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Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.

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Sechste Betr. Die große Seeligkeit
der Besprengung, das da beßer redet, denn
Habels,
(wo Jesus lebt und regieret, dem wir
unsre Begnadigung bey Gott, und die himmlische
Glückseeligkeit, die er uns durch seinen martervol-
len Tod erworben, allein zu danken haben.) Hebr.
12, 22 -- 24.

Wichtig genug wird diese große, durch Je-
sum Christum erworbene Seeligkeit allen denen
vorkommen, die nicht ganz unfähig sind von dem,
was Glück genannt zu werden verdient oder nicht,
zu urtheilen. Aber hier findet man wieder einen
Umstand, den man schlechterdings nicht mit der
Weisheit und Güte Gottes zusammen reimen zu
können glaubte, Jesus Christus soll nach der Lehre
der Schrift, der Urheber dieser Seeligkeit seyn;
und es soll dieselbe nur denen zu Theil werden, die
an ihn glauben, und ihm gehorchen. Aber vergien-
gen nicht Jahrtausende, ehe er nur in der Welt er-
schien? Und so viele Millionen Menschen, die
vor seiner Ankunft lebten und starben, sollen von
dem Genuß der himmlischen Seeligkeiten ausge-
schloßen bleiben, blos weil sie das Unglück hatten
tausend oder hundert Jahre früher zu leben? So
viele tausend Menschen, die ohne ihre Schuld in
entfernten Weltgegenden leben, wohin die Lehre
Christi noch nie gedrungen ist, sollen ewig unglück-
lich seyn, weil sie in einer Unwißenheit leben, die
ihnen nicht zugerechnet werden kan? Mit diesen
und andern dergleichen Einwürfen sucht man die
Gewißheit der göttlichen Verheißungen zweifelhaft
zu machen. Aber man nimmt hier schon als erwie-
sen an, was noch bewiesen werden sollte -- daß

nem-

Sechſte Betr. Die große Seeligkeit
der Beſprengung, das da beßer redet, denn
Habels,
(wo Jeſus lebt und regieret, dem wir
unſre Begnadigung bey Gott, und die himmliſche
Glückſeeligkeit, die er uns durch ſeinen martervol-
len Tod erworben, allein zu danken haben.) Hebr.
12, 22 — 24.

Wichtig genug wird dieſe große, durch Je-
ſum Chriſtum erworbene Seeligkeit allen denen
vorkommen, die nicht ganz unfähig ſind von dem,
was Glück genannt zu werden verdient oder nicht,
zu urtheilen. Aber hier findet man wieder einen
Umſtand, den man ſchlechterdings nicht mit der
Weisheit und Güte Gottes zuſammen reimen zu
können glaubte, Jeſus Chriſtus ſoll nach der Lehre
der Schrift, der Urheber dieſer Seeligkeit ſeyn;
und es ſoll dieſelbe nur denen zu Theil werden, die
an ihn glauben, und ihm gehorchen. Aber vergien-
gen nicht Jahrtauſende, ehe er nur in der Welt er-
ſchien? Und ſo viele Millionen Menſchen, die
vor ſeiner Ankunft lebten und ſtarben, ſollen von
dem Genuß der himmliſchen Seeligkeiten ausge-
ſchloßen bleiben, blos weil ſie das Unglück hatten
tauſend oder hundert Jahre früher zu leben? So
viele tauſend Menſchen, die ohne ihre Schuld in
entfernten Weltgegenden leben, wohin die Lehre
Chriſti noch nie gedrungen iſt, ſollen ewig unglück-
lich ſeyn, weil ſie in einer Unwißenheit leben, die
ihnen nicht zugerechnet werden kan? Mit dieſen
und andern dergleichen Einwürfen ſucht man die
Gewißheit der göttlichen Verheißungen zweifelhaft
zu machen. Aber man nimmt hier ſchon als erwie-
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[80/0092] Sechſte Betr. Die große Seeligkeit der Beſprengung, das da beßer redet, denn Habels, (wo Jeſus lebt und regieret, dem wir unſre Begnadigung bey Gott, und die himmliſche Glückſeeligkeit, die er uns durch ſeinen martervol- len Tod erworben, allein zu danken haben.) Hebr. 12, 22 — 24. Wichtig genug wird dieſe große, durch Je- ſum Chriſtum erworbene Seeligkeit allen denen vorkommen, die nicht ganz unfähig ſind von dem, was Glück genannt zu werden verdient oder nicht, zu urtheilen. Aber hier findet man wieder einen Umſtand, den man ſchlechterdings nicht mit der Weisheit und Güte Gottes zuſammen reimen zu können glaubte, Jeſus Chriſtus ſoll nach der Lehre der Schrift, der Urheber dieſer Seeligkeit ſeyn; und es ſoll dieſelbe nur denen zu Theil werden, die an ihn glauben, und ihm gehorchen. Aber vergien- gen nicht Jahrtauſende, ehe er nur in der Welt er- ſchien? Und ſo viele Millionen Menſchen, die vor ſeiner Ankunft lebten und ſtarben, ſollen von dem Genuß der himmliſchen Seeligkeiten ausge- ſchloßen bleiben, blos weil ſie das Unglück hatten tauſend oder hundert Jahre früher zu leben? So viele tauſend Menſchen, die ohne ihre Schuld in entfernten Weltgegenden leben, wohin die Lehre Chriſti noch nie gedrungen iſt, ſollen ewig unglück- lich ſeyn, weil ſie in einer Unwißenheit leben, die ihnen nicht zugerechnet werden kan? Mit dieſen und andern dergleichen Einwürfen ſucht man die Gewißheit der göttlichen Verheißungen zweifelhaft zu machen. Aber man nimmt hier ſchon als erwie- ſen an, was noch bewieſen werden ſollte — daß nem-

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Zitationshilfe: Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/92>, abgerufen am 23.11.2024.