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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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sagt werden kann. Der Affe ist kein häßlicher, entarteter
Mensch und es ist unmöglich, eine Satire auf den Affen zu
schreiben, denn er kann einmal nicht anders sein, als er ist
und wir können von ihm nicht fordern, weniger Affe und
mehr Mensch zu sein. Wohl aber kann die Satire einen de¬
pravirten Menschen zum Affen degradiren, weil er, gegen
seinen Begriff, sich selber dazu herabsetzt. Vom Cretin läßt
sich schon mit mehr Recht sagen, daß er eine Caricatur
Menschen sei, weil er, seinem Wesen nach schon Mensch,
doch seiner Erscheinung nach in die Thierheit versunken ist,
während der Affe, der Form nach dem Menschen sich an¬
nähernd, dem Wesen nach von ihm unterschieden bleibt.
Wenn manche Thiere als totale Verzerrungen ihres Typus
erscheinen, so mischt sich hierbei gewöhnlich der Zwang ein,
welchen der Mensch ihnen anthut und dieser Zwang hebt
wieder alle ästhetische Freiheit auf. Wenn wir auf einer
Thierschau Schweine, auf dem Pariser Mardi gras Ochsen
erblicken, die in ihrem Fett ersticken, so werden wir solche
Fleischmassen nur häßlich, vielleicht komisch finden, aber
eigentliche Caricaturen sind sie nicht. Ein Pferd zu sehen,
das ehemals den Fanfaren der Trompeter des Regiments
kriegslustig entgegenwieherte, wie es nun, als abgetriebener
Gaul, den Kehrichtkarren die Straßen entlang schleifen muß,
ist ein trauriger Anblick. Ein Mops, der durch ein sybari¬
tisches Stubenleben dick und unverschämt, durch Damenhät¬
schelei in seiner Hundenatur verrückt geworden ist, wird uns
eine scheußliche Unnatur darstellen, aber eine Caricatur werden
wir ihn nur uneigentlich nennen.

Wohl aber wird die Kunst sich gerade der Thierwelt
gern bedienen, die Satire auf die Menschen durch travesti¬
rende und parodirende Carikirung auszudrücken. Die Satire

ſagt werden kann. Der Affe iſt kein häßlicher, entarteter
Menſch und es iſt unmöglich, eine Satire auf den Affen zu
ſchreiben, denn er kann einmal nicht anders ſein, als er iſt
und wir können von ihm nicht fordern, weniger Affe und
mehr Menſch zu ſein. Wohl aber kann die Satire einen de¬
pravirten Menſchen zum Affen degradiren, weil er, gegen
ſeinen Begriff, ſich ſelber dazu herabſetzt. Vom Cretin läßt
ſich ſchon mit mehr Recht ſagen, daß er eine Caricatur
Menſchen ſei, weil er, ſeinem Weſen nach ſchon Menſch,
doch ſeiner Erſcheinung nach in die Thierheit verſunken iſt,
während der Affe, der Form nach dem Menſchen ſich an¬
nähernd, dem Weſen nach von ihm unterſchieden bleibt.
Wenn manche Thiere als totale Verzerrungen ihres Typus
erſcheinen, ſo miſcht ſich hierbei gewöhnlich der Zwang ein,
welchen der Menſch ihnen anthut und dieſer Zwang hebt
wieder alle äſthetiſche Freiheit auf. Wenn wir auf einer
Thierſchau Schweine, auf dem Pariſer Mardi gras Ochſen
erblicken, die in ihrem Fett erſticken, ſo werden wir ſolche
Fleiſchmaſſen nur häßlich, vielleicht komiſch finden, aber
eigentliche Caricaturen ſind ſie nicht. Ein Pferd zu ſehen,
das ehemals den Fanfaren der Trompeter des Regiments
kriegsluſtig entgegenwieherte, wie es nun, als abgetriebener
Gaul, den Kehrichtkarren die Straßen entlang ſchleifen muß,
iſt ein trauriger Anblick. Ein Mops, der durch ein ſybari¬
tiſches Stubenleben dick und unverſchämt, durch Damenhät¬
ſchelei in ſeiner Hundenatur verrückt geworden iſt, wird uns
eine ſcheußliche Unnatur darſtellen, aber eine Caricatur werden
wir ihn nur uneigentlich nennen.

Wohl aber wird die Kunſt ſich gerade der Thierwelt
gern bedienen, die Satire auf die Menſchen durch traveſti¬
rende und parodirende Carikirung auszudrücken. Die Satire

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[396/0418] ſagt werden kann. Der Affe iſt kein häßlicher, entarteter Menſch und es iſt unmöglich, eine Satire auf den Affen zu ſchreiben, denn er kann einmal nicht anders ſein, als er iſt und wir können von ihm nicht fordern, weniger Affe und mehr Menſch zu ſein. Wohl aber kann die Satire einen de¬ pravirten Menſchen zum Affen degradiren, weil er, gegen ſeinen Begriff, ſich ſelber dazu herabſetzt. Vom Cretin läßt ſich ſchon mit mehr Recht ſagen, daß er eine Caricatur Menſchen ſei, weil er, ſeinem Weſen nach ſchon Menſch, doch ſeiner Erſcheinung nach in die Thierheit verſunken iſt, während der Affe, der Form nach dem Menſchen ſich an¬ nähernd, dem Weſen nach von ihm unterſchieden bleibt. Wenn manche Thiere als totale Verzerrungen ihres Typus erſcheinen, ſo miſcht ſich hierbei gewöhnlich der Zwang ein, welchen der Menſch ihnen anthut und dieſer Zwang hebt wieder alle äſthetiſche Freiheit auf. Wenn wir auf einer Thierſchau Schweine, auf dem Pariſer Mardi gras Ochſen erblicken, die in ihrem Fett erſticken, ſo werden wir ſolche Fleiſchmaſſen nur häßlich, vielleicht komiſch finden, aber eigentliche Caricaturen ſind ſie nicht. Ein Pferd zu ſehen, das ehemals den Fanfaren der Trompeter des Regiments kriegsluſtig entgegenwieherte, wie es nun, als abgetriebener Gaul, den Kehrichtkarren die Straßen entlang ſchleifen muß, iſt ein trauriger Anblick. Ein Mops, der durch ein ſybari¬ tiſches Stubenleben dick und unverſchämt, durch Damenhät¬ ſchelei in ſeiner Hundenatur verrückt geworden iſt, wird uns eine ſcheußliche Unnatur darſtellen, aber eine Caricatur werden wir ihn nur uneigentlich nennen. Wohl aber wird die Kunſt ſich gerade der Thierwelt gern bedienen, die Satire auf die Menſchen durch traveſti¬ rende und parodirende Carikirung auszudrücken. Die Satire

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/418>, abgerufen am 22.11.2024.