sind, oder: das Leiden muß uns erst beßern, wenn es zu unserer wahren Wohlfarth ausschlagen soll. Diesen Nutzen hatte David von seinem Leiden ver- spürt, und daher legt er seinem Gott das dankba- re Bekenntnis ab: Herr, es ist mir lieb, daß du mich gedemüthiget hast, daß ich deine Rechte lerne.
Wenige Worte, aber von einem ungemein wichtigen und fruchtbaren Innhalt. Die mehrsten Menschen dünken sich unglücklich zu seyn, wenn sie vielen Leiden und Widerwärtigkeiten in der Welt unterworfen sind, und David schätzt sich glücklich, daß ihn sein Gott gezüchtiget hat. Es ist mir lieb, es ist mir nützlich, und ich erkenne es für eine Wohlthat, daß du mich gedemüthigt, oder ge- züchtiget, und mit mancherley Trübsalen heimge- suchet hast. Und warum denn, du große, edle Seele? Wie kanst du es für ein Glück achten, wenn sich Freunde und Feinde gegen dich empören, wenn du von einer Stadt in die andere geiagt wirst, wenn du oft in den traurigsten Umständen von Gott und Menschen verlaßen zu seyn scheinest? Auf daß ich deine Rechte lerne, daß ich mich an deine Befehle und Vorschriften desto lebhafter er- innere, und sie in Ausübung bringe, daß ich gebeßert, im Guten bevestiget, und immer näher mit dir, mein Gott, vereiniget werde, Dieß ist die Ursache, warum er auch seine Widerwärtigkei- ten für göttliche Wohlthaten erkennet, und sich mit Vergnügen an dieselben erinnert. Und so ist es auch in der That. Dafür erkennen alle rechtschaf- fene Verehrer Gottes die Leiden die ihnen begeg-
nen
als unſerer wahren Glückſeeligkeit.
ſind, oder: das Leiden muß uns erſt beßern, wenn es zu unſerer wahren Wohlfarth ausſchlagen ſoll. Dieſen Nutzen hatte David von ſeinem Leiden ver- ſpürt, und daher legt er ſeinem Gott das dankba- re Bekenntnis ab: Herr, es iſt mir lieb, daß du mich gedemüthiget haſt, daß ich deine Rechte lerne.
Wenige Worte, aber von einem ungemein wichtigen und fruchtbaren Innhalt. Die mehrſten Menſchen dünken ſich unglücklich zu ſeyn, wenn ſie vielen Leiden und Widerwärtigkeiten in der Welt unterworfen ſind, und David ſchätzt ſich glücklich, daß ihn ſein Gott gezüchtiget hat. Es iſt mir lieb, es iſt mir nützlich, und ich erkenne es für eine Wohlthat, daß du mich gedemüthigt, oder ge- züchtiget, und mit mancherley Trübſalen heimge- ſuchet haſt. Und warum denn, du große, edle Seele? Wie kanſt du es für ein Glück achten, wenn ſich Freunde und Feinde gegen dich empören, wenn du von einer Stadt in die andere geiagt wirſt, wenn du oft in den traurigſten Umſtänden von Gott und Menſchen verlaßen zu ſeyn ſcheineſt? Auf daß ich deine Rechte lerne, daß ich mich an deine Befehle und Vorſchriften deſto lebhafter er- innere, und ſie in Ausübung bringe, daß ich gebeßert, im Guten beveſtiget, und immer näher mit dir, mein Gott, vereiniget werde, Dieß iſt die Urſache, warum er auch ſeine Widerwärtigkei- ten für göttliche Wohlthaten erkennet, und ſich mit Vergnügen an dieſelben erinnert. Und ſo iſt es auch in der That. Dafür erkennen alle rechtſchaf- fene Verehrer Gottes die Leiden die ihnen begeg-
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als unſerer wahren Glückſeeligkeit.
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Dieſen Nutzen hatte David von ſeinem Leiden ver-
ſpürt, und daher legt er ſeinem Gott das dankba-
re Bekenntnis ab: Herr, es iſt mir lieb, daß du
mich gedemüthiget haſt, daß ich deine Rechte
lerne.
Wenige Worte, aber von einem ungemein
wichtigen und fruchtbaren Innhalt. Die mehrſten
Menſchen dünken ſich unglücklich zu ſeyn, wenn ſie
vielen Leiden und Widerwärtigkeiten in der Welt
unterworfen ſind, und David ſchätzt ſich glücklich,
daß ihn ſein Gott gezüchtiget hat. Es iſt mir lieb,
es iſt mir nützlich, und ich erkenne es für eine
Wohlthat, daß du mich gedemüthigt, oder ge-
züchtiget, und mit mancherley Trübſalen heimge-
ſuchet haſt. Und warum denn, du große, edle
Seele? Wie kanſt du es für ein Glück achten, wenn
ſich Freunde und Feinde gegen dich empören, wenn
du von einer Stadt in die andere geiagt wirſt,
wenn du oft in den traurigſten Umſtänden von
Gott und Menſchen verlaßen zu ſeyn ſcheineſt?
Auf daß ich deine Rechte lerne, daß ich mich an
deine Befehle und Vorſchriften deſto lebhafter er-
innere, und ſie in Ausübung bringe, daß ich
gebeßert, im Guten beveſtiget, und immer näher
mit dir, mein Gott, vereiniget werde, Dieß iſt
die Urſache, warum er auch ſeine Widerwärtigkei-
ten für göttliche Wohlthaten erkennet, und ſich mit
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Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/185>, abgerufen am 16.02.2025.
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