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Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.

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Neunte Betr. Jesus Christus der gröste
sten Betrieger unter der Sonne gewesen, in dem
sie Jesum von Nazareth für Gottes Sohn ausge-
geben, da er doch ein bloßer Mensch gewesen wä-
re? So widerwärtige Dinge wollten wir zusam-
men reimen? Glauben, daß ein Betrug nun län-
ger als 1700. Jahre lang bestanden, und die heil-
samsten Wirkungen auf dem Erdboden hervorge-
bracht habe? Nein, das kan unmöglich von Leu-
ten, die ihre Vernunft gehörig brauchen wollen,
im Ernste behauptet werden. So gewiß wir
Christen heißen, so gewiß wir die Schriften der
Apostel haben, so gewiß ist es, daß Jesus von
Nazareth auf Erden gelebt, gelehrt, gestorben
und auferstanden, daß er der Sohn Gottes ist,
für den er sich ausgegeben, daß seine Lehre von
Gott untriegliche, ewige Wahrheit ist.

Ist denn das alles gewiß was Jesus gelehrt
und verheißen hat, gewiß, daß uns ewige Freu-
den bevorstehen, wenn wir uns nach seinen h. Vor-
schriften richten, was sollte uns denn wichtiger seyn,
als die richtige Erkenntnis und Ausübung seiner
Lehre? Ueberleget es doch nur? Jesus, der gröste
Lehrer des menschlichen Geschlechts ist auch unser
Lehrer; denn ob wir gleich seine menschliche Stim-
me nicht vernehmen, so lehret er uns doch durch
die Schriften seiner Apostel; so lehrt er uns doch
durch alle redliche Lehrer des Christenthums, die
Tag und Nacht diese ehrwürdigen Schriften lesen,
studieren und betrachten, und sich bemühen, den
Innhalte nach eben das wieder zu sagen und zu be-
zeugen, was Christus und seine Apostel gelehret
haben. Ja, ein ieder kan selbst dasienige Buch

lesen,

Neunte Betr. Jeſus Chriſtus der gröſte
ſten Betrieger unter der Sonne geweſen, in dem
ſie Jeſum von Nazareth für Gottes Sohn ausge-
geben, da er doch ein bloßer Menſch geweſen wä-
re? So widerwärtige Dinge wollten wir zuſam-
men reimen? Glauben, daß ein Betrug nun län-
ger als 1700. Jahre lang beſtanden, und die heil-
ſamſten Wirkungen auf dem Erdboden hervorge-
bracht habe? Nein, das kan unmöglich von Leu-
ten, die ihre Vernunft gehörig brauchen wollen,
im Ernſte behauptet werden. So gewiß wir
Chriſten heißen, ſo gewiß wir die Schriften der
Apoſtel haben, ſo gewiß iſt es, daß Jeſus von
Nazareth auf Erden gelebt, gelehrt, geſtorben
und auferſtanden, daß er der Sohn Gottes iſt,
für den er ſich ausgegeben, daß ſeine Lehre von
Gott untriegliche, ewige Wahrheit iſt.

Iſt denn das alles gewiß was Jeſus gelehrt
und verheißen hat, gewiß, daß uns ewige Freu-
den bevorſtehen, wenn wir uns nach ſeinen h. Vor-
ſchriften richten, was ſollte uns denn wichtiger ſeyn,
als die richtige Erkenntnis und Ausübung ſeiner
Lehre? Ueberleget es doch nur? Jeſus, der gröſte
Lehrer des menſchlichen Geſchlechts iſt auch unſer
Lehrer; denn ob wir gleich ſeine menſchliche Stim-
me nicht vernehmen, ſo lehret er uns doch durch
die Schriften ſeiner Apoſtel; ſo lehrt er uns doch
durch alle redliche Lehrer des Chriſtenthums, die
Tag und Nacht dieſe ehrwürdigen Schriften leſen,
ſtudieren und betrachten, und ſich bemühen, den
Innhalte nach eben das wieder zu ſagen und zu be-
zeugen, was Chriſtus und ſeine Apoſtel gelehret
haben. Ja, ein ieder kan ſelbſt dasienige Buch

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[134/0146] Neunte Betr. Jeſus Chriſtus der gröſte ſten Betrieger unter der Sonne geweſen, in dem ſie Jeſum von Nazareth für Gottes Sohn ausge- geben, da er doch ein bloßer Menſch geweſen wä- re? So widerwärtige Dinge wollten wir zuſam- men reimen? Glauben, daß ein Betrug nun län- ger als 1700. Jahre lang beſtanden, und die heil- ſamſten Wirkungen auf dem Erdboden hervorge- bracht habe? Nein, das kan unmöglich von Leu- ten, die ihre Vernunft gehörig brauchen wollen, im Ernſte behauptet werden. So gewiß wir Chriſten heißen, ſo gewiß wir die Schriften der Apoſtel haben, ſo gewiß iſt es, daß Jeſus von Nazareth auf Erden gelebt, gelehrt, geſtorben und auferſtanden, daß er der Sohn Gottes iſt, für den er ſich ausgegeben, daß ſeine Lehre von Gott untriegliche, ewige Wahrheit iſt. Iſt denn das alles gewiß was Jeſus gelehrt und verheißen hat, gewiß, daß uns ewige Freu- den bevorſtehen, wenn wir uns nach ſeinen h. Vor- ſchriften richten, was ſollte uns denn wichtiger ſeyn, als die richtige Erkenntnis und Ausübung ſeiner Lehre? Ueberleget es doch nur? Jeſus, der gröſte Lehrer des menſchlichen Geſchlechts iſt auch unſer Lehrer; denn ob wir gleich ſeine menſchliche Stim- me nicht vernehmen, ſo lehret er uns doch durch die Schriften ſeiner Apoſtel; ſo lehrt er uns doch durch alle redliche Lehrer des Chriſtenthums, die Tag und Nacht dieſe ehrwürdigen Schriften leſen, ſtudieren und betrachten, und ſich bemühen, den Innhalte nach eben das wieder zu ſagen und zu be- zeugen, was Chriſtus und ſeine Apoſtel gelehret haben. Ja, ein ieder kan ſelbſt dasienige Buch leſen,

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Zitationshilfe: Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/146>, abgerufen am 22.11.2024.