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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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sind die Classiker dieser Tendenz geworden, der aber noch
eine große Menge derjenigen Dramatiker zweiten und dritten
Ranges sich anschließt, die für die Boulevardstheater, be¬
sonders für das der Porte St. Martin und Ambigu comique
arbeiten, wie Dumanoir, Pyat, Melesville u. A. D'Arlington,
le docteur noir, le pacte de Famine, Marie Jeanne, le marche
de Londres, le chiffonier, les deux forcats on le Moulin de
St. Alderon, Marie Lafarge, la chambre ardente, l'homme
en masque de fer
u. s. w. sind solche Schauerstücke, in
denen die grellsten Contraste Stundenlang die Nerven des
Publicums spannen. Noth bis zum Verhungern, Verbrechen
aus Leichtsinn, aber auch aus kältester Berechnung, falsches
Spiel, Wechselfälschung, Mord in allen Formen bis zum
Giftmorde und Selbstmorde, Schwelgerei, Grausamkeit,
Kinderdiebstahl, Incest, Ehebruch, Verrath, alle Scheußlich¬
keiten der brutalen Gesinnung sind in diesen Dramen dar¬
gestellt, die man zum großen Theil auch dem Deutschen Re¬
pertoir angeeignet hat. Indem aber die Deutschen doch die
Horreurs der Forfaits nicht in ihrer ganzen Französischen
Nacktheit haben belassen mögen, sind aus den Bearbeitungen
noch viel fatalere Producte hervorgegangen, denn die infer¬
nalische Motivirung der sinistren Handlungen, die im Deut¬
schen gewöhnlich abgekürzt, wohl gar unterdrückt wird, gibt
ihnen doch noch eine psychologischere Berechtigung, und das
Aeßerste der Schändlichkeiten, die man erblickt, gewinnt nur
durch die ganz und gar nichtswürdig originelle Weise, mit
der es vollbracht wird, ein Interesse. Den sogenannten
socialen Roman der heutigen Franzosen, der unter der Re¬
gierung der Julidynastie so viele Giftblüthen getrieben hat,
haben wir schon nach einzelnen Seiten hin so oft berühren
müssen, daß wir ihn hier wohl nur zu nennen brauchen.

ſind die Claſſiker dieſer Tendenz geworden, der aber noch
eine große Menge derjenigen Dramatiker zweiten und dritten
Ranges ſich anſchließt, die für die Boulevardstheater, be¬
ſonders für das der Porte St. Martin und Ambigu comique
arbeiten, wie Dumanoir, Pyat, Melesville u. A. D'Arlington,
le docteur noir, le pacte de Famine, Marie Jeanne, le marché
de Londres, le chiffonier, les deux forçats on le Moulin de
St. Alderon, Marie Lafarge, la chambre ardente, l'homme
en masque de fer
u. ſ. w. ſind ſolche Schauerſtücke, in
denen die grellſten Contraſte Stundenlang die Nerven des
Publicums ſpannen. Noth bis zum Verhungern, Verbrechen
aus Leichtſinn, aber auch aus kälteſter Berechnung, falſches
Spiel, Wechſelfälſchung, Mord in allen Formen bis zum
Giftmorde und Selbſtmorde, Schwelgerei, Grauſamkeit,
Kinderdiebſtahl, Inceſt, Ehebruch, Verrath, alle Scheußlich¬
keiten der brutalen Geſinnung ſind in dieſen Dramen dar¬
geſtellt, die man zum großen Theil auch dem Deutſchen Re¬
pertoir angeeignet hat. Indem aber die Deutſchen doch die
Horreurs der Forfaits nicht in ihrer ganzen Franzöſiſchen
Nacktheit haben belaſſen mögen, ſind aus den Bearbeitungen
noch viel fatalere Producte hervorgegangen, denn die infer¬
naliſche Motivirung der ſiniſtren Handlungen, die im Deut¬
ſchen gewöhnlich abgekürzt, wohl gar unterdrückt wird, gibt
ihnen doch noch eine pſychologiſchere Berechtigung, und das
Aeßerſte der Schändlichkeiten, die man erblickt, gewinnt nur
durch die ganz und gar nichtswürdig originelle Weiſe, mit
der es vollbracht wird, ein Intereſſe. Den ſogenannten
ſocialen Roman der heutigen Franzoſen, der unter der Re¬
gierung der Julidynaſtie ſo viele Giftblüthen getrieben hat,
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[328/0350] ſind die Claſſiker dieſer Tendenz geworden, der aber noch eine große Menge derjenigen Dramatiker zweiten und dritten Ranges ſich anſchließt, die für die Boulevardstheater, be¬ ſonders für das der Porte St. Martin und Ambigu comique arbeiten, wie Dumanoir, Pyat, Melesville u. A. D'Arlington, le docteur noir, le pacte de Famine, Marie Jeanne, le marché de Londres, le chiffonier, les deux forçats on le Moulin de St. Alderon, Marie Lafarge, la chambre ardente, l'homme en masque de fer u. ſ. w. ſind ſolche Schauerſtücke, in denen die grellſten Contraſte Stundenlang die Nerven des Publicums ſpannen. Noth bis zum Verhungern, Verbrechen aus Leichtſinn, aber auch aus kälteſter Berechnung, falſches Spiel, Wechſelfälſchung, Mord in allen Formen bis zum Giftmorde und Selbſtmorde, Schwelgerei, Grauſamkeit, Kinderdiebſtahl, Inceſt, Ehebruch, Verrath, alle Scheußlich¬ keiten der brutalen Geſinnung ſind in dieſen Dramen dar¬ geſtellt, die man zum großen Theil auch dem Deutſchen Re¬ pertoir angeeignet hat. Indem aber die Deutſchen doch die Horreurs der Forfaits nicht in ihrer ganzen Franzöſiſchen Nacktheit haben belaſſen mögen, ſind aus den Bearbeitungen noch viel fatalere Producte hervorgegangen, denn die infer¬ naliſche Motivirung der ſiniſtren Handlungen, die im Deut¬ ſchen gewöhnlich abgekürzt, wohl gar unterdrückt wird, gibt ihnen doch noch eine pſychologiſchere Berechtigung, und das Aeßerſte der Schändlichkeiten, die man erblickt, gewinnt nur durch die ganz und gar nichtswürdig originelle Weiſe, mit der es vollbracht wird, ein Intereſſe. Den ſogenannten ſocialen Roman der heutigen Franzoſen, der unter der Re¬ gierung der Julidynaſtie ſo viele Giftblüthen getrieben hat, haben wir ſchon nach einzelnen Seiten hin ſo oft berühren müſſen, daß wir ihn hier wohl nur zu nennen brauchen.

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/350>, abgerufen am 25.11.2024.