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Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.

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Dritte Betr. Daß der Mensch zur Erk.
pel, da Jesus eben in einer von den Tempelhallen
hin und her gieng, und das Volk lehrte, und frag-
ten ihn, wer ihm die Vollmacht zu lehren gegeben
habe? und woher er das Recht habe, Käufer und
Verkäufer aus dem Tempel auszutreiben, wie er
den Tag vorher gethan hatte? Das alles geschahe
in Gegenwart einer großen Menge Volkes. Und
da diese Leute durch ihren hohen Beruf und Stand
berechtiget zu seyn schienen, diese Frage zu thun,
so kan man leicht denken, daß iedermann sehr auf-
merksam auf die Antwort unsers Erlösers wird ge-
wesen seyn. An sich war freylich die Frage über-
flüßig. Denn Jesus hatte bisher so viele Wunder
verrichtet, u[ - 1 Zeichen fehlt]d seine göttliche Gesandschaft durch
Lehren und Thaten so augenscheinlich bestättiget,
daß sie leicht hätten einsehen können, er sey der
wahre Meßias. Und als Meßias, als Bevollmäch-
tigter des Gottes Israel, hatte er ia nicht nöthig
sich erst von dem Rath oder der Priesterschaft Er-
laubnis zu demienigen auszubitten, was er im
Nahmen Gottes that und redete. Aber sie waren
so verblendet, daß sie Jesum durchaus nicht für
denienigen erkennen wollten, der er war. Sie
wollten das Volk bereden, er habe in ihre geheilig-
ten Staats- und Priesterrechte verwegene Eingriffe
gethan, und sey also würdig auf das nachdrücklich-
ste bestraft zu werden.

Jesus beantwortete nicht nur die Frage der Ho-
henpriester und Aeltesten des Volkes mit einer Ge-
genfrage, wodurch er sie in die gröste Verlegen-
heit setzte, wie wir v. 24 -- 27. lesen, sondern er
stellte ihnen auch zu ihrer noch größern Beschämung

ihre

Dritte Betr. Daß der Menſch zur Erk.
pel, da Jeſus eben in einer von den Tempelhallen
hin und her gieng, und das Volk lehrte, und frag-
ten ihn, wer ihm die Vollmacht zu lehren gegeben
habe? und woher er das Recht habe, Käufer und
Verkäufer aus dem Tempel auszutreiben, wie er
den Tag vorher gethan hatte? Das alles geſchahe
in Gegenwart einer großen Menge Volkes. Und
da dieſe Leute durch ihren hohen Beruf und Stand
berechtiget zu ſeyn ſchienen, dieſe Frage zu thun,
ſo kan man leicht denken, daß iedermann ſehr auf-
merkſam auf die Antwort unſers Erlöſers wird ge-
weſen ſeyn. An ſich war freylich die Frage über-
flüßig. Denn Jeſus hatte bisher ſo viele Wunder
verrichtet, u[ – 1 Zeichen fehlt]d ſeine göttliche Geſandſchaft durch
Lehren und Thaten ſo augenſcheinlich beſtättiget,
daß ſie leicht hätten einſehen können, er ſey der
wahre Meßias. Und als Meßias, als Bevollmäch-
tigter des Gottes Iſrael, hatte er ia nicht nöthig
ſich erſt von dem Rath oder der Prieſterſchaft Er-
laubnis zu demienigen auszubitten, was er im
Nahmen Gottes that und redete. Aber ſie waren
ſo verblendet, daß ſie Jeſum durchaus nicht für
denienigen erkennen wollten, der er war. Sie
wollten das Volk bereden, er habe in ihre geheilig-
ten Staats- und Prieſterrechte verwegene Eingriffe
gethan, und ſey alſo würdig auf das nachdrücklich-
ſte beſtraft zu werden.

Jeſus beantwortete nicht nur die Frage der Ho-
henprieſter und Aelteſten des Volkes mit einer Ge-
genfrage, wodurch er ſie in die gröſte Verlegen-
heit ſetzte, wie wir v. 24 — 27. leſen, ſondern er
ſtellte ihnen auch zu ihrer noch größern Beſchämung

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[28/0040] Dritte Betr. Daß der Menſch zur Erk. pel, da Jeſus eben in einer von den Tempelhallen hin und her gieng, und das Volk lehrte, und frag- ten ihn, wer ihm die Vollmacht zu lehren gegeben habe? und woher er das Recht habe, Käufer und Verkäufer aus dem Tempel auszutreiben, wie er den Tag vorher gethan hatte? Das alles geſchahe in Gegenwart einer großen Menge Volkes. Und da dieſe Leute durch ihren hohen Beruf und Stand berechtiget zu ſeyn ſchienen, dieſe Frage zu thun, ſo kan man leicht denken, daß iedermann ſehr auf- merkſam auf die Antwort unſers Erlöſers wird ge- weſen ſeyn. An ſich war freylich die Frage über- flüßig. Denn Jeſus hatte bisher ſo viele Wunder verrichtet, u_d ſeine göttliche Geſandſchaft durch Lehren und Thaten ſo augenſcheinlich beſtättiget, daß ſie leicht hätten einſehen können, er ſey der wahre Meßias. Und als Meßias, als Bevollmäch- tigter des Gottes Iſrael, hatte er ia nicht nöthig ſich erſt von dem Rath oder der Prieſterſchaft Er- laubnis zu demienigen auszubitten, was er im Nahmen Gottes that und redete. Aber ſie waren ſo verblendet, daß ſie Jeſum durchaus nicht für denienigen erkennen wollten, der er war. Sie wollten das Volk bereden, er habe in ihre geheilig- ten Staats- und Prieſterrechte verwegene Eingriffe gethan, und ſey alſo würdig auf das nachdrücklich- ſte beſtraft zu werden. Jeſus beantwortete nicht nur die Frage der Ho- henprieſter und Aelteſten des Volkes mit einer Ge- genfrage, wodurch er ſie in die gröſte Verlegen- heit ſetzte, wie wir v. 24 — 27. leſen, ſondern er ſtellte ihnen auch zu ihrer noch größern Beſchämung ihre

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Zitationshilfe: Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/40>, abgerufen am 21.11.2024.