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Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.

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bey der Bekehrung der Menschen.

Der ungerathene Sohn, der uns in dem
Gleichniße vorgestellt wird, wurde durch die trau-
rigen Folgen seiner Unordnungen zur Erkenntnis
gebracht, und dadurch bewogen, mit Reue und De-
muth zu seinem beleidigten Vater wieder zurücke zu
kehren. Sein Vermögen war aufgezehrt; es kam
noch außerdem eine große Hungersnoth in das Land,
in welchem er sich aufhielt. Nunmehr fieng er an
Mangel zu empfinden, so kostbar er auch vorher
hatte leben können, da er sein väterliches Vermö-
gen hatte. Die Noth trieb ihn, einem Bürger seine
Dienste anzubieten, und sich zu den niedrigsten
Beschäftigungen anheischig zu machen, wenn er nur
seinen nothdürftigen Unterhalt dafür zum Lohn be-
käme. Dieser Bürger wies ihm das Verächtlichste
an, was man einem Juden ansinnen konnte -- er
schickte ihn auf seine Güter, die Schweine zu hü-
ten. Der aufs Aeußerste gebrachte Mensch lies sich
auch dieses gefallen; nnd dennoch war er nicht so
glücklich, sich mit den allerschlechtesten Speisen,
die eigentlich zur Nahrung der Schweine bestimmt
sind, vollkommen zu sättigen. *) Diese traurige
Umstände bewogen ihn auf Mittel zu sinnen, wie
er etwa seinem bevorstehenden noch größern Elen-
de entgehen könne. In seiner äußersten Verlegen-
heit dachte er zurück an seines Vaters Haus.
Möchte ich es doch ietzt, (so denkt er) möchte ich

es
*) Das griechische Wort, welches der seel. Lutherus
durch Träbern übersetzt hat, bedeutet nach der
Meinung der geschicktesten Ausleger dasienige, was
wir Johannisbrod zu nennen pflegen.
C 5
bey der Bekehrung der Menſchen.

Der ungerathene Sohn, der uns in dem
Gleichniße vorgeſtellt wird, wurde durch die trau-
rigen Folgen ſeiner Unordnungen zur Erkenntnis
gebracht, und dadurch bewogen, mit Reue und De-
muth zu ſeinem beleidigten Vater wieder zurücke zu
kehren. Sein Vermögen war aufgezehrt; es kam
noch außerdem eine große Hungersnoth in das Land,
in welchem er ſich aufhielt. Nunmehr fieng er an
Mangel zu empfinden, ſo koſtbar er auch vorher
hatte leben können, da er ſein väterliches Vermö-
gen hatte. Die Noth trieb ihn, einem Bürger ſeine
Dienſte anzubieten, und ſich zu den niedrigſten
Beſchäftigungen anheiſchig zu machen, wenn er nur
ſeinen nothdürftigen Unterhalt dafür zum Lohn be-
käme. Dieſer Bürger wies ihm das Verächtlichſte
an, was man einem Juden anſinnen konnte — er
ſchickte ihn auf ſeine Güter, die Schweine zu hü-
ten. Der aufs Aeußerſte gebrachte Menſch lies ſich
auch dieſes gefallen; nnd dennoch war er nicht ſo
glücklich, ſich mit den allerſchlechteſten Speiſen,
die eigentlich zur Nahrung der Schweine beſtimmt
ſind, vollkommen zu ſättigen. *) Dieſe traurige
Umſtände bewogen ihn auf Mittel zu ſinnen, wie
er etwa ſeinem bevorſtehenden noch größern Elen-
de entgehen könne. In ſeiner äußerſten Verlegen-
heit dachte er zurück an ſeines Vaters Haus.
Möchte ich es doch ietzt, (ſo denkt er) möchte ich

es
*) Das griechiſche Wort, welches der ſeel. Lutherus
durch Träbern überſetzt hat, bedeutet nach der
Meinung der geſchickteſten Ausleger dasienige, was
wir Johannisbrod zu nennen pflegen.
C 5
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[41/0053] bey der Bekehrung der Menſchen. Der ungerathene Sohn, der uns in dem Gleichniße vorgeſtellt wird, wurde durch die trau- rigen Folgen ſeiner Unordnungen zur Erkenntnis gebracht, und dadurch bewogen, mit Reue und De- muth zu ſeinem beleidigten Vater wieder zurücke zu kehren. Sein Vermögen war aufgezehrt; es kam noch außerdem eine große Hungersnoth in das Land, in welchem er ſich aufhielt. Nunmehr fieng er an Mangel zu empfinden, ſo koſtbar er auch vorher hatte leben können, da er ſein väterliches Vermö- gen hatte. Die Noth trieb ihn, einem Bürger ſeine Dienſte anzubieten, und ſich zu den niedrigſten Beſchäftigungen anheiſchig zu machen, wenn er nur ſeinen nothdürftigen Unterhalt dafür zum Lohn be- käme. Dieſer Bürger wies ihm das Verächtlichſte an, was man einem Juden anſinnen konnte — er ſchickte ihn auf ſeine Güter, die Schweine zu hü- ten. Der aufs Aeußerſte gebrachte Menſch lies ſich auch dieſes gefallen; nnd dennoch war er nicht ſo glücklich, ſich mit den allerſchlechteſten Speiſen, die eigentlich zur Nahrung der Schweine beſtimmt ſind, vollkommen zu ſättigen. *) Dieſe traurige Umſtände bewogen ihn auf Mittel zu ſinnen, wie er etwa ſeinem bevorſtehenden noch größern Elen- de entgehen könne. In ſeiner äußerſten Verlegen- heit dachte er zurück an ſeines Vaters Haus. Möchte ich es doch ietzt, (ſo denkt er) möchte ich es *) Das griechiſche Wort, welches der ſeel. Lutherus durch Träbern überſetzt hat, bedeutet nach der Meinung der geſchickteſten Ausleger dasienige, was wir Johannisbrod zu nennen pflegen. C 5

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Zitationshilfe: Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/53>, abgerufen am 24.11.2024.