kleider und aus der silbernen Huttresse ein Paar Strumpf¬ bänder. Den so verkürzten Rock trug nunmehr sein Bruder, während er selbst mit Köcher und Bogen, aber ohne Rock, erschien und seine staunenden Freunde sein feines Hemd mit kostbaren Hemdknöpfen bewunderten. Der Säbel behauptete noch immer seinen Platz, aber schon um Mittag vertauschte er die Stiefeln mit Mokassins und in diesem Aufzuge saß er, bei einem Fäßchen Brantwein, erzählend unter seinen Freun¬ den. Eine seiner Geliebten hatte ihre Blicke auf seine schönen seidenen Tragbänder gerichtet und am nächsten Tage sah man ihn, Yankee Doodle und Washingtonmarsch pfeifend, mit dem Brantweinfäßchen unter dem Arm, nach der Hütte seiner alten Bekanntschaft hinschwanken. Sein weißes Hemd, oder derjenige Theil desselben, welcher im Winde geflattert hatte, war auf anstößige Weise verkürzt worden; seine blauen mit Goldtressen besetzten Pantalons waren in ein Paar comfor¬ table Beinkleider verwandelt; dabei hatte er Bogen und Köcher umgehängt, und der breite Säbel, welcher auf der Erde nachschleppte, war ihm zwischen die Beine gekommen und diente ihm so gewissermaaßen als Steuer, um ihn sicher über die "unruhige Oberfläche der Erde" hinwegzuführen. -- Auf diese Weise waren zwei Tage vergangen, das Fäßchen war leer und von seinem ganzen stattlichen Aufzuge war ihm nur noch der Regenschirm übrig geblieben, an dem sein ganzes Herz hing und den er in jedem Wetter bei sich führte, während er übrigens eine Lederkleidung trug!
Behandelt die Kunst solche Widersprüche, so wird sie die Ironie haben müssen, in ihnen die Mängel der Cultur selber mit zu verspotten. Die Franzosen haben z. B. nach der Besitznahme der Marquesasinseln eine Suite von Cari¬ caturen in diesem Sinn gegeben. Sie haben die tättowirten
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kleider und aus der ſilbernen Huttreſſe ein Paar Strumpf¬ bänder. Den ſo verkürzten Rock trug nunmehr ſein Bruder, während er ſelbſt mit Köcher und Bogen, aber ohne Rock, erſchien und ſeine ſtaunenden Freunde ſein feines Hemd mit koſtbaren Hemdknöpfen bewunderten. Der Säbel behauptete noch immer ſeinen Platz, aber ſchon um Mittag vertauſchte er die Stiefeln mit Mokaſſins und in dieſem Aufzuge ſaß er, bei einem Fäßchen Brantwein, erzählend unter ſeinen Freun¬ den. Eine ſeiner Geliebten hatte ihre Blicke auf ſeine ſchönen ſeidenen Tragbänder gerichtet und am nächſten Tage ſah man ihn, Yankee Doodle und Washingtonmarſch pfeifend, mit dem Brantweinfäßchen unter dem Arm, nach der Hütte ſeiner alten Bekanntſchaft hinſchwanken. Sein weißes Hemd, oder derjenige Theil deſſelben, welcher im Winde geflattert hatte, war auf anſtößige Weiſe verkürzt worden; ſeine blauen mit Goldtreſſen beſetzten Pantalons waren in ein Paar comfor¬ table Beinkleider verwandelt; dabei hatte er Bogen und Köcher umgehängt, und der breite Säbel, welcher auf der Erde nachſchleppte, war ihm zwiſchen die Beine gekommen und diente ihm ſo gewiſſermaaßen als Steuer, um ihn ſicher über die „unruhige Oberfläche der Erde“ hinwegzuführen. — Auf dieſe Weiſe waren zwei Tage vergangen, das Fäßchen war leer und von ſeinem ganzen ſtattlichen Aufzuge war ihm nur noch der Regenſchirm übrig geblieben, an dem ſein ganzes Herz hing und den er in jedem Wetter bei ſich führte, während er übrigens eine Lederkleidung trug!
Behandelt die Kunſt ſolche Widerſprüche, ſo wird ſie die Ironie haben müſſen, in ihnen die Mängel der Cultur ſelber mit zu verſpotten. Die Franzoſen haben z. B. nach der Beſitznahme der Marqueſasinſeln eine Suite von Cari¬ caturen in dieſem Sinn gegeben. Sie haben die tättowirten
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kleider und aus der ſilbernen Huttreſſe ein Paar Strumpf¬
bänder. Den ſo verkürzten Rock trug nunmehr ſein Bruder,
während er ſelbſt mit Köcher und Bogen, aber ohne Rock,
erſchien und ſeine ſtaunenden Freunde ſein feines Hemd mit
koſtbaren Hemdknöpfen bewunderten. Der Säbel behauptete
noch immer ſeinen Platz, aber ſchon um Mittag vertauſchte
er die Stiefeln mit Mokaſſins und in dieſem Aufzuge ſaß er,
bei einem Fäßchen Brantwein, erzählend unter ſeinen Freun¬
den. Eine ſeiner Geliebten hatte ihre Blicke auf ſeine ſchönen
ſeidenen Tragbänder gerichtet und am nächſten Tage ſah
man ihn, Yankee Doodle und Washingtonmarſch pfeifend,
mit dem Brantweinfäßchen unter dem Arm, nach der Hütte
ſeiner alten Bekanntſchaft hinſchwanken. Sein weißes Hemd,
oder derjenige Theil deſſelben, welcher im Winde geflattert
hatte, war auf anſtößige Weiſe verkürzt worden; ſeine blauen
mit Goldtreſſen beſetzten Pantalons waren in ein Paar comfor¬
table Beinkleider verwandelt; dabei hatte er Bogen und
Köcher umgehängt, und der breite Säbel, welcher auf der
Erde nachſchleppte, war ihm zwiſchen die Beine gekommen
und diente ihm ſo gewiſſermaaßen als Steuer, um ihn ſicher
über die „unruhige Oberfläche der Erde“ hinwegzuführen. —
Auf dieſe Weiſe waren zwei Tage vergangen, das Fäßchen
war leer und von ſeinem ganzen ſtattlichen Aufzuge war
ihm nur noch der Regenſchirm übrig geblieben, an dem ſein
ganzes Herz hing und den er in jedem Wetter bei ſich führte,
während er übrigens eine Lederkleidung trug!
Behandelt die Kunſt ſolche Widerſprüche, ſo wird ſie
die Ironie haben müſſen, in ihnen die Mängel der Cultur
ſelber mit zu verſpotten. Die Franzoſen haben z. B. nach
der Beſitznahme der Marqueſasinſeln eine Suite von Cari¬
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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/441>, abgerufen am 25.11.2024.
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