenn die Buche im
Schluß erwachſen iſt, ſo trägt ſie ſelten vor 70 Jahren Samen und in
höheren rauheren Lagen noch ſpäter. Da es der Nachzucht wegen wichtig
iſt, das durchſchnittliche Tragbarkeitsalter zu kennen, ſo muß für jedes
Waldrevier ermittelt werden, wann nach Maßgabe des Klimas, der Lage
und des Bodens bei den herrſchenden Holzarten das Alter der Fruchtbar-
keit eintritt, welches alsdann zugleich die unterſte Grenze des Haubarkeits-
alters iſt.

Warmer und mehr trockner Boden iſt dem früheren Eintritt und der
häufigern Wiederkehr des Samentragens mehr günſtig als kalter und
naſſer. Dieſe Wiederkehr anlangend ſo iſt es zwar ſchon vom Obſtbaue
her eine allbekannte aber deshalb nicht minder bemerkenswerthe Thatſache,
daß die Bäume nicht nur nicht alljährlich gleich reichlich, ſondern in
manchen Jahren gar nicht blühen, ſo daß der Forſtmann geradezu Samen-
jahre
unterſcheidet, auf deren Eintritt er manchmal längere Zeit ver-
geblich hofft.

Aus allen das Baumleben ausmachenden Erſcheinungen ſcheint her-
vorzugehen, daß der Baum erſt eine gewiſſe Sicherſtellung ſeiner ſelbſt
hergeſtellt haben muß, ehe er daran denkt, auch den Fortbeſtand ſeiner
Art durch Samenerzeugung zu ſichern. Da in der Mehrheit die Blüthen
mehr an den Kurztrieben (S. 74) als an den Langtrieben auftreten und
alte Bäume in der Krone viel mehr Kurz- als Langtriebe machen, ſo ſteht
hiermit das ſpäte Fruchtbarwerden der Bäume in organiſchem Zu-
ſammenhang.

Hinſichtlich der Stellung der Blüthen am Baume beſteht auch noch
die bemerkbare Verſchiedenheit, daß bei den einen dieſelben am alten,

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[184/0208] Geſetz die Macht der äußeren Einflüſſe ein entſcheidendes Wort mit zu reden, ebenſo wie es bekannt iſt, daß bei den Obſtbäumen die kundige Uebung des Beſchneidens es vermag, einen Baum früher als gewöhnlich tragbar zu machen. Die Tragbarkeit tritt wie leicht begreiflich bei denjenigen Holzarten früher ein, welchen im allgemeinen eine kürzere Lebensdauer eigen iſt, bei den ſehr alt werdenden ſpäter. Am früheſten wird wohl die Lärche trag- bar oder vielmehr wie der Gärtner ſagt blühbar, denn die Blüthen, die man zuweilen ſchon an 10—12 jährigen Lärchenbäumchen findet, ent- wickeln in der Regel keinen keimfähigen Samen. Wenn die Buche im Schluß erwachſen iſt, ſo trägt ſie ſelten vor 70 Jahren Samen und in höheren rauheren Lagen noch ſpäter. Da es der Nachzucht wegen wichtig iſt, das durchſchnittliche Tragbarkeitsalter zu kennen, ſo muß für jedes Waldrevier ermittelt werden, wann nach Maßgabe des Klimas, der Lage und des Bodens bei den herrſchenden Holzarten das Alter der Fruchtbar- keit eintritt, welches alsdann zugleich die unterſte Grenze des Haubarkeits- alters iſt. Warmer und mehr trockner Boden iſt dem früheren Eintritt und der häufigern Wiederkehr des Samentragens mehr günſtig als kalter und naſſer. Dieſe Wiederkehr anlangend ſo iſt es zwar ſchon vom Obſtbaue her eine allbekannte aber deshalb nicht minder bemerkenswerthe Thatſache, daß die Bäume nicht nur nicht alljährlich gleich reichlich, ſondern in manchen Jahren gar nicht blühen, ſo daß der Forſtmann geradezu Samen- jahre unterſcheidet, auf deren Eintritt er manchmal längere Zeit ver- geblich hofft. Aus allen das Baumleben ausmachenden Erſcheinungen ſcheint her- vorzugehen, daß der Baum erſt eine gewiſſe Sicherſtellung ſeiner ſelbſt hergeſtellt haben muß, ehe er daran denkt, auch den Fortbeſtand ſeiner Art durch Samenerzeugung zu ſichern. Da in der Mehrheit die Blüthen mehr an den Kurztrieben (S. 74) als an den Langtrieben auftreten und alte Bäume in der Krone viel mehr Kurz- als Langtriebe machen, ſo ſteht hiermit das ſpäte Fruchtbarwerden der Bäume in organiſchem Zu- ſammenhang. Hinſichtlich der Stellung der Blüthen am Baume beſteht auch noch die bemerkbare Verſchiedenheit, daß bei den einen dieſelben am alten,

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/208>, abgerufen am 22.12.2024.