Handlung oder blos als Mittel gebraucht werden, um die Reaction eines andern herbeizuführen. Das Grausame, Unglückliche, die Herbigkeit der Gewalt und Härte der Ueber¬ macht läßt sich noch in der Vorstellung zusammenhalten und ertragen, wenn es selber durch die gehaltvolle Größe des Charakters und Zwecks gehoben und getragen wird; das Böse als solches aber, Neid, Feigheit und Niederträchtigkeit sind nur widrig, der Teufel für sich ist deshalb eine schlechte ästhetisch unbrauchbare Figur, denn er ist nichts als die Lüge in sich selbst, und deshalb eine höchst prosaische Person". Halten wir hier einen Augenblick an. Daß das Böse ethisch und religiös verwerflich ist, versteht sich von selbst. Haben doch die Neuplatoniker es sogar nur als das, seiner empirischen Existenz ungeachtet, Nichtseiende genommen. Daß das Böse ästhetisch widrig ist, bejahen auch wir in solchem Grade, daß unsere ganze Abhandlung des Widrigen im Begriff des Bösen und Diabolischen cul¬ minirt. Ist deshalb aber das Böse ästhetisch unbrauchbar? Ist in der Welt der Erscheinungen nicht das Negative mit dem Positiven, das Böse mit dem Guten in einem Comrer, der das Wesen des einen immer durch die Erscheinung des andern illustrirt? Nun sagt Hegel auch wohl nicht ohne Vorsicht: der Teufel für sich sei eine schlechte ästhetisch un¬ brauchbare Figur. Der Teufel für sich soll doch wohl so viel bedeuten, als allein, als losgerissen von dem gesammten Weltzusammenhang, als isolirtes Object der Kunst. Da¬ gegen läßt sich nichts einwenden. Wir haben in der Ein¬ leitung schon auseinandergesetzt, daß das Böse und Hä߬ liche nur als in Totalität der großen, göttlichen Weltord¬ nung verschwindende Momente gedacht werden müssen. Allein innerhalb dieser Bedingung, ist da das Teuflische auch so
Handlung oder blos als Mittel gebraucht werden, um die Reaction eines andern herbeizuführen. Das Grauſame, Unglückliche, die Herbigkeit der Gewalt und Härte der Ueber¬ macht läßt ſich noch in der Vorſtellung zuſammenhalten und ertragen, wenn es ſelber durch die gehaltvolle Größe des Charakters und Zwecks gehoben und getragen wird; das Böſe als ſolches aber, Neid, Feigheit und Niederträchtigkeit ſind nur widrig, der Teufel für ſich iſt deshalb eine ſchlechte äſthetiſch unbrauchbare Figur, denn er iſt nichts als die Lüge in ſich ſelbſt, und deshalb eine höchſt proſaiſche Perſon“. Halten wir hier einen Augenblick an. Daß das Böſe ethiſch und religiös verwerflich iſt, verſteht ſich von ſelbſt. Haben doch die Neuplatoniker es ſogar nur als das, ſeiner empiriſchen Exiſtenz ungeachtet, Nichtſeiende genommen. Daß das Böſe äſthetiſch widrig iſt, bejahen auch wir in ſolchem Grade, daß unſere ganze Abhandlung des Widrigen im Begriff des Böſen und Diaboliſchen cul¬ minirt. Iſt deshalb aber das Böſe äſthetiſch unbrauchbar? Iſt in der Welt der Erſcheinungen nicht das Negative mit dem Poſitiven, das Böſe mit dem Guten in einem Comrer, der das Weſen des einen immer durch die Erſcheinung des andern illuſtrirt? Nun ſagt Hegel auch wohl nicht ohne Vorſicht: der Teufel für ſich ſei eine ſchlechte äſthetiſch un¬ brauchbare Figur. Der Teufel für ſich ſoll doch wohl ſo viel bedeuten, als allein, als losgeriſſen von dem geſammten Weltzuſammenhang, als iſolirtes Object der Kunſt. Da¬ gegen läßt ſich nichts einwenden. Wir haben in der Ein¬ leitung ſchon auseinandergeſetzt, daß das Böſe und Hä߬ liche nur als in Totalität der großen, göttlichen Weltord¬ nung verſchwindende Momente gedacht werden müſſen. Allein innerhalb dieſer Bedingung, iſt da das Teufliſche auch ſo
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><p><pbfacs="#f0380"n="358"/>
Handlung oder blos als Mittel gebraucht werden, um die<lb/>
Reaction eines andern herbeizuführen. Das Grauſame,<lb/>
Unglückliche, die Herbigkeit der Gewalt und Härte der Ueber¬<lb/>
macht läßt ſich noch in der Vorſtellung zuſammenhalten und<lb/>
ertragen, wenn es ſelber durch die gehaltvolle Größe des<lb/>
Charakters und Zwecks gehoben und getragen wird; das<lb/>
Böſe als ſolches aber, Neid, Feigheit und Niederträchtigkeit<lb/>ſind nur widrig, <hirendition="#g">der Teufel für ſich iſt deshalb eine<lb/>ſchlechte äſthetiſch unbrauchbare Figur</hi>, denn er<lb/>
iſt nichts als die Lüge in ſich ſelbſt, und deshalb eine höchſt<lb/>
proſaiſche Perſon“. Halten wir hier einen Augenblick an.<lb/>
Daß das Böſe ethiſch und religiös verwerflich iſt, verſteht<lb/>ſich von ſelbſt. Haben doch die Neuplatoniker es ſogar nur<lb/>
als das, ſeiner empiriſchen Exiſtenz ungeachtet, Nichtſeiende<lb/>
genommen. Daß das Böſe äſthetiſch widrig iſt, bejahen<lb/>
auch wir in ſolchem Grade, daß unſere ganze Abhandlung<lb/>
des Widrigen im Begriff des Böſen und Diaboliſchen cul¬<lb/>
minirt. Iſt deshalb aber das Böſe äſthetiſch unbrauchbar?<lb/>
Iſt in der Welt der Erſcheinungen nicht das Negative mit<lb/>
dem Poſitiven, das Böſe mit dem Guten in einem Comrer,<lb/>
der das Weſen des einen immer durch die Erſcheinung des<lb/>
andern illuſtrirt? Nun ſagt Hegel auch wohl nicht ohne<lb/>
Vorſicht: der Teufel <hirendition="#g">für ſich</hi>ſei eine ſchlechte äſthetiſch un¬<lb/>
brauchbare Figur. Der Teufel für ſich ſoll doch wohl ſo<lb/>
viel bedeuten, als allein, als losgeriſſen von dem geſammten<lb/>
Weltzuſammenhang, als iſolirtes Object der Kunſt. Da¬<lb/>
gegen läßt ſich nichts einwenden. Wir haben in der Ein¬<lb/>
leitung ſchon auseinandergeſetzt, daß das Böſe und Hä߬<lb/>
liche nur als in Totalität der großen, göttlichen Weltord¬<lb/>
nung verſchwindende Momente gedacht werden müſſen. Allein<lb/>
innerhalb dieſer Bedingung, iſt da das Teufliſche auch ſo<lb/></p></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[358/0380]
Handlung oder blos als Mittel gebraucht werden, um die
Reaction eines andern herbeizuführen. Das Grauſame,
Unglückliche, die Herbigkeit der Gewalt und Härte der Ueber¬
macht läßt ſich noch in der Vorſtellung zuſammenhalten und
ertragen, wenn es ſelber durch die gehaltvolle Größe des
Charakters und Zwecks gehoben und getragen wird; das
Böſe als ſolches aber, Neid, Feigheit und Niederträchtigkeit
ſind nur widrig, der Teufel für ſich iſt deshalb eine
ſchlechte äſthetiſch unbrauchbare Figur, denn er
iſt nichts als die Lüge in ſich ſelbſt, und deshalb eine höchſt
proſaiſche Perſon“. Halten wir hier einen Augenblick an.
Daß das Böſe ethiſch und religiös verwerflich iſt, verſteht
ſich von ſelbſt. Haben doch die Neuplatoniker es ſogar nur
als das, ſeiner empiriſchen Exiſtenz ungeachtet, Nichtſeiende
genommen. Daß das Böſe äſthetiſch widrig iſt, bejahen
auch wir in ſolchem Grade, daß unſere ganze Abhandlung
des Widrigen im Begriff des Böſen und Diaboliſchen cul¬
minirt. Iſt deshalb aber das Böſe äſthetiſch unbrauchbar?
Iſt in der Welt der Erſcheinungen nicht das Negative mit
dem Poſitiven, das Böſe mit dem Guten in einem Comrer,
der das Weſen des einen immer durch die Erſcheinung des
andern illuſtrirt? Nun ſagt Hegel auch wohl nicht ohne
Vorſicht: der Teufel für ſich ſei eine ſchlechte äſthetiſch un¬
brauchbare Figur. Der Teufel für ſich ſoll doch wohl ſo
viel bedeuten, als allein, als losgeriſſen von dem geſammten
Weltzuſammenhang, als iſolirtes Object der Kunſt. Da¬
gegen läßt ſich nichts einwenden. Wir haben in der Ein¬
leitung ſchon auseinandergeſetzt, daß das Böſe und Hä߬
liche nur als in Totalität der großen, göttlichen Weltord¬
nung verſchwindende Momente gedacht werden müſſen. Allein
innerhalb dieſer Bedingung, iſt da das Teufliſche auch ſo
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/380>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.