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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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gewissen Aehnlichkeit der Figur und der Physiognomie. Wenn
sie nur hinreicht, für den satirischen Angriff als Enveloppe
zu dienen. Der Kunstwerth fast aller Caricaturen solcher
Art ist ein äußerst geringer. Man sehe solche Sammlungen
durch, wie das Musee de la caricature en France, worin die
Zerrbilder aus der Zeit der Fronde, der Huguenottenkriege,
des Lawsschen Geldschwindels u. s. w. bis zur ersten Revo¬
lution nach den Originalen abgebildet sind; man sehe die
ebenfalls nach dem Original wiedergegebenen Caricaturen
aus der Revolutionsgeschichte selber in der Histoire musee
de la republique Francaise depuis l'assemblee des Notables
jusqu'a l'empire par Augustin
Challamel , Paris, 1842,
2 Tomes; man sehe die Caricaturen in dem Journal: London
und Paris, welches Böttiger zu Ende des vorigen und
Anfang dieses Jahrhunderts in Weimar herausgab; man
vergleiche mit solchen Bildern die ähnlichen satirischen Schriften,
Pasquille, Lieder -- ob man nicht überall einem herben,
scharfen, prosaischen Ton begegnen wird, dem es vor Allem
nur darum zu thun ist, dem Gegner in der öffentlichen
Meinung einen Stoß beizubringen. Es wiederholen sich
daher in diesem Kreise sogar gewisse Handgriffe, den Feind
dem Gelächter preiszugeben.

Diese Armseligkeit der Mittel ist eine Folge des egoisti¬
schen Standpuncts der persönlichen Satire, die sich selten
zur Heiterkeit und Harmlosigkeit erhebt. Die zweite Art
der ästhetischen Behandlung unterscheidet sich von der Por¬
traitirung dadurch, daß sie die Verzerrung schon als eine
allgemeine, als einen Typus nimmt, der eine Gattung dar¬
stellt und insofern für die Individuen, die zu derselben ge¬
hören, einen symbolischen Werth empfängt. Hier verschwindet
die Bitterkeit der directen Beziehung und die Poesie ge¬

gewiſſen Aehnlichkeit der Figur und der Phyſiognomie. Wenn
ſie nur hinreicht, für den ſatiriſchen Angriff als Enveloppe
zu dienen. Der Kunſtwerth faſt aller Caricaturen ſolcher
Art iſt ein äußerſt geringer. Man ſehe ſolche Sammlungen
durch, wie das Musée de la caricature en France, worin die
Zerrbilder aus der Zeit der Fronde, der Huguenottenkriege,
des Lawsſchen Geldſchwindels u. ſ. w. bis zur erſten Revo¬
lution nach den Originalen abgebildet ſind; man ſehe die
ebenfalls nach dem Original wiedergegebenen Caricaturen
aus der Revolutionsgeſchichte ſelber in der Histoire musée
de la république Française dépuis l'assemblée des Notables
jusqu'a l'empire par Augustin
Challamel , Paris, 1842,
2 Tomes; man ſehe die Caricaturen in dem Journal: London
und Paris, welches Böttiger zu Ende des vorigen und
Anfang dieſes Jahrhunderts in Weimar herausgab; man
vergleiche mit ſolchen Bildern die ähnlichen ſatiriſchen Schriften,
Pasquille, Lieder — ob man nicht überall einem herben,
ſcharfen, proſaiſchen Ton begegnen wird, dem es vor Allem
nur darum zu thun iſt, dem Gegner in der öffentlichen
Meinung einen Stoß beizubringen. Es wiederholen ſich
daher in dieſem Kreiſe ſogar gewiſſe Handgriffe, den Feind
dem Gelächter preiszugeben.

Dieſe Armſeligkeit der Mittel iſt eine Folge des egoiſti¬
ſchen Standpuncts der perſönlichen Satire, die ſich ſelten
zur Heiterkeit und Harmloſigkeit erhebt. Die zweite Art
der äſthetiſchen Behandlung unterſcheidet ſich von der Por¬
traitirung dadurch, daß ſie die Verzerrung ſchon als eine
allgemeine, als einen Typus nimmt, der eine Gattung dar¬
ſtellt und inſofern für die Individuen, die zu derſelben ge¬
hören, einen ſymboliſchen Werth empfängt. Hier verſchwindet
die Bitterkeit der directen Beziehung und die Poeſie ge¬

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[422/0444] gewiſſen Aehnlichkeit der Figur und der Phyſiognomie. Wenn ſie nur hinreicht, für den ſatiriſchen Angriff als Enveloppe zu dienen. Der Kunſtwerth faſt aller Caricaturen ſolcher Art iſt ein äußerſt geringer. Man ſehe ſolche Sammlungen durch, wie das Musée de la caricature en France, worin die Zerrbilder aus der Zeit der Fronde, der Huguenottenkriege, des Lawsſchen Geldſchwindels u. ſ. w. bis zur erſten Revo¬ lution nach den Originalen abgebildet ſind; man ſehe die ebenfalls nach dem Original wiedergegebenen Caricaturen aus der Revolutionsgeſchichte ſelber in der Histoire musée de la république Française dépuis l'assemblée des Notables jusqu'a l'empire par Augustin Challamel , Paris, 1842, 2 Tomes; man ſehe die Caricaturen in dem Journal: London und Paris, welches Böttiger zu Ende des vorigen und Anfang dieſes Jahrhunderts in Weimar herausgab; man vergleiche mit ſolchen Bildern die ähnlichen ſatiriſchen Schriften, Pasquille, Lieder — ob man nicht überall einem herben, ſcharfen, proſaiſchen Ton begegnen wird, dem es vor Allem nur darum zu thun iſt, dem Gegner in der öffentlichen Meinung einen Stoß beizubringen. Es wiederholen ſich daher in dieſem Kreiſe ſogar gewiſſe Handgriffe, den Feind dem Gelächter preiszugeben. Dieſe Armſeligkeit der Mittel iſt eine Folge des egoiſti¬ ſchen Standpuncts der perſönlichen Satire, die ſich ſelten zur Heiterkeit und Harmloſigkeit erhebt. Die zweite Art der äſthetiſchen Behandlung unterſcheidet ſich von der Por¬ traitirung dadurch, daß ſie die Verzerrung ſchon als eine allgemeine, als einen Typus nimmt, der eine Gattung dar¬ ſtellt und inſofern für die Individuen, die zu derſelben ge¬ hören, einen ſymboliſchen Werth empfängt. Hier verſchwindet die Bitterkeit der directen Beziehung und die Poeſie ge¬

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/444>, abgerufen am 22.11.2024.