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Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.

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Funfzehnte Betr. Von der
meiniglich äußerst schwer uns zu faßen, und unser
Herz zu beruhigen. Aber welcher Trost könnte auch
hier kräftiger seyn, als der, daß der Allwißende
uns kennt! Wenn dieser uns frey spricht, so gel-
ten die Urtheile unbilliger und ungerechter Men-
schen nichts -- denn diese kennen uns nicht und
beurtheilen uns nur nach dem Aeußerlichen; da hin-
gegen Gott das Herz ansiehet. Einstens wird
unsere Unschuld sowohl als die Bosheit der Läste-
rer ans Licht kommen, und alsdann wird einem ie-
den sein rechtes Lob von Gott wiederfahren. 1 Kor.
4. Bis dorthin ist es Trost genug für uns, daß
wir uns gegen eine ganze unbillige Welt, mit
Freudigkeit des Gewißens auf ein höheres Zeugnis
berufen, und sprechen können: Herr, du erfor-
schest mich und kennest mich -- Mein Zeuge ist
im Himmel und der mich kennet ist in der Höhe.

Hiob. 16, 19.

Endlich ihr Betrübte und Nothleidende, die
ihr oft in der Welt keinen Trost findet, und euch
von allen Menschen verlaßen sehet, es ist einer,
der euch nie vergeßen kann, wenn euch alle Men-
schen vergeßen sollten. Wenn euch ein Kummer
drückt, den ihr niemand klagen könnt, so entdeckt
euer geheimes Anliegen dem Herrn. Schüttet eu-
er Herz vor ihm aus, ohne ihm das geringste zu
verschweigen. Er sieht eure Thränen und geheim-
sten Seufzer; er sieht sie nicht mit unempfindlicher
Gleichgültigkeit -- nein, er siehet sie als ein zärt-
licher Vater, der seine Kinder liebet, wenn er sie
auch mit harten Prüfungen heimsucht, und der
zur rechten Zeit alle Traurigkeit in Freude ver-

wandeln

Funfzehnte Betr. Von der
meiniglich äußerſt ſchwer uns zu faßen, und unſer
Herz zu beruhigen. Aber welcher Troſt könnte auch
hier kräftiger ſeyn, als der, daß der Allwißende
uns kennt! Wenn dieſer uns frey ſpricht, ſo gel-
ten die Urtheile unbilliger und ungerechter Men-
ſchen nichts — denn dieſe kennen uns nicht und
beurtheilen uns nur nach dem Aeußerlichen; da hin-
gegen Gott das Herz anſiehet. Einſtens wird
unſere Unſchuld ſowohl als die Bosheit der Läſte-
rer ans Licht kommen, und alsdann wird einem ie-
den ſein rechtes Lob von Gott wiederfahren. 1 Kor.
4. Bis dorthin iſt es Troſt genug für uns, daß
wir uns gegen eine ganze unbillige Welt, mit
Freudigkeit des Gewißens auf ein höheres Zeugnis
berufen, und ſprechen können: Herr, du erfor-
ſcheſt mich und kenneſt mich — Mein Zeuge iſt
im Himmel und der mich kennet iſt in der Höhe.

Hiob. 16, 19.

Endlich ihr Betrübte und Nothleidende, die
ihr oft in der Welt keinen Troſt findet, und euch
von allen Menſchen verlaßen ſehet, es iſt einer,
der euch nie vergeßen kann, wenn euch alle Men-
ſchen vergeßen ſollten. Wenn euch ein Kummer
drückt, den ihr niemand klagen könnt, ſo entdeckt
euer geheimes Anliegen dem Herrn. Schüttet eu-
er Herz vor ihm aus, ohne ihm das geringſte zu
verſchweigen. Er ſieht eure Thränen und geheim-
ſten Seufzer; er ſieht ſie nicht mit unempfindlicher
Gleichgültigkeit — nein, er ſiehet ſie als ein zärt-
licher Vater, der ſeine Kinder liebet, wenn er ſie
auch mit harten Prüfungen heimſucht, und der
zur rechten Zeit alle Traurigkeit in Freude ver-

wandeln
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[232/0244] Funfzehnte Betr. Von der meiniglich äußerſt ſchwer uns zu faßen, und unſer Herz zu beruhigen. Aber welcher Troſt könnte auch hier kräftiger ſeyn, als der, daß der Allwißende uns kennt! Wenn dieſer uns frey ſpricht, ſo gel- ten die Urtheile unbilliger und ungerechter Men- ſchen nichts — denn dieſe kennen uns nicht und beurtheilen uns nur nach dem Aeußerlichen; da hin- gegen Gott das Herz anſiehet. Einſtens wird unſere Unſchuld ſowohl als die Bosheit der Läſte- rer ans Licht kommen, und alsdann wird einem ie- den ſein rechtes Lob von Gott wiederfahren. 1 Kor. 4. Bis dorthin iſt es Troſt genug für uns, daß wir uns gegen eine ganze unbillige Welt, mit Freudigkeit des Gewißens auf ein höheres Zeugnis berufen, und ſprechen können: Herr, du erfor- ſcheſt mich und kenneſt mich — Mein Zeuge iſt im Himmel und der mich kennet iſt in der Höhe. Hiob. 16, 19. Endlich ihr Betrübte und Nothleidende, die ihr oft in der Welt keinen Troſt findet, und euch von allen Menſchen verlaßen ſehet, es iſt einer, der euch nie vergeßen kann, wenn euch alle Men- ſchen vergeßen ſollten. Wenn euch ein Kummer drückt, den ihr niemand klagen könnt, ſo entdeckt euer geheimes Anliegen dem Herrn. Schüttet eu- er Herz vor ihm aus, ohne ihm das geringſte zu verſchweigen. Er ſieht eure Thränen und geheim- ſten Seufzer; er ſieht ſie nicht mit unempfindlicher Gleichgültigkeit — nein, er ſiehet ſie als ein zärt- licher Vater, der ſeine Kinder liebet, wenn er ſie auch mit harten Prüfungen heimſucht, und der zur rechten Zeit alle Traurigkeit in Freude ver- wandeln

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Zitationshilfe: Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/244>, abgerufen am 24.11.2024.