lesen, worinnen uns der vortrefliche Unterricht un- sers grösten, erhabensten Lehrers, Jesu Christi, dem Hauptinnhalte nach schriftlich vorgelegt wird. Laßt uns dieses Buch lieb gewinnen, und ohne Un- terlaß darinnen lesen, mit gröster Aufmerksamkeit und Ehrfurcht darinnen lesen. Was hilft uns sonst alles Wißen auf Erden, wenn uns die nö- thigste Wißenschaft fehlt?
Aber was hilft uns auch das bloße Wißen, wenn wir uns diesen vortreflichen Unterricht nicht zu Nutze machen? Was nützt es, wenn mir zwar wißen, wie wir durch Christum zu Gott kommen sollen, aber nicht kommen wollen? Seeligkeit, ihr Chri- sten, Seeligkeiten der Engel hat euch Christus be- reitet, und vielen unter euch ist an allen diesen himm- lischen Freuden nichts gelegen; viele sind in ihren Lastern und Sünden so sehr verstrickt, so sehr an das Zeitliche gefeßelt, daß man tauben Ohren pre- diget, wenn man ihnen zuruft: Laßet euch doch versöhnen mit Gott. Euer Heyland will euch zu Bürgern des Himmels bilden, eine himmlische Ge- müthsart in euch anrichten, ganz vortrefliche Men- schen aus euch machen, und viele möchten auch wollen immer ihre alten Unarten beybehalten, wol- len Christo angehören, und doch seinen Sinn nicht annehmen: wollen Christo einst in der Herrlichkeit ähnlich seyn; und ihm doch nicht hier auf Erden in seinen Tugenden ähnlich werden. O wie schwer wird ihre Verantwortung seyn! Ja, doppelt schwer eure Verantwortung seyn, ihr, die ihr Christi Nahmen nennt, und doch nicht von der Ungerech- tigkeit abtrettet; die ihr das Licht sehet, aber die
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Lehrer des menſchlichen Geſchlechts.
leſen, worinnen uns der vortrefliche Unterricht un- ſers gröſten, erhabenſten Lehrers, Jeſu Chriſti, dem Hauptinnhalte nach ſchriftlich vorgelegt wird. Laßt uns dieſes Buch lieb gewinnen, und ohne Un- terlaß darinnen leſen, mit gröſter Aufmerkſamkeit und Ehrfurcht darinnen leſen. Was hilft uns ſonſt alles Wißen auf Erden, wenn uns die nö- thigſte Wißenſchaft fehlt?
Aber was hilft uns auch das bloße Wißen, wenn wir uns dieſen vortreflichen Unterricht nicht zu Nutze machen? Was nützt es, wenn mir zwar wißen, wie wir durch Chriſtum zu Gott kommen ſollen, aber nicht kommen wollen? Seeligkeit, ihr Chri- ſten, Seeligkeiten der Engel hat euch Chriſtus be- reitet, und vielen unter euch iſt an allen dieſen himm- liſchen Freuden nichts gelegen; viele ſind in ihren Laſtern und Sünden ſo ſehr verſtrickt, ſo ſehr an das Zeitliche gefeßelt, daß man tauben Ohren pre- diget, wenn man ihnen zuruft: Laßet euch doch verſöhnen mit Gott. Euer Heyland will euch zu Bürgern des Himmels bilden, eine himmliſche Ge- müthsart in euch anrichten, ganz vortrefliche Men- ſchen aus euch machen, und viele möchten auch wollen immer ihre alten Unarten beybehalten, wol- len Chriſto angehören, und doch ſeinen Sinn nicht annehmen: wollen Chriſto einſt in der Herrlichkeit ähnlich ſeyn; und ihm doch nicht hier auf Erden in ſeinen Tugenden ähnlich werden. O wie ſchwer wird ihre Verantwortung ſeyn! Ja, doppelt ſchwer eure Verantwortung ſeyn, ihr, die ihr Chriſti Nahmen nennt, und doch nicht von der Ungerech- tigkeit abtrettet; die ihr das Licht ſehet, aber die
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Lehrer des menſchlichen Geſchlechts.
leſen, worinnen uns der vortrefliche Unterricht un-
ſers gröſten, erhabenſten Lehrers, Jeſu Chriſti,
dem Hauptinnhalte nach ſchriftlich vorgelegt wird.
Laßt uns dieſes Buch lieb gewinnen, und ohne Un-
terlaß darinnen leſen, mit gröſter Aufmerkſamkeit
und Ehrfurcht darinnen leſen. Was hilft uns
ſonſt alles Wißen auf Erden, wenn uns die nö-
thigſte Wißenſchaft fehlt?
Aber was hilft uns auch das bloße Wißen,
wenn wir uns dieſen vortreflichen Unterricht nicht zu
Nutze machen? Was nützt es, wenn mir zwar wißen,
wie wir durch Chriſtum zu Gott kommen ſollen,
aber nicht kommen wollen? Seeligkeit, ihr Chri-
ſten, Seeligkeiten der Engel hat euch Chriſtus be-
reitet, und vielen unter euch iſt an allen dieſen himm-
liſchen Freuden nichts gelegen; viele ſind in ihren
Laſtern und Sünden ſo ſehr verſtrickt, ſo ſehr an
das Zeitliche gefeßelt, daß man tauben Ohren pre-
diget, wenn man ihnen zuruft: Laßet euch doch
verſöhnen mit Gott. Euer Heyland will euch zu
Bürgern des Himmels bilden, eine himmliſche Ge-
müthsart in euch anrichten, ganz vortrefliche Men-
ſchen aus euch machen, und viele möchten auch
wollen immer ihre alten Unarten beybehalten, wol-
len Chriſto angehören, und doch ſeinen Sinn nicht
annehmen: wollen Chriſto einſt in der Herrlichkeit
ähnlich ſeyn; und ihm doch nicht hier auf Erden in
ſeinen Tugenden ähnlich werden. O wie ſchwer
wird ihre Verantwortung ſeyn! Ja, doppelt ſchwer
eure Verantwortung ſeyn, ihr, die ihr Chriſti
Nahmen nennt, und doch nicht von der Ungerech-
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Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/147>, abgerufen am 16.02.2025.
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