Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.Zwote Betr. Daß das gegenwärtige seine Verheißungen muß nothwendig, wenn er an-ders rechten Art seyn soll, Liebe zu Gott uud Men- schen in uns anzünden, uns zu dankbaren, recht- schaffenen, menschenfreundlichen und Gott wohlge- fälligen Geschöpfen bilden, und uns zu derienigen Tugend geschickt machen, die nur dem Christen ei- gen ist, zu einer Tugend, die weit beßer, edler und vortreflicher ist, als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, oder iene blos bürgerlichehrbaren Menschen, die nur das zu seyn scheinen, was sie in der That nicht sind. Und diese christlichen Ge- sinnungen und Werke, die wir durch göttlichen Bey- stand mit gehöriger Treue und Beständigkeit ver- richten, sind gleichsam der Saame zu einer reichen Ernde der Freuden im ewigen Leben. Denn wenn wir hinlänglich im Guten geübt sind, so entsteht daraus eine Beruhigung und Freude, die uns schon hier zu glücklichen Menschen macht, eine Freude, die wir einst in ein anderes Leben mit hinüberneh- men werden. Wir erfahren es ia schon ietzt, wie unaussprechlich viel Trost und Freude ein gutes Ge- wißen, und das Bewustseyn, recht gethan zu haben, bey sich führt, da wir noch mit so vielen Schwach- heiten und Mängeln umgeben sind. Was wird es dann erst seyn, wann wir nach überstandner Prü- fungszeit im Guten bevestiget, unserm Gott in Vollkommenheit dienen werden? Aber wenn wir uns zu dieser großen Glückseeligkeit gegründete Hofnung machen wollen, so muß uns schon iezt Gott über alles werth, und die Ausübung des Guten unser an- genehmstes Geschäfte seyn. Der Grad unserer künf- tigen Seeligkeit wird mit unserm rechtschaffenen Ver-
Zwote Betr. Daß das gegenwärtige ſeine Verheißungen muß nothwendig, wenn er an-ders rechten Art ſeyn ſoll, Liebe zu Gott uud Men- ſchen in uns anzünden, uns zu dankbaren, recht- ſchaffenen, menſchenfreundlichen und Gott wohlge- fälligen Geſchöpfen bilden, und uns zu derienigen Tugend geſchickt machen, die nur dem Chriſten ei- gen iſt, zu einer Tugend, die weit beßer, edler und vortreflicher iſt, als die der Schriftgelehrten und Phariſäer, oder iene blos bürgerlichehrbaren Menſchen, die nur das zu ſeyn ſcheinen, was ſie in der That nicht ſind. Und dieſe chriſtlichen Ge- ſinnungen und Werke, die wir durch göttlichen Bey- ſtand mit gehöriger Treue und Beſtändigkeit ver- richten, ſind gleichſam der Saame zu einer reichen Ernde der Freuden im ewigen Leben. Denn wenn wir hinlänglich im Guten geübt ſind, ſo entſteht daraus eine Beruhigung und Freude, die uns ſchon hier zu glücklichen Menſchen macht, eine Freude, die wir einſt in ein anderes Leben mit hinüberneh- men werden. Wir erfahren es ia ſchon ietzt, wie unausſprechlich viel Troſt und Freude ein gutes Ge- wißen, und das Bewuſtſeyn, recht gethan zu haben, bey ſich führt, da wir noch mit ſo vielen Schwach- heiten und Mängeln umgeben ſind. Was wird es dann erſt ſeyn, wann wir nach überſtandner Prü- fungszeit im Guten beveſtiget, unſerm Gott in Vollkommenheit dienen werden? Aber wenn wir uns zu dieſer großen Glückſeeligkeit gegründete Hofnung machen wollen, ſo muß uns ſchon iezt Gott über alles werth, und die Ausübung des Guten unſer an- genehmſtes Geſchäfte ſeyn. Der Grad unſerer künf- tigen Seeligkeit wird mit unſerm rechtſchaffenen Ver-
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Zwote Betr. Daß das gegenwärtige
ſeine Verheißungen muß nothwendig, wenn er an-
ders rechten Art ſeyn ſoll, Liebe zu Gott uud Men-
ſchen in uns anzünden, uns zu dankbaren, recht-
ſchaffenen, menſchenfreundlichen und Gott wohlge-
fälligen Geſchöpfen bilden, und uns zu derienigen
Tugend geſchickt machen, die nur dem Chriſten ei-
gen iſt, zu einer Tugend, die weit beßer, edler
und vortreflicher iſt, als die der Schriftgelehrten
und Phariſäer, oder iene blos bürgerlichehrbaren
Menſchen, die nur das zu ſeyn ſcheinen, was ſie
in der That nicht ſind. Und dieſe chriſtlichen Ge-
ſinnungen und Werke, die wir durch göttlichen Bey-
ſtand mit gehöriger Treue und Beſtändigkeit ver-
richten, ſind gleichſam der Saame zu einer reichen
Ernde der Freuden im ewigen Leben. Denn wenn
wir hinlänglich im Guten geübt ſind, ſo entſteht
daraus eine Beruhigung und Freude, die uns ſchon
hier zu glücklichen Menſchen macht, eine Freude,
die wir einſt in ein anderes Leben mit hinüberneh-
men werden. Wir erfahren es ia ſchon ietzt, wie
unausſprechlich viel Troſt und Freude ein gutes Ge-
wißen, und das Bewuſtſeyn, recht gethan zu haben,
bey ſich führt, da wir noch mit ſo vielen Schwach-
heiten und Mängeln umgeben ſind. Was wird es
dann erſt ſeyn, wann wir nach überſtandner Prü-
fungszeit im Guten beveſtiget, unſerm Gott in
Vollkommenheit dienen werden? Aber wenn wir uns
zu dieſer großen Glückſeeligkeit gegründete Hofnung
machen wollen, ſo muß uns ſchon iezt Gott über
alles werth, und die Ausübung des Guten unſer an-
genehmſtes Geſchäfte ſeyn. Der Grad unſerer künf-
tigen Seeligkeit wird mit unſerm rechtſchaffenen
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