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Roßmäßler, Emil Adolf: Das Süßwasser-Aquarium. Leipzig, 1857.

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Die Thiere des Aquariums.

I. Für die Infusorien haben wir nicht zu sorgen. Mit jeder Wasser-
pflanze bringen wir unwillkürlich, ja unausbleiblich einen Stamm dazu
mit in das Aquarium, in welchem sich daraus oft in sehr kurzer Zeit Mil-
liarden entwickeln, so daß sie wenigstens als ein grauer oder weißlicher
oder bräunlicher Ueberzug in der Masse uns sichtbar werden, wenn auch
erst eine hundertfache Vergrößerung uns ihre oft überraschenden Gestalten
zeigt. So wird uns das Aquarium ein Maaßstab, an dem wir mit Stau-
nen die unerschöpfliche Lebensfülle der Natur in diesen kleinen Wesen
wenigstens ahnend schätzen können. Jedes faulende Blättchen des Aqua-
riums und auch die Blattstiele der lebendigen Pflanzen zeigen sich meist
mit einem zarten flockigen Ueberzuge bedeckt, der sich unter dem Mikroskop
in Welten von Infusorien auflöst. Ich muß mir es versagen, auf ihre
Beschreibung einzugehen, um nicht die Abbildungen noch weiter zu ver-
mehren, ohne welche eine Schilderung dieser mikroskopischen Geschöpfchen
nur sehr mangelhaft bleibt *).

II. Aus der Klasse der Polypen, denn auch diese ist in unsern süßen
Gewässern vertreten, sind mehre Arten für das Aquarium zu empfehlen,
wenn sie auch nicht für das schmucksuchende Auge, sondern nur für den
scharfspähenden Blick bedeutungsvoll sind. Ich nenne namentlich zwei
nahe verwandte Thierchen, die beide wie die prachtvollen Korallenpolypen
des Meeres zierliche Polypenstöcke bauen, in deren Zellen die einzelnen
Polypen hausen. Es sind diese der der Ordnung der Moosthierchen an-
gehörige Federbusch-Polyp, Plumatella campanulata, und der Süßwasser-
Schwamm, Halcyonella stagnorum.
Ersterer heftet seine kleinen verästelten
röhrenförmigen Polypenstöcke an der Unterseite der Meerlinsen und na-
mentlich der Seerosenblätter an, letzterer überzieht in oft über zolldicken
Klumpen in das Wasser hineinragende Wurzeln und Blätter der Ufer-

*) Viele, wenigstens die größeren Infusorien sind schon mit den kleinen Mikro-
skopen aus der Anstalt von Engell und Comp. in Wabern bei Bern (Hauptdepot für
Deutschland: Schäffer und Budenberg in Magdeburg) zu sehen, welche mit Gebrauchs-
anweisung 8 Thlr. kosten. Es gehört ein solches als ein beinahe unerläßliches Ding
zu jedem Aquarium.
Die Thiere des Aquariums.

I. Für die Infuſorien haben wir nicht zu ſorgen. Mit jeder Waſſer-
pflanze bringen wir unwillkürlich, ja unausbleiblich einen Stamm dazu
mit in das Aquarium, in welchem ſich daraus oft in ſehr kurzer Zeit Mil-
liarden entwickeln, ſo daß ſie wenigſtens als ein grauer oder weißlicher
oder bräunlicher Ueberzug in der Maſſe uns ſichtbar werden, wenn auch
erſt eine hundertfache Vergrößerung uns ihre oft überraſchenden Geſtalten
zeigt. So wird uns das Aquarium ein Maaßſtab, an dem wir mit Stau-
nen die unerſchöpfliche Lebensfülle der Natur in dieſen kleinen Weſen
wenigſtens ahnend ſchätzen können. Jedes faulende Blättchen des Aqua-
riums und auch die Blattſtiele der lebendigen Pflanzen zeigen ſich meiſt
mit einem zarten flockigen Ueberzuge bedeckt, der ſich unter dem Mikroſkop
in Welten von Infuſorien auflöſt. Ich muß mir es verſagen, auf ihre
Beſchreibung einzugehen, um nicht die Abbildungen noch weiter zu ver-
mehren, ohne welche eine Schilderung dieſer mikroſkopiſchen Geſchöpfchen
nur ſehr mangelhaft bleibt *).

II. Aus der Klaſſe der Polypen, denn auch dieſe iſt in unſern ſüßen
Gewäſſern vertreten, ſind mehre Arten für das Aquarium zu empfehlen,
wenn ſie auch nicht für das ſchmuckſuchende Auge, ſondern nur für den
ſcharfſpähenden Blick bedeutungsvoll ſind. Ich nenne namentlich zwei
nahe verwandte Thierchen, die beide wie die prachtvollen Korallenpolypen
des Meeres zierliche Polypenſtöcke bauen, in deren Zellen die einzelnen
Polypen hauſen. Es ſind dieſe der der Ordnung der Moosthierchen an-
gehörige Federbuſch-Polyp, Plumatella campanulata, und der Süßwaſſer-
Schwamm, Halcyonella stagnorum.
Erſterer heftet ſeine kleinen veräſtelten
röhrenförmigen Polypenſtöcke an der Unterſeite der Meerlinſen und na-
mentlich der Seeroſenblätter an, letzterer überzieht in oft über zolldicken
Klumpen in das Waſſer hineinragende Wurzeln und Blätter der Ufer-

*) Viele, wenigſtens die größeren Infuſorien ſind ſchon mit den kleinen Mikro-
ſkopen aus der Anſtalt von Engell und Comp. in Wabern bei Bern (Hauptdepot für
Deutſchland: Schäffer und Budenberg in Magdeburg) zu ſehen, welche mit Gebrauchs-
anweiſung 8 Thlr. koſten. Es gehört ein ſolches als ein beinahe unerläßliches Ding
zu jedem Aquarium.
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[53/0069] Die Thiere des Aquariums. I. Für die Infuſorien haben wir nicht zu ſorgen. Mit jeder Waſſer- pflanze bringen wir unwillkürlich, ja unausbleiblich einen Stamm dazu mit in das Aquarium, in welchem ſich daraus oft in ſehr kurzer Zeit Mil- liarden entwickeln, ſo daß ſie wenigſtens als ein grauer oder weißlicher oder bräunlicher Ueberzug in der Maſſe uns ſichtbar werden, wenn auch erſt eine hundertfache Vergrößerung uns ihre oft überraſchenden Geſtalten zeigt. So wird uns das Aquarium ein Maaßſtab, an dem wir mit Stau- nen die unerſchöpfliche Lebensfülle der Natur in dieſen kleinen Weſen wenigſtens ahnend ſchätzen können. Jedes faulende Blättchen des Aqua- riums und auch die Blattſtiele der lebendigen Pflanzen zeigen ſich meiſt mit einem zarten flockigen Ueberzuge bedeckt, der ſich unter dem Mikroſkop in Welten von Infuſorien auflöſt. Ich muß mir es verſagen, auf ihre Beſchreibung einzugehen, um nicht die Abbildungen noch weiter zu ver- mehren, ohne welche eine Schilderung dieſer mikroſkopiſchen Geſchöpfchen nur ſehr mangelhaft bleibt *). II. Aus der Klaſſe der Polypen, denn auch dieſe iſt in unſern ſüßen Gewäſſern vertreten, ſind mehre Arten für das Aquarium zu empfehlen, wenn ſie auch nicht für das ſchmuckſuchende Auge, ſondern nur für den ſcharfſpähenden Blick bedeutungsvoll ſind. Ich nenne namentlich zwei nahe verwandte Thierchen, die beide wie die prachtvollen Korallenpolypen des Meeres zierliche Polypenſtöcke bauen, in deren Zellen die einzelnen Polypen hauſen. Es ſind dieſe der der Ordnung der Moosthierchen an- gehörige Federbuſch-Polyp, Plumatella campanulata, und der Süßwaſſer- Schwamm, Halcyonella stagnorum. Erſterer heftet ſeine kleinen veräſtelten röhrenförmigen Polypenſtöcke an der Unterſeite der Meerlinſen und na- mentlich der Seeroſenblätter an, letzterer überzieht in oft über zolldicken Klumpen in das Waſſer hineinragende Wurzeln und Blätter der Ufer- *) Viele, wenigſtens die größeren Infuſorien ſind ſchon mit den kleinen Mikro- ſkopen aus der Anſtalt von Engell und Comp. in Wabern bei Bern (Hauptdepot für Deutſchland: Schäffer und Budenberg in Magdeburg) zu ſehen, welche mit Gebrauchs- anweiſung 8 Thlr. koſten. Es gehört ein ſolches als ein beinahe unerläßliches Ding zu jedem Aquarium.

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Das Süßwasser-Aquarium. Leipzig, 1857, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_suesswasseraquarium_1857/69>, abgerufen am 24.11.2024.