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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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Vater in Robert le diable. Immermann's Merlin hat
die Idee des Teufels nicht tief genug gefaßt; der Dichter
ist nicht genug in den christlichen Sinn des Mythos einge¬
drungen und zu sehr bei gnostisch kosmogonischen Phantasieen
stehen geblieben.

Die untermenschliche Gestaltung des Satanischen ist im
Wesentlichen von der antiken Satyrmaske ausgegangen,
von welcher der einfache Bock wohl nur eine Consequenz
war Die Nachweise dafür hat J. Piper in seiner Mytho¬
logie und Symbolik der christlichen Kunst von den ältesten Zei¬
ten bis in's sechzehnte Jahrhundert, I
., 1847, S. 404 -- 6.
gegeben. Nicolo Pisano bildete den Beelzebub in seinem
jüngsten Gericht an der Kanzel zu Pisa 1260 als Satyr.
Bis dahin hatte diese Formation geruhet. Im vierzehnten
Jahrhundert finden wir sie dann im Campo Santo Pisano
in der Geschichte des heiligen Ranieri von Neuem und von
hier ab im steigendem Wachsthum. Auch der Löwe und
der Drache (le cocodrill, Wurm, Orm, Lindwurm) wur¬
den Symbole des Satanischen. Weiterhin vermischten die
Künstler Thierformen nicht nur, sondern selbst todte Dinge,
wie Fässer, Bierkrüge, Töpfe, mit Menschenköpfen und
Menschengestalten auf das Seltsamste miteinander. In sol¬
chen musivischen Compositionen wollten sie die unendliche
Absurdität und Entzweiung des Bösen versinnbilden. Welche
Fülle traumhaft wunderlicher, bizarr grotesker Frazzen haben
nicht Jeronymus Bosch, die Breughel, Teniers und
Callot auf diesem Gebiet erschaffen! Solche phantastische
Unförmlichkeit wandte man auch auf die Darstellung der
Versuchungen von Heiligen durch Dämone an, die von ihnen
Besitz nehmen wollen, nicht weniger auf die Darstellung der
Hölle, die Qualen der Verdammten zu veranschaulichen.

Vater in Robert le diable. Immermann's Merlin hat
die Idee des Teufels nicht tief genug gefaßt; der Dichter
iſt nicht genug in den chriſtlichen Sinn des Mythos einge¬
drungen und zu ſehr bei gnoſtiſch kosmogoniſchen Phantaſieen
ſtehen geblieben.

Die untermenſchliche Geſtaltung des Sataniſchen iſt im
Weſentlichen von der antiken Satyrmaske ausgegangen,
von welcher der einfache Bock wohl nur eine Conſequenz
war Die Nachweiſe dafür hat J. Piper in ſeiner Mytho¬
logie und Symbolik der christlichen Kunst von den ältesten Zei¬
ten bis in's sechzehnte Jahrhundert, I
., 1847, S. 404 — 6.
gegeben. Nicolo Piſano bildete den Beelzebub in ſeinem
jüngſten Gericht an der Kanzel zu Piſa 1260 als Satyr.
Bis dahin hatte dieſe Formation geruhet. Im vierzehnten
Jahrhundert finden wir ſie dann im Campo Santo Pisano
in der Geſchichte des heiligen Ranieri von Neuem und von
hier ab im ſteigendem Wachsthum. Auch der Löwe und
der Drache (le cocodrill, Wurm, Orm, Lindwurm) wur¬
den Symbole des Sataniſchen. Weiterhin vermiſchten die
Künſtler Thierformen nicht nur, ſondern ſelbſt todte Dinge,
wie Fäſſer, Bierkrüge, Töpfe, mit Menſchenköpfen und
Menſchengeſtalten auf das Seltſamſte miteinander. In ſol¬
chen muſiviſchen Compoſitionen wollten ſie die unendliche
Abſurdität und Entzweiung des Böſen verſinnbilden. Welche
Fülle traumhaft wunderlicher, bizarr grotesker Frazzen haben
nicht Jeronymus Boſch, die Breughel, Teniers und
Callot auf dieſem Gebiet erſchaffen! Solche phantaſtiſche
Unförmlichkeit wandte man auch auf die Darſtellung der
Verſuchungen von Heiligen durch Dämone an, die von ihnen
Beſitz nehmen wollen, nicht weniger auf die Darſtellung der
Hölle, die Qualen der Verdammten zu veranſchaulichen.

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[376/0398] Vater in Robert le diable. Immermann's Merlin hat die Idee des Teufels nicht tief genug gefaßt; der Dichter iſt nicht genug in den chriſtlichen Sinn des Mythos einge¬ drungen und zu ſehr bei gnoſtiſch kosmogoniſchen Phantaſieen ſtehen geblieben. Die untermenſchliche Geſtaltung des Sataniſchen iſt im Weſentlichen von der antiken Satyrmaske ausgegangen, von welcher der einfache Bock wohl nur eine Conſequenz war Die Nachweiſe dafür hat J. Piper in ſeiner Mytho¬ logie und Symbolik der christlichen Kunst von den ältesten Zei¬ ten bis in's sechzehnte Jahrhundert, I., 1847, S. 404 — 6. gegeben. Nicolo Piſano bildete den Beelzebub in ſeinem jüngſten Gericht an der Kanzel zu Piſa 1260 als Satyr. Bis dahin hatte dieſe Formation geruhet. Im vierzehnten Jahrhundert finden wir ſie dann im Campo Santo Pisano in der Geſchichte des heiligen Ranieri von Neuem und von hier ab im ſteigendem Wachsthum. Auch der Löwe und der Drache (le cocodrill, Wurm, Orm, Lindwurm) wur¬ den Symbole des Sataniſchen. Weiterhin vermiſchten die Künſtler Thierformen nicht nur, ſondern ſelbſt todte Dinge, wie Fäſſer, Bierkrüge, Töpfe, mit Menſchenköpfen und Menſchengeſtalten auf das Seltſamſte miteinander. In ſol¬ chen muſiviſchen Compoſitionen wollten ſie die unendliche Abſurdität und Entzweiung des Böſen verſinnbilden. Welche Fülle traumhaft wunderlicher, bizarr grotesker Frazzen haben nicht Jeronymus Boſch, die Breughel, Teniers und Callot auf dieſem Gebiet erſchaffen! Solche phantaſtiſche Unförmlichkeit wandte man auch auf die Darſtellung der Verſuchungen von Heiligen durch Dämone an, die von ihnen Beſitz nehmen wollen, nicht weniger auf die Darſtellung der Hölle, die Qualen der Verdammten zu veranſchaulichen.

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/398>, abgerufen am 23.11.2024.