Roman zusammengefaßt, indem sie ihn in den Hauptsachen Schritt vor Schritt noch einmal erzählen, dabei aber alle Fehler seiner Composition aufdecken, alle Widersprüche und Unwahrscheinlichkeiten enthüllen und das Häßliche, das in den Personen liegt, durch Uebertreibung höchst ergötzlich her¬ ausstellen. Der Thierbändiger Morock, der alte Soldat Dagobert, die ätherische Adrienne von Cardoville, die buck¬ ligte Mayeur, der Indische Prinz Dschalma, besonders der brutalenergische, Alle überlistende Jesuit Rodin sind in den Zeichnungen Philippons zu den scheußlichlächerlichsten Frazzen umgeschaffen. Das ist auch Parodie, aber travestirende (89).
Was den Begriff der Frazze betrifft, so scheint Kant denselben in den: Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen zu weit ausgedehnt zu haben, wenn er sagt: "Die Eigenschaft des Schrecklicherhabenen, wenn sie ganz unnatürlich wird, ist abenteuerlich. Unnatürliche Dinge, in¬ soferne das Erhabene darin gemeint ist, ob es gleich wenig oder gar nicht angetroffen wird, sind Frazzen". "Ich will dies -- durch Beispiele etwas verständlicher machen, denn der, welchem Hogarths Grabstichel fehlt, muß, was der Zeichnung am Ausdrucke mangelt, durch Beschreibung er¬ setzen. Kühne Unternehmung der Gefahren für unsere, des Vaterlandes, oder unserer Freunde Rechte ist erhaben. Die Kreuzzüge, die alte Ritterschaft waren abenteuerlich: die Duelle, ein elender Rest der letztern aus einem verkehrten Begriff des Ehrenrufs, sind Frazzen. Schwermüthige Ent¬ fernung von dem Geräusch der Welt aus einem rechtmäßigen Ueberdruß ist edel; der alten Eremiten einsiedlerische Andacht war abenteuerlich: Klöster und dergleichen Gräber, um leben¬ dige Heilige einzusperren, sind Frazzen. Bezwingung seiner Leidenschaften durch Grundsätze ist erhaben: Casteiungen,
Roman zuſammengefaßt, indem ſie ihn in den Hauptſachen Schritt vor Schritt noch einmal erzählen, dabei aber alle Fehler ſeiner Compoſition aufdecken, alle Widerſprüche und Unwahrſcheinlichkeiten enthüllen und das Häßliche, das in den Perſonen liegt, durch Uebertreibung höchſt ergötzlich her¬ ausſtellen. Der Thierbändiger Morock, der alte Soldat Dagobert, die ätheriſche Adrienne von Cardoville, die buck¬ ligte Mayeur, der Indiſche Prinz Dſchalma, beſonders der brutalenergiſche, Alle überliſtende Jeſuit Rodin ſind in den Zeichnungen Philippons zu den ſcheußlichlächerlichſten Frazzen umgeſchaffen. Das iſt auch Parodie, aber traveſtirende (89).
Was den Begriff der Frazze betrifft, ſo ſcheint Kant denſelben in den: Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen zu weit ausgedehnt zu haben, wenn er ſagt: „Die Eigenſchaft des Schrecklicherhabenen, wenn ſie ganz unnatürlich wird, iſt abenteuerlich. Unnatürliche Dinge, in¬ ſoferne das Erhabene darin gemeint iſt, ob es gleich wenig oder gar nicht angetroffen wird, ſind Frazzen“. „Ich will dies — durch Beiſpiele etwas verſtändlicher machen, denn der, welchem Hogarths Grabſtichel fehlt, muß, was der Zeichnung am Ausdrucke mangelt, durch Beſchreibung er¬ ſetzen. Kühne Unternehmung der Gefahren für unſere, des Vaterlandes, oder unſerer Freunde Rechte iſt erhaben. Die Kreuzzüge, die alte Ritterſchaft waren abenteuerlich: die Duelle, ein elender Reſt der letztern aus einem verkehrten Begriff des Ehrenrufs, ſind Frazzen. Schwermüthige Ent¬ fernung von dem Geräuſch der Welt aus einem rechtmäßigen Ueberdruß iſt edel; der alten Eremiten einſiedleriſche Andacht war abenteuerlich: Klöſter und dergleichen Gräber, um leben¬ dige Heilige einzuſperren, ſind Frazzen. Bezwingung ſeiner Leidenſchaften durch Grundſätze iſt erhaben: Caſteiungen,
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Roman zuſammengefaßt, indem ſie ihn in den Hauptſachen
Schritt vor Schritt noch einmal erzählen, dabei aber alle
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Unwahrſcheinlichkeiten enthüllen und das Häßliche, das in
den Perſonen liegt, durch Uebertreibung höchſt ergötzlich her¬
ausſtellen. Der Thierbändiger Morock, der alte Soldat
Dagobert, die ätheriſche Adrienne von Cardoville, die buck¬
ligte Mayeur, der Indiſche Prinz Dſchalma, beſonders der
brutalenergiſche, Alle überliſtende Jeſuit Rodin ſind in den
Zeichnungen Philippons zu den ſcheußlichlächerlichſten Frazzen
umgeſchaffen. Das iſt auch Parodie, aber traveſtirende (89).
Was den Begriff der Frazze betrifft, ſo ſcheint Kant
denſelben in den: Beobachtungen über das Gefühl des Schönen
und Erhabenen zu weit ausgedehnt zu haben, wenn er ſagt:
„Die Eigenſchaft des Schrecklicherhabenen, wenn ſie ganz
unnatürlich wird, iſt abenteuerlich. Unnatürliche Dinge, in¬
ſoferne das Erhabene darin gemeint iſt, ob es gleich wenig
oder gar nicht angetroffen wird, ſind Frazzen“. „Ich will
dies — durch Beiſpiele etwas verſtändlicher machen, denn
der, welchem Hogarths Grabſtichel fehlt, muß, was der
Zeichnung am Ausdrucke mangelt, durch Beſchreibung er¬
ſetzen. Kühne Unternehmung der Gefahren für unſere, des
Vaterlandes, oder unſerer Freunde Rechte iſt erhaben. Die
Kreuzzüge, die alte Ritterſchaft waren abenteuerlich: die
Duelle, ein elender Reſt der letztern aus einem verkehrten
Begriff des Ehrenrufs, ſind Frazzen. Schwermüthige Ent¬
fernung von dem Geräuſch der Welt aus einem rechtmäßigen
Ueberdruß iſt edel; der alten Eremiten einſiedleriſche Andacht
war abenteuerlich: Klöſter und dergleichen Gräber, um leben¬
dige Heilige einzuſperren, ſind Frazzen. Bezwingung ſeiner
Leidenſchaften durch Grundſätze iſt erhaben: Caſteiungen,
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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/422>, abgerufen am 22.11.2024.
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