Keinem unserer Hölzer fehlen die Markstrahlen, in allen kommen sie stets in außerordentlich großer Menge vor, obgleich dennoch bei den einen in größerer Anzahl als bei den andern. Wir können schon an Fig. VIII. sehen, wie zahlreich sie sind, obgleich an dieser mehr schematisirten Figur viel weniger gezeichnet sind, als vorhanden waren, um die Deutlichkeit der Zeichnung nicht zu beeinträchtigen.
Die Markstrahlen stellen durch ihre außerordentliche Häufigkeit und durch ihren horizontalen Verlauf eine innige Verbindung zwischen den übereinander liegenden Jahresringen her und sorgen für einen Austausch der Säfte in horizontaler Richtung; während die nun zu betrachtenden senkrecht verlaufenden Gewebsmassen des Holzes die Verbindung zwischen dem Oben und Unten des Baumes und die senkrechte Saftleitung vermitteln.
Neben den Markstrahlen, welche unter allen Umständen einen nicht unbedeutenden Antheil an der Holzmasse nehmen, wird dennoch der größere Antheil von den sogenannten Holzbündeln gebildet, d. i. von den in der Richtung der Stamm-Axe gestreckten und verlaufenden Zellen und Gefäßen. Es würde uns hier zu tief in die feinere Anatomie und von unserem Ziele ablenken, wenn ich hier eine genaue wissenschaftliche Be- schreibung der Elementar- oder Grundorgane der Pflanzen vortragen wollte; wir beschränken uns daher auf das Nothwendigste.
Die Zelle in ihrer einfachen Grundgestalt oder in ihrer höheren Entwicklung (Gefäß) ist der Baustein, aus welchem unter allen Verhält- nissen auch der kolossalste Pflanzenleib aufgebaut ist, wie es auf der andern Seite aber auch Pflänzchen giebt, die nur aus einer einzigen Zelle bestehen. Die Zelle ist ursprünglich ein winzig kleines kugelrundes Bläschen, dessen Haut, Membran, einen wässrigen Saft, Zellsaft, einschließt. Von dieser Urform kommen aber zahllose Wandelformen vor. Die Zellen der Kartoffelknolle, welche bei sogenannten mehligen Kartoffeln eben das körnige Mehl bilden, sind ein Beispiel dieser Urform. Durch das Kochen haben sich die Zellen von einander abgelöst und sind frei geworden. Eine Baumwollenfaser, wie wir sie aus der Watte ziehen, ist das andere Extrem, eine außerordentlich lang gestreckte Zelle. Zwischen beiden Extremen kommen alle denkbaren Zwischenformen vor; es kommen sogar verzweigte, sternförmige, flaschenförmige Formen der Zellen vor. Während eine einzelne freie Zelle meist gerundet ist, so wird sie im
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Keinem unſerer Hölzer fehlen die Markſtrahlen, in allen kommen ſie ſtets in außerordentlich großer Menge vor, obgleich dennoch bei den einen in größerer Anzahl als bei den andern. Wir können ſchon an Fig. VIII. ſehen, wie zahlreich ſie ſind, obgleich an dieſer mehr ſchematiſirten Figur viel weniger gezeichnet ſind, als vorhanden waren, um die Deutlichkeit der Zeichnung nicht zu beeinträchtigen.
Die Markſtrahlen ſtellen durch ihre außerordentliche Häufigkeit und durch ihren horizontalen Verlauf eine innige Verbindung zwiſchen den übereinander liegenden Jahresringen her und ſorgen für einen Austauſch der Säfte in horizontaler Richtung; während die nun zu betrachtenden ſenkrecht verlaufenden Gewebsmaſſen des Holzes die Verbindung zwiſchen dem Oben und Unten des Baumes und die ſenkrechte Saftleitung vermitteln.
Neben den Markſtrahlen, welche unter allen Umſtänden einen nicht unbedeutenden Antheil an der Holzmaſſe nehmen, wird dennoch der größere Antheil von den ſogenannten Holzbündeln gebildet, d. i. von den in der Richtung der Stamm-Axe geſtreckten und verlaufenden Zellen und Gefäßen. Es würde uns hier zu tief in die feinere Anatomie und von unſerem Ziele ablenken, wenn ich hier eine genaue wiſſenſchaftliche Be- ſchreibung der Elementar- oder Grundorgane der Pflanzen vortragen wollte; wir beſchränken uns daher auf das Nothwendigſte.
Die Zelle in ihrer einfachen Grundgeſtalt oder in ihrer höheren Entwicklung (Gefäß) iſt der Bauſtein, aus welchem unter allen Verhält- niſſen auch der koloſſalſte Pflanzenleib aufgebaut iſt, wie es auf der andern Seite aber auch Pflänzchen giebt, die nur aus einer einzigen Zelle beſtehen. Die Zelle iſt urſprünglich ein winzig kleines kugelrundes Bläschen, deſſen Haut, Membran, einen wäſſrigen Saft, Zellſaft, einſchließt. Von dieſer Urform kommen aber zahlloſe Wandelformen vor. Die Zellen der Kartoffelknolle, welche bei ſogenannten mehligen Kartoffeln eben das körnige Mehl bilden, ſind ein Beiſpiel dieſer Urform. Durch das Kochen haben ſich die Zellen von einander abgelöſt und ſind frei geworden. Eine Baumwollenfaſer, wie wir ſie aus der Watte ziehen, iſt das andere Extrem, eine außerordentlich lang geſtreckte Zelle. Zwiſchen beiden Extremen kommen alle denkbaren Zwiſchenformen vor; es kommen ſogar verzweigte, ſternförmige, flaſchenförmige Formen der Zellen vor. Während eine einzelne freie Zelle meiſt gerundet iſt, ſo wird ſie im
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Keinem unſerer Hölzer fehlen die Markſtrahlen, in allen kommen ſie
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in größerer Anzahl als bei den andern. Wir können ſchon an Fig. VIII.
ſehen, wie zahlreich ſie ſind, obgleich an dieſer mehr ſchematiſirten Figur
viel weniger gezeichnet ſind, als vorhanden waren, um die Deutlichkeit
der Zeichnung nicht zu beeinträchtigen.
Die Markſtrahlen ſtellen durch ihre außerordentliche Häufigkeit und
durch ihren horizontalen Verlauf eine innige Verbindung zwiſchen den
übereinander liegenden Jahresringen her und ſorgen für einen Austauſch
der Säfte in horizontaler Richtung; während die nun zu betrachtenden
ſenkrecht verlaufenden Gewebsmaſſen des Holzes die Verbindung zwiſchen
dem Oben und Unten des Baumes und die ſenkrechte Saftleitung vermitteln.
Neben den Markſtrahlen, welche unter allen Umſtänden einen nicht
unbedeutenden Antheil an der Holzmaſſe nehmen, wird dennoch der größere
Antheil von den ſogenannten Holzbündeln gebildet, d. i. von den in
der Richtung der Stamm-Axe geſtreckten und verlaufenden Zellen und
Gefäßen. Es würde uns hier zu tief in die feinere Anatomie und von
unſerem Ziele ablenken, wenn ich hier eine genaue wiſſenſchaftliche Be-
ſchreibung der Elementar- oder Grundorgane der Pflanzen vortragen
wollte; wir beſchränken uns daher auf das Nothwendigſte.
Die Zelle in ihrer einfachen Grundgeſtalt oder in ihrer höheren
Entwicklung (Gefäß) iſt der Bauſtein, aus welchem unter allen Verhält-
niſſen auch der koloſſalſte Pflanzenleib aufgebaut iſt, wie es auf der
andern Seite aber auch Pflänzchen giebt, die nur aus einer einzigen
Zelle beſtehen. Die Zelle iſt urſprünglich ein winzig kleines kugelrundes
Bläschen, deſſen Haut, Membran, einen wäſſrigen Saft, Zellſaft,
einſchließt. Von dieſer Urform kommen aber zahlloſe Wandelformen vor.
Die Zellen der Kartoffelknolle, welche bei ſogenannten mehligen Kartoffeln
eben das körnige Mehl bilden, ſind ein Beiſpiel dieſer Urform. Durch
das Kochen haben ſich die Zellen von einander abgelöſt und ſind frei
geworden. Eine Baumwollenfaſer, wie wir ſie aus der Watte ziehen,
iſt das andere Extrem, eine außerordentlich lang geſtreckte Zelle. Zwiſchen
beiden Extremen kommen alle denkbaren Zwiſchenformen vor; es kommen
ſogar verzweigte, ſternförmige, flaſchenförmige Formen der Zellen vor.
Während eine einzelne freie Zelle meiſt gerundet iſt, ſo wird ſie im
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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/123>, abgerufen am 22.12.2024.
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