Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.Christi, und uns. künft. Auferstehung. leicht vergeßen, daß wir zu einer andern Glück-seeligkeit in ienem künftigen Leben bestimmt sind, wozu wir uns ietzt nur vorbereiten sollen. Wir würden ohne Zweifel in gar vielen Stücken ganz anders denken und handeln, als wir gewöhnlich zu thun pflegten, wenn uns bey aller Gelegenheit fol- gende Gedanken beyfielen: "Diese gegenwärtige Welt ist nicht derienige Ort wo ich vollkommen und beständig glücklich seyn kan. Alle äußerliche Vorzüge, alle Glücksgüter und Ehrenstellen sind mir nur auf eine kurze Zeit geliehen. Einst werde ich sterben müßen, und dann nehme ich nichts aus der Welt mit. Nur das Bewustseyn der Gnade Gottes und ein gutes Gewißen werde ich in iene Ewigkeit mit hinüber nehmen können. Was nü- tzen mir alle Glückseeligkeiten der Erden, was nü- tzen mir Königreiche, wenn mir iene Güter feh- len? So wie es ietzt ist, wird es nicht bleiben. So viele Millionen Menschen, die seit der Schö- pfung gestorben sind, werden einst auch ihren Lei- bern nach lebendig werden; und auch ich werde unter diesen Millionen seyn. Wir werden alsdann alle unser entscheidendes Urtheil vernehmen; und welches Urtheil wird alsdann über mich gefället werden? welches Schicksal wird auf mich warten? wie thöricht würde ich seyn, wenn ich nur darauf bedacht wäre, mir die wenigen Tage des gegen- wärtigen Lebens vergnügt und angenehm zu machen, und darüber nicht nur iene ewig dauernde Glücksee- ligkeit verscherzte, sondern auch mich in ein ewiges Elend und den tiefsten Jammer hineinstürzte?" Wenn wir oft solche oder diesen ähnliche Gedanken hätten,
Chriſti, und unſ. künft. Auferſtehung. leicht vergeßen, daß wir zu einer andern Glück-ſeeligkeit in ienem künftigen Leben beſtimmt ſind, wozu wir uns ietzt nur vorbereiten ſollen. Wir würden ohne Zweifel in gar vielen Stücken ganz anders denken und handeln, als wir gewöhnlich zu thun pflegten, wenn uns bey aller Gelegenheit fol- gende Gedanken beyfielen: „Dieſe gegenwärtige Welt iſt nicht derienige Ort wo ich vollkommen und beſtändig glücklich ſeyn kan. Alle äußerliche Vorzüge, alle Glücksgüter und Ehrenſtellen ſind mir nur auf eine kurze Zeit geliehen. Einſt werde ich ſterben müßen, und dann nehme ich nichts aus der Welt mit. Nur das Bewuſtſeyn der Gnade Gottes und ein gutes Gewißen werde ich in iene Ewigkeit mit hinüber nehmen können. Was nü- tzen mir alle Glückſeeligkeiten der Erden, was nü- tzen mir Königreiche, wenn mir iene Güter feh- len? So wie es ietzt iſt, wird es nicht bleiben. So viele Millionen Menſchen, die ſeit der Schö- pfung geſtorben ſind, werden einſt auch ihren Lei- bern nach lebendig werden; und auch ich werde unter dieſen Millionen ſeyn. Wir werden alsdann alle unſer entſcheidendes Urtheil vernehmen; und welches Urtheil wird alsdann über mich gefället werden? welches Schickſal wird auf mich warten? wie thöricht würde ich ſeyn, wenn ich nur darauf bedacht wäre, mir die wenigen Tage des gegen- wärtigen Lebens vergnügt und angenehm zu machen, und darüber nicht nur iene ewig dauernde Glückſee- ligkeit verſcherzte, ſondern auch mich in ein ewiges Elend und den tiefſten Jammer hineinſtürzte?„ Wenn wir oft ſolche oder dieſen ähnliche Gedanken hätten,
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Chriſti, und unſ. künft. Auferſtehung.
leicht vergeßen, daß wir zu einer andern Glück-
ſeeligkeit in ienem künftigen Leben beſtimmt ſind,
wozu wir uns ietzt nur vorbereiten ſollen. Wir
würden ohne Zweifel in gar vielen Stücken ganz
anders denken und handeln, als wir gewöhnlich zu
thun pflegten, wenn uns bey aller Gelegenheit fol-
gende Gedanken beyfielen: „Dieſe gegenwärtige
Welt iſt nicht derienige Ort wo ich vollkommen
und beſtändig glücklich ſeyn kan. Alle äußerliche
Vorzüge, alle Glücksgüter und Ehrenſtellen ſind
mir nur auf eine kurze Zeit geliehen. Einſt werde
ich ſterben müßen, und dann nehme ich nichts aus
der Welt mit. Nur das Bewuſtſeyn der Gnade
Gottes und ein gutes Gewißen werde ich in iene
Ewigkeit mit hinüber nehmen können. Was nü-
tzen mir alle Glückſeeligkeiten der Erden, was nü-
tzen mir Königreiche, wenn mir iene Güter feh-
len? So wie es ietzt iſt, wird es nicht bleiben.
So viele Millionen Menſchen, die ſeit der Schö-
pfung geſtorben ſind, werden einſt auch ihren Lei-
bern nach lebendig werden; und auch ich werde
unter dieſen Millionen ſeyn. Wir werden alsdann
alle unſer entſcheidendes Urtheil vernehmen; und
welches Urtheil wird alsdann über mich gefället
werden? welches Schickſal wird auf mich warten?
wie thöricht würde ich ſeyn, wenn ich nur darauf
bedacht wäre, mir die wenigen Tage des gegen-
wärtigen Lebens vergnügt und angenehm zu machen,
und darüber nicht nur iene ewig dauernde Glückſee-
ligkeit verſcherzte, ſondern auch mich in ein ewiges
Elend und den tiefſten Jammer hineinſtürzte?„
Wenn wir oft ſolche oder dieſen ähnliche Gedanken
hätten,
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