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Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853.

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blos zu wünschen übrig läßt, nicht blos das Verlangen nach
größerer Vollendung erweckt, sondern mit ihrem Begriff in
positiven Widersprüchen befangen ist. Das Unvollkommene
im positiven Sinn entbehrt nur der weiteren Gestaltung, sich
ganz als das zu zeigen, was es an sich schon ist. Das
Schlechte aber ist ein Unvollkommenes im negativen Sinn,
das noch etwas Anderes, Nichtseinsollendes in sich schließt.
Eine Zeichnung kann noch unvollkommen und doch schön
sein; eine schlechte Zeichnung aber ist eine fehlerhafte, die
den ästhetischen Gesetzen widerspricht.

Für unsere Untersuchung ist vorzüglich der Compa¬
rativ
des Schönen recht zu verstehen, der in der Kunst
selber liegt und den man so ausdrücken kann, daß, weil
etwas schöner, als ein Anderes, daraus nicht folgt, daß das
weniger Schöne häßlich sei. Vielmehr ist dies ein gradueller
Unterschied, der die Qualität des Schönen an sich noch
nicht alterirt.

Vorzüglich hat man sich zu erinnern, daß alle Arten
in Verhältniß zur Gattung coordinirt sind, wenn sie auch
unter sich in dem Verhältniß der Subordination stehen kön¬
nen. Der Gattung gegenüber sind alle Arten gleichberech¬
tigt und doch schließt dies nicht aus, daß nicht die eine,
gegen die andere gehalten, objectiv höher stehe. Architektur,
Sculptur, Malerei, Musik und Poesie, sind als Arten der
Kunst einander völlig gleich und doch ist es wahr, daß sie
in der hier gegebenen Reihenfolge zugleich eine Steigerung
ausdrücken, in welcher die nächstfolgende Kunst die vorige
immer an Möglichkeil übertrifft, das Wesen des Geistes, die
Freiheit angemessener darzustellen.

Innerhalb der einzelnen Kunst gilt dieselbe Bestim¬
mung, denn die qualitativen Unterschiede einer Kunst ver¬

blos zu wünſchen übrig läßt, nicht blos das Verlangen nach
größerer Vollendung erweckt, ſondern mit ihrem Begriff in
poſitiven Widerſprüchen befangen iſt. Das Unvollkommene
im poſitiven Sinn entbehrt nur der weiteren Geſtaltung, ſich
ganz als das zu zeigen, was es an ſich ſchon iſt. Das
Schlechte aber iſt ein Unvollkommenes im negativen Sinn,
das noch etwas Anderes, Nichtſeinſollendes in ſich ſchließt.
Eine Zeichnung kann noch unvollkommen und doch ſchön
ſein; eine ſchlechte Zeichnung aber iſt eine fehlerhafte, die
den äſthetiſchen Geſetzen widerſpricht.

Für unſere Unterſuchung iſt vorzüglich der Compa¬
rativ
des Schönen recht zu verſtehen, der in der Kunſt
ſelber liegt und den man ſo ausdrücken kann, daß, weil
etwas ſchöner, als ein Anderes, daraus nicht folgt, daß das
weniger Schöne häßlich ſei. Vielmehr iſt dies ein gradueller
Unterſchied, der die Qualität des Schönen an ſich noch
nicht alterirt.

Vorzüglich hat man ſich zu erinnern, daß alle Arten
in Verhältniß zur Gattung coordinirt ſind, wenn ſie auch
unter ſich in dem Verhältniß der Subordination ſtehen kön¬
nen. Der Gattung gegenüber ſind alle Arten gleichberech¬
tigt und doch ſchließt dies nicht aus, daß nicht die eine,
gegen die andere gehalten, objectiv höher ſtehe. Architektur,
Sculptur, Malerei, Muſik und Poeſie, ſind als Arten der
Kunſt einander völlig gleich und doch iſt es wahr, daß ſie
in der hier gegebenen Reihenfolge zugleich eine Steigerung
ausdrücken, in welcher die nächſtfolgende Kunſt die vorige
immer an Möglichkeil übertrifft, das Weſen des Geiſtes, die
Freiheit angemeſſener darzuſtellen.

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[13/0035] blos zu wünſchen übrig läßt, nicht blos das Verlangen nach größerer Vollendung erweckt, ſondern mit ihrem Begriff in poſitiven Widerſprüchen befangen iſt. Das Unvollkommene im poſitiven Sinn entbehrt nur der weiteren Geſtaltung, ſich ganz als das zu zeigen, was es an ſich ſchon iſt. Das Schlechte aber iſt ein Unvollkommenes im negativen Sinn, das noch etwas Anderes, Nichtſeinſollendes in ſich ſchließt. Eine Zeichnung kann noch unvollkommen und doch ſchön ſein; eine ſchlechte Zeichnung aber iſt eine fehlerhafte, die den äſthetiſchen Geſetzen widerſpricht. Für unſere Unterſuchung iſt vorzüglich der Compa¬ rativ des Schönen recht zu verſtehen, der in der Kunſt ſelber liegt und den man ſo ausdrücken kann, daß, weil etwas ſchöner, als ein Anderes, daraus nicht folgt, daß das weniger Schöne häßlich ſei. Vielmehr iſt dies ein gradueller Unterſchied, der die Qualität des Schönen an ſich noch nicht alterirt. Vorzüglich hat man ſich zu erinnern, daß alle Arten in Verhältniß zur Gattung coordinirt ſind, wenn ſie auch unter ſich in dem Verhältniß der Subordination ſtehen kön¬ nen. Der Gattung gegenüber ſind alle Arten gleichberech¬ tigt und doch ſchließt dies nicht aus, daß nicht die eine, gegen die andere gehalten, objectiv höher ſtehe. Architektur, Sculptur, Malerei, Muſik und Poeſie, ſind als Arten der Kunſt einander völlig gleich und doch iſt es wahr, daß ſie in der hier gegebenen Reihenfolge zugleich eine Steigerung ausdrücken, in welcher die nächſtfolgende Kunſt die vorige immer an Möglichkeil übertrifft, das Weſen des Geiſtes, die Freiheit angemeſſener darzuſtellen. Innerhalb der einzelnen Kunſt gilt dieſelbe Beſtim¬ mung, denn die qualitativen Unterſchiede einer Kunſt ver¬

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Zitationshilfe: Rosenkranz, Karl: Ästhetik des Häßlichen. Königsberg, 1853, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenkranz_aesthetik_1853/35>, abgerufen am 23.11.2024.