Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünfte Betr. Die Bereitwilligkeit
bet, ihnen an ihrer Gesundheit geschadet, und an
statt sie zu erfreuen, ihnen das Leben zur Last ge-
macht; daß er durch Lügen, Betrug und Falsch-
heit, so viel Unheil angerichtet, Freundschaften
zerrißen, und den Saamen der Uneinigkeit ausge-
streuet; daß er durch Geitz und Ungerechtigkeit
manche Seufzer der Armen, der Wittwen und
Waisen auf sich geladen; daß er manches unschul-
dige Gemüth verführt, und mit dem Laster ange-
steckt; kurz, daß er so viel tausenderley Böses ge-
stiftet, da es ihm weder an Kräften noch an Gele-
genheit gefehlt hätte, Freude, Zufriedenheit und
Vergnügen zu verbreiten. Ach, das versenket sein
Gemüth in tiefe Traurigkeit, wenn er sich vorstellt,
daß so viele Menschen über ihn seufzen, und ihn
vor Gottes Richterstuhl als den Urheber ihres Un-
glücks anklagen, da er nach der Absicht Gottes ihr
Freund, Beschützer und Wohlthäter hätte seyn
sollen.

Und was muß erst alsdann seine Seele em-
pfinden, wann er überlegt, daß er mit dem allen
den schändlichsten und niederträchtigsten Undank ge-
gen seinen Gott hat zu Schulden kommen laßen!
Meinen Schöpfer und allerhöchsten Wohlthäter,
dem ich mein Leben, meine Erhaltung, meine Ge-
sundheit, alle meine Kräfte Leibes und der Seelen,
dem ich von meiner Geburt an bis auf diese Stun-
de so viel tausend frohe Augenblicke, und eine iede
Wohlthat zu danken habe -- meinen Gott, der
mich mit so vieler Gedult und Langmuth bey meinen
Sünden getragen hat, da er mich längstens zur
verdienten Strafe hätte ziehen können, meinen be-

sten

Fünfte Betr. Die Bereitwilligkeit
bet, ihnen an ihrer Geſundheit geſchadet, und an
ſtatt ſie zu erfreuen, ihnen das Leben zur Laſt ge-
macht; daß er durch Lügen, Betrug und Falſch-
heit, ſo viel Unheil angerichtet, Freundſchaften
zerrißen, und den Saamen der Uneinigkeit ausge-
ſtreuet; daß er durch Geitz und Ungerechtigkeit
manche Seufzer der Armen, der Wittwen und
Waiſen auf ſich geladen; daß er manches unſchul-
dige Gemüth verführt, und mit dem Laſter ange-
ſteckt; kurz, daß er ſo viel tauſenderley Böſes ge-
ſtiftet, da es ihm weder an Kräften noch an Gele-
genheit gefehlt hätte, Freude, Zufriedenheit und
Vergnügen zu verbreiten. Ach, das verſenket ſein
Gemüth in tiefe Traurigkeit, wenn er ſich vorſtellt,
daß ſo viele Menſchen über ihn ſeufzen, und ihn
vor Gottes Richterſtuhl als den Urheber ihres Un-
glücks anklagen, da er nach der Abſicht Gottes ihr
Freund, Beſchützer und Wohlthäter hätte ſeyn
ſollen.

Und was muß erſt alsdann ſeine Seele em-
pfinden, wann er überlegt, daß er mit dem allen
den ſchändlichſten und niederträchtigſten Undank ge-
gen ſeinen Gott hat zu Schulden kommen laßen!
Meinen Schöpfer und allerhöchſten Wohlthäter,
dem ich mein Leben, meine Erhaltung, meine Ge-
ſundheit, alle meine Kräfte Leibes und der Seelen,
dem ich von meiner Geburt an bis auf dieſe Stun-
de ſo viel tauſend frohe Augenblicke, und eine iede
Wohlthat zu danken habe — meinen Gott, der
mich mit ſo vieler Gedult und Langmuth bey meinen
Sünden getragen hat, da er mich längſtens zur
verdienten Strafe hätte ziehen können, meinen be-

ſten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0068" n="56"/><fw place="top" type="header">Fünfte Betr. Die Bereitwilligkeit</fw><lb/>
bet, ihnen an ihrer Ge&#x017F;undheit ge&#x017F;chadet, und an<lb/>
&#x017F;tatt &#x017F;ie zu erfreuen, ihnen das Leben zur La&#x017F;t ge-<lb/>
macht; daß er durch Lügen, Betrug und Fal&#x017F;ch-<lb/>
heit, &#x017F;o viel Unheil angerichtet, Freund&#x017F;chaften<lb/>
zerrißen, und den Saamen der Uneinigkeit ausge-<lb/>
&#x017F;treuet; daß er durch Geitz und Ungerechtigkeit<lb/>
manche Seufzer der Armen, der Wittwen und<lb/>
Wai&#x017F;en auf &#x017F;ich geladen; daß er manches un&#x017F;chul-<lb/>
dige Gemüth verführt, und mit dem La&#x017F;ter ange-<lb/>
&#x017F;teckt; kurz, daß er &#x017F;o viel tau&#x017F;enderley Bö&#x017F;es ge-<lb/>
&#x017F;tiftet, da es ihm weder an Kräften noch an Gele-<lb/>
genheit gefehlt hätte, Freude, Zufriedenheit und<lb/>
Vergnügen zu verbreiten. Ach, das ver&#x017F;enket &#x017F;ein<lb/>
Gemüth in tiefe Traurigkeit, wenn er &#x017F;ich vor&#x017F;tellt,<lb/>
daß &#x017F;o viele Men&#x017F;chen über ihn &#x017F;eufzen, und ihn<lb/>
vor Gottes Richter&#x017F;tuhl als den Urheber ihres Un-<lb/>
glücks anklagen, da er nach der Ab&#x017F;icht Gottes ihr<lb/>
Freund, Be&#x017F;chützer und Wohlthäter hätte &#x017F;eyn<lb/>
&#x017F;ollen.</p><lb/>
        <p>Und was muß er&#x017F;t alsdann &#x017F;eine Seele em-<lb/>
pfinden, wann er überlegt, daß er mit dem allen<lb/>
den &#x017F;chändlich&#x017F;ten und niederträchtig&#x017F;ten Undank ge-<lb/>
gen &#x017F;einen Gott hat zu Schulden kommen laßen!<lb/>
Meinen Schöpfer und allerhöch&#x017F;ten Wohlthäter,<lb/>
dem ich mein Leben, meine Erhaltung, meine Ge-<lb/>
&#x017F;undheit, alle meine Kräfte Leibes und der Seelen,<lb/>
dem ich von meiner Geburt an bis auf die&#x017F;e Stun-<lb/>
de &#x017F;o viel tau&#x017F;end frohe Augenblicke, und eine iede<lb/>
Wohlthat zu danken habe &#x2014; meinen Gott, der<lb/>
mich mit &#x017F;o vieler Gedult und Langmuth bey meinen<lb/>
Sünden getragen hat, da er mich läng&#x017F;tens zur<lb/>
verdienten Strafe hätte ziehen können, meinen be-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ten</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0068] Fünfte Betr. Die Bereitwilligkeit bet, ihnen an ihrer Geſundheit geſchadet, und an ſtatt ſie zu erfreuen, ihnen das Leben zur Laſt ge- macht; daß er durch Lügen, Betrug und Falſch- heit, ſo viel Unheil angerichtet, Freundſchaften zerrißen, und den Saamen der Uneinigkeit ausge- ſtreuet; daß er durch Geitz und Ungerechtigkeit manche Seufzer der Armen, der Wittwen und Waiſen auf ſich geladen; daß er manches unſchul- dige Gemüth verführt, und mit dem Laſter ange- ſteckt; kurz, daß er ſo viel tauſenderley Böſes ge- ſtiftet, da es ihm weder an Kräften noch an Gele- genheit gefehlt hätte, Freude, Zufriedenheit und Vergnügen zu verbreiten. Ach, das verſenket ſein Gemüth in tiefe Traurigkeit, wenn er ſich vorſtellt, daß ſo viele Menſchen über ihn ſeufzen, und ihn vor Gottes Richterſtuhl als den Urheber ihres Un- glücks anklagen, da er nach der Abſicht Gottes ihr Freund, Beſchützer und Wohlthäter hätte ſeyn ſollen. Und was muß erſt alsdann ſeine Seele em- pfinden, wann er überlegt, daß er mit dem allen den ſchändlichſten und niederträchtigſten Undank ge- gen ſeinen Gott hat zu Schulden kommen laßen! Meinen Schöpfer und allerhöchſten Wohlthäter, dem ich mein Leben, meine Erhaltung, meine Ge- ſundheit, alle meine Kräfte Leibes und der Seelen, dem ich von meiner Geburt an bis auf dieſe Stun- de ſo viel tauſend frohe Augenblicke, und eine iede Wohlthat zu danken habe — meinen Gott, der mich mit ſo vieler Gedult und Langmuth bey meinen Sünden getragen hat, da er mich längſtens zur verdienten Strafe hätte ziehen können, meinen be- ſten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/68
Zitationshilfe: Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/68>, abgerufen am 24.11.2024.