deswegen, um nicht zu ermüden, von Strecke zu Strecke Ruhepuncte ansetzt; -- wie in der histoire d'Albert, wo jede neue Phase dieses mi߬ rathenen Sohns mit einem Tritt vor den Hintern schließt, den ihm sein Vater ertheilt, wobei man nur den Fuß des Einen und die Poste¬ riora des Andern sieht; eben so die wiederkehrenden Momente, wo Hr. Jabot sich wieder in Positur setzt, Hr. Bieux Bois das Hemd wechselt u. dgl. m. Das Successive aber behandelt Töpffer in seiner phantastischen Weise gern so, daß er dieselbe Handlung auf mehren, durch Striche getrennten Feldern in mehren unmittelbar auf einander folgenden Momenten darstellt. Albert wird unter Andern Reisender zuerst für einen Weinhändler, dann für einen Buchhändler, welcher letztere eine Metaphysique pittoresque herausgibt. Man sieht ihn bei einer Familie eintreten, die er mit seiner Zudringlichkeit mißhandelt (assassine). Nun trennt Töpffer das weitere Blatt durch Striche in eilf schmale Streifen; auf dem ersten sieht man Herrn Albert noch in ganzer Figur, ein Compliment machend: il assassine au rez de chaus¬ see; auf dem zweiten nur noch halbe Figur: a l'entresol; auf dem drit¬ ten nur noch Hintertheil und Beine, immer in tiefer Verbeugung: au premier -- und so fort mit Grazie in infinitum, bis man am Ende nur noch einen verschwindenden Punct sieht. M. Pencil zeichnet die schöne Natur. Wie er fertig ist, betrachtet er sein Werk mit höchster Zufriedenheit. Wieder ein Bild: er sieht es von der andern Seite an und il est content aussi. Er sieht es über die Schulter an und er ist eben so zufrieden; er kehrt es gar um, sieht die leere Rückseite an und remarque avec plaisir, qu'il est encore content. Töpffer versteht seine Sache gut genug, um im Text eben so jedesmal die Worte zu wieder¬ holen. So wird auch der wüthend eifersüchtige Jolibois im M. Pencil immer mit dem Zusatz in Parenthese: car helas la passion aveugle, eingeführt. -- Nun müssen wir noch das wahnsinnige Spiel des Zu¬ falls, die phantastische Aufhebung der Naturgesetze hervorheben, welche beginnt, sowie das Hauptsubject von der ersten Exposition in die Ver¬ flechtung seines Schicksals, in die Verwicklung eintritt. Das sausende Rad einer verrückten Welt packt es am kleinen Finger, am Rockzipfel und reißt es unerbittlich im Schwunge mit fort. Das Unmögliche wird behandelt, als verstehe es sich von selbst. In mehren dieser Hefte geht fast die ganze Geschichte in der Luft vor sich, in deren Höhen ein schalk¬ hafter Zephyr mehre Personen hinaufbläst. Die Personen sind ordent¬ lich auch dem Leibe nach unzerstörbar; hundertmal müßten sie zu Staub zermalmt, zu Brei gequetscht sein, sich zu Tode geschnauft, in Schweiß aufgelöst haben, wären sie nicht komische Götter, unsterbliche Wesen auf dem Olympe der Narrheit. Es gibt keine Schwere mehr; doch es
deswegen, um nicht zu ermüden, von Strecke zu Strecke Ruhepuncte anſetzt; — wie in der histoire d'Albert, wo jede neue Phaſe dieſes mi߬ rathenen Sohns mit einem Tritt vor den Hintern ſchließt, den ihm ſein Vater ertheilt, wobei man nur den Fuß des Einen und die Poste¬ riora des Andern ſieht; eben ſo die wiederkehrenden Momente, wo Hr. Jabot ſich wieder in Poſitur ſetzt, Hr. Bieux Bois das Hemd wechſelt u. dgl. m. Das Succeſſive aber behandelt Töpffer in ſeiner phantaſtiſchen Weiſe gern ſo, daß er dieſelbe Handlung auf mehren, durch Striche getrennten Feldern in mehren unmittelbar auf einander folgenden Momenten darſtellt. Albert wird unter Andern Reiſender zuerſt für einen Weinhändler, dann für einen Buchhändler, welcher letztere eine Metaphysique pittoresque herausgibt. Man ſieht ihn bei einer Familie eintreten, die er mit ſeiner Zudringlichkeit mißhandelt (assassine). Nun trennt Töpffer das weitere Blatt durch Striche in eilf ſchmale Streifen; auf dem erſten ſieht man Herrn Albert noch in ganzer Figur, ein Compliment machend: il assassine au rez de chaus¬ sée; auf dem zweiten nur noch halbe Figur: à l'entresol; auf dem drit¬ ten nur noch Hintertheil und Beine, immer in tiefer Verbeugung: au premier — und ſo fort mit Grazie in infinitum, bis man am Ende nur noch einen verſchwindenden Punct ſieht. M. Pencil zeichnet die ſchöne Natur. Wie er fertig iſt, betrachtet er ſein Werk mit höchſter Zufriedenheit. Wieder ein Bild: er ſieht es von der andern Seite an und il est content aussi. Er ſieht es über die Schulter an und er iſt eben ſo zufrieden; er kehrt es gar um, ſieht die leere Rückſeite an und remarque avec plaisir, qu'il est encore content. Töpffer verſteht ſeine Sache gut genug, um im Text eben ſo jedesmal die Worte zu wieder¬ holen. So wird auch der wüthend eiferſüchtige Jolibois im M. Pencil immer mit dem Zuſatz in Parentheſe: car hélas la passion aveugle, eingeführt. — Nun müſſen wir noch das wahnſinnige Spiel des Zu¬ falls, die phantaſtiſche Aufhebung der Naturgeſetze hervorheben, welche beginnt, ſowie das Hauptſubject von der erſten Expoſition in die Ver¬ flechtung ſeines Schickſals, in die Verwicklung eintritt. Das ſauſende Rad einer verrückten Welt packt es am kleinen Finger, am Rockzipfel und reißt es unerbittlich im Schwunge mit fort. Das Unmögliche wird behandelt, als verſtehe es ſich von ſelbſt. In mehren dieſer Hefte geht faſt die ganze Geſchichte in der Luft vor ſich, in deren Höhen ein ſchalk¬ hafter Zephyr mehre Perſonen hinaufbläſt. Die Perſonen ſind ordent¬ lich auch dem Leibe nach unzerſtörbar; hundertmal müßten ſie zu Staub zermalmt, zu Brei gequetſcht ſein, ſich zu Tode geſchnauft, in Schweiß aufgelöſt haben, wären ſie nicht komiſche Götter, unſterbliche Weſen auf dem Olympe der Narrheit. Es gibt keine Schwere mehr; doch es
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anſetzt; — wie in der histoire d'Albert, wo jede neue Phaſe dieſes mi߬
rathenen Sohns mit einem Tritt vor den Hintern ſchließt, den ihm
ſein Vater ertheilt, wobei man nur den Fuß des Einen und die Poste¬
riora des Andern ſieht; eben ſo die wiederkehrenden Momente, wo
Hr. Jabot ſich wieder in Poſitur ſetzt, Hr. Bieux Bois das Hemd
wechſelt u. dgl. m. Das Succeſſive aber behandelt Töpffer in ſeiner
phantaſtiſchen Weiſe gern ſo, daß er dieſelbe Handlung auf mehren,
durch Striche getrennten Feldern in mehren unmittelbar auf einander
folgenden Momenten darſtellt. Albert wird unter Andern Reiſender
zuerſt für einen Weinhändler, dann für einen Buchhändler, welcher
letztere eine Metaphysique pittoresque herausgibt. Man ſieht ihn bei
einer Familie eintreten, die er mit ſeiner Zudringlichkeit mißhandelt
(assassine). Nun trennt Töpffer das weitere Blatt durch Striche in
eilf ſchmale Streifen; auf dem erſten ſieht man Herrn Albert noch in
ganzer Figur, ein Compliment machend: il assassine au rez de chaus¬
sée; auf dem zweiten nur noch halbe Figur: à l'entresol; auf dem drit¬
ten nur noch Hintertheil und Beine, immer in tiefer Verbeugung: au
premier — und ſo fort mit Grazie in infinitum, bis man am Ende
nur noch einen verſchwindenden Punct ſieht. M. Pencil zeichnet die
ſchöne Natur. Wie er fertig iſt, betrachtet er ſein Werk mit höchſter
Zufriedenheit. Wieder ein Bild: er ſieht es von der andern Seite an
und il est content aussi. Er ſieht es über die Schulter an und er iſt
eben ſo zufrieden; er kehrt es gar um, ſieht die leere Rückſeite an und
remarque avec plaisir, qu'il est encore content. Töpffer verſteht ſeine
Sache gut genug, um im Text eben ſo jedesmal die Worte zu wieder¬
holen. So wird auch der wüthend eiferſüchtige Jolibois im M. Pencil
immer mit dem Zuſatz in Parentheſe: car hélas la passion aveugle,
eingeführt. — Nun müſſen wir noch das wahnſinnige Spiel des Zu¬
falls, die phantaſtiſche Aufhebung der Naturgeſetze hervorheben, welche
beginnt, ſowie das Hauptſubject von der erſten Expoſition in die Ver¬
flechtung ſeines Schickſals, in die Verwicklung eintritt. Das ſauſende
Rad einer verrückten Welt packt es am kleinen Finger, am Rockzipfel
und reißt es unerbittlich im Schwunge mit fort. Das Unmögliche wird
behandelt, als verſtehe es ſich von ſelbſt. In mehren dieſer Hefte geht
faſt die ganze Geſchichte in der Luft vor ſich, in deren Höhen ein ſchalk¬
hafter Zephyr mehre Perſonen hinaufbläſt. Die Perſonen ſind ordent¬
lich auch dem Leibe nach unzerſtörbar; hundertmal müßten ſie zu Staub
zermalmt, zu Brei gequetſcht ſein, ſich zu Tode geſchnauft, in Schweiß
aufgelöſt haben, wären ſie nicht komiſche Götter, unſterbliche Weſen
auf dem Olympe der Narrheit. Es gibt keine Schwere mehr; doch es
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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/484>, abgerufen am 24.11.2024.
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