Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.Dreyzehnte Betr. Von der Liebe andere Menschen betrübt, und elend macht, der istallen Absichten und Einrichtungen Gottes entgegen, ein Feind der menschlichen Gesellschaft, ein Störer des Vergnügens und der Glückseeligkeit, die Gott allen vernünftigen Geschöpfen zugedacht hat, ein Feind Gottes selbst. Wundert ihr euch vielleicht darüber, daß Paulus die Liebe des Nächsten für eine unumgänglichnothwendige Eigenschaft eines Christen erklärt? Wundert ihr euch, daß Jesus, daß alle seine Apostel allgemeine Menschenliebe bey aller Gelegenheit so dringend und nachdrücklich em- pfohlen? Wundert ihr euch, daß Jesus sagt, er wolle eben daran erkennen, daß man sein Angehö- riger sey, wenn man Liebe und gütiges Wohlwol- len gegen andere Menschen beweise? Joh. 13. Wer die Billigkeit dieser Forderungen nicht erken- nen will, der muß seine gesunde Vernunft selbst verleugnen. Gott ist ganz Liebe und Güte; Jesus hat sich zum Wohl des menschlichen Geschlechts ganz aufgeopfert; alle Einrichtungen Gottes im Himmel und auf Erden zielen dahin ab, so viel vernünftige Geschöpfe glücklich zu machen, als sich nur glücklich wollen machen laßen -- und du ar- mer Mensch willst der Gottheit nicht nachahmen, willst ihre große Absicht nicht befördern helfen, und sie wohl gar an deinem Theil hindern und ver- eiteln? Nun so bist du ein wahrer Satan, gleich ienem verworfenen Geiste, der eben deswegen ein Feind Gottes und des menschlichen Geschlechts ge- nennt wird, weil er stets darauf bedacht ist, Un- glück zu stiften und nie Gutes zu thun; so bist du nicht werth, ein Mensch, noch vielweniger wür- dig, ein Christ zu heißen. Aber
Dreyzehnte Betr. Von der Liebe andere Menſchen betrübt, und elend macht, der iſtallen Abſichten und Einrichtungen Gottes entgegen, ein Feind der menſchlichen Geſellſchaft, ein Störer des Vergnügens und der Glückſeeligkeit, die Gott allen vernünftigen Geſchöpfen zugedacht hat, ein Feind Gottes ſelbſt. Wundert ihr euch vielleicht darüber, daß Paulus die Liebe des Nächſten für eine unumgänglichnothwendige Eigenſchaft eines Chriſten erklärt? Wundert ihr euch, daß Jeſus, daß alle ſeine Apoſtel allgemeine Menſchenliebe bey aller Gelegenheit ſo dringend und nachdrücklich em- pfohlen? Wundert ihr euch, daß Jeſus ſagt, er wolle eben daran erkennen, daß man ſein Angehö- riger ſey, wenn man Liebe und gütiges Wohlwol- len gegen andere Menſchen beweiſe? Joh. 13. Wer die Billigkeit dieſer Forderungen nicht erken- nen will, der muß ſeine geſunde Vernunft ſelbſt verleugnen. Gott iſt ganz Liebe und Güte; Jeſus hat ſich zum Wohl des menſchlichen Geſchlechts ganz aufgeopfert; alle Einrichtungen Gottes im Himmel und auf Erden zielen dahin ab, ſo viel vernünftige Geſchöpfe glücklich zu machen, als ſich nur glücklich wollen machen laßen — und du ar- mer Menſch willſt der Gottheit nicht nachahmen, willſt ihre große Abſicht nicht befördern helfen, und ſie wohl gar an deinem Theil hindern und ver- eiteln? Nun ſo biſt du ein wahrer Satan, gleich ienem verworfenen Geiſte, der eben deswegen ein Feind Gottes und des menſchlichen Geſchlechts ge- nennt wird, weil er ſtets darauf bedacht iſt, Un- glück zu ſtiften und nie Gutes zu thun; ſo biſt du nicht werth, ein Menſch, noch vielweniger wür- dig, ein Chriſt zu heißen. Aber
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Dreyzehnte Betr. Von der Liebe
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allen Abſichten und Einrichtungen Gottes entgegen,
ein Feind der menſchlichen Geſellſchaft, ein Störer
des Vergnügens und der Glückſeeligkeit, die Gott
allen vernünftigen Geſchöpfen zugedacht hat, ein
Feind Gottes ſelbſt. Wundert ihr euch vielleicht
darüber, daß Paulus die Liebe des Nächſten für
eine unumgänglichnothwendige Eigenſchaft eines
Chriſten erklärt? Wundert ihr euch, daß Jeſus,
daß alle ſeine Apoſtel allgemeine Menſchenliebe bey
aller Gelegenheit ſo dringend und nachdrücklich em-
pfohlen? Wundert ihr euch, daß Jeſus ſagt, er
wolle eben daran erkennen, daß man ſein Angehö-
riger ſey, wenn man Liebe und gütiges Wohlwol-
len gegen andere Menſchen beweiſe? Joh. 13.
Wer die Billigkeit dieſer Forderungen nicht erken-
nen will, der muß ſeine geſunde Vernunft ſelbſt
verleugnen. Gott iſt ganz Liebe und Güte; Jeſus
hat ſich zum Wohl des menſchlichen Geſchlechts
ganz aufgeopfert; alle Einrichtungen Gottes im
Himmel und auf Erden zielen dahin ab, ſo viel
vernünftige Geſchöpfe glücklich zu machen, als ſich
nur glücklich wollen machen laßen — und du ar-
mer Menſch willſt der Gottheit nicht nachahmen,
willſt ihre große Abſicht nicht befördern helfen,
und ſie wohl gar an deinem Theil hindern und ver-
eiteln? Nun ſo biſt du ein wahrer Satan, gleich
ienem verworfenen Geiſte, der eben deswegen ein
Feind Gottes und des menſchlichen Geſchlechts ge-
nennt wird, weil er ſtets darauf bedacht iſt, Un-
glück zu ſtiften und nie Gutes zu thun; ſo biſt du
nicht werth, ein Menſch, noch vielweniger wür-
dig, ein Chriſt zu heißen.
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